Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2004; 39(3): 165-178
DOI: 10.1055/s-2004-814309
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Unfälle mit gefährlichen Gütern - wie können Risiken erkannt und eingeschätzt werden?

Accidents With Dangerous Goods - How Can the Risks be Recognized and Assessed?R.  Spörri1 , R.  Walther1 , A.  Reichert2 , R.  Braun1
  • 1Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie der Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal
  • 2Deutsche Rettungsflugwacht e.V., Filderstadt
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Publication Date:
13 May 2004 (online)

Einleitung

Unfälle mit gefährlichen Gütern sind gekennzeichnet durch eine drohende oder tatsächlich bestehende Emission möglicherweise gesundheitsschädigender Substanzen. Wegen der möglichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt finden derartige Zwischenfälle sehr starkes Interesse in der Öffentlichkeit und stellen höchste Ansprüche an das beteiligte Einsatzpersonal.

Weiterbildungsziele In diesem Beitrag sollen folgende Weiterbildungsziele vermittelt werden: Erkennen von Gefahrguttransporten und Gewinnung relevanter Informationen am Unfallort anhand verschiedener Kennzeichnungsparameter Möglichkeiten des gezielten Einsatzes von Expertenwissen aus dem technischen und medizinischen Bereich Möglichkeiten differenzierter Risikobewertung mittels einer integrierten Datenbank Unterschiedliche Anforderungen und Möglichkeiten von Analysemethoden bei Bränden

Die medizinischen und technischen Einsatzkräfte sind mit einer schwer einzuschätzenden eigenen Gesundheitsgefährdung durch oftmals wenig geläufige oder unbekannte und damit unberechenbare Substanzen konfrontiert. Bei Bränden oder unkontrolliert ablaufenden chemischen Reaktionen wird diese an sich schon schwierige Ausgangskonstellation weiter kompliziert und kann sich durch ein schwer kontrollierbares Ausbreitungsverhalten rasch zu einem Großschadensfall mit einer Vielzahl von betroffenen Personen entwickeln. Um diese Szenarien in akzeptablen Zeiträumen abzuarbeiten und um Schäden für Mensch und Umwelt zu begrenzen, muss eine logistisch anspruchsvolle Unterstützung von technischen Maßnahmen und Fachberatung zum Tragen kommen.

Gefahrgüter werden auf allen üblichen Verkehrsträgern transportiert (Tab. [1]).

Tab. 1 Jährliche Transportmengen 1 von Gefahrgütern Straßengüternahverkehr ca. 220 Mio Tonnen Straßengüterfernverkehr ca. 51 Mio Tonnen Seeschiffsverkehr ca. 65 Mio Tonnen Binnenschiffsverkehr ca. 53 Mio Tonnen Eisenbahnverkehr ca. 43 Mio Tonnen Luftverkehr ca. 0,13 Mio Tonnen

Im Jahre 2001 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes über 59 000 Unfälle registriert, an denen Güterkraftfahrzeuge beteiligt waren. Darunter fielen 2620 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen, von denen über 6800 m3 Substanzmenge freigesetzt wurde. Hauptsächlich wurden bei diesen Unfällen Betriebsstoffe (Benzin etc.) freigesetzt, die den überwiegenden Anteil der Transporte ausmachen. [2]

Die Internet-Gefahrgut-Unfall-Datenbank GUNDI [3] verzeichnet im Jahre 2000 106 Unfälle, bei denen es in 53 Fällen zur Leckage kam und eine Leckagemenge von 170 Tonnen freigesetzt wurde.

In GUNDI werden Unfälle mit gefährlichen Gütern erfasst, über die deutsche Tageszeitungen berichtet haben. Quellen sind rund 600 deutsche Lokal- und Regionalzeitungen, ergänzt durch eigene Recherchen der Redaktion „Gefährliche Ladung” bei Polizei, Feuerwehr und örtlichen Behörden.

Das Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter nimmt eine sehr weit gefasste Einstufung vor und definiert als gefährliche Güter „Stoffe und Gegenstände, die solche Elemente enthalten, von denen aufgrund ihrer Eigenschaften oder unsachgemäßen Behandlung während des Transportes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter oder für Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und anderen Sachen ausgehen können”.

Literatur

  • 1 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen BMVBW. „Die Beförderung gefährlicher Güter”. Stand 2000. www.bmvbw.de
  • 2 BMVBW Projektgruppe „Lagebild Gefahrgut - 2001-”. www.bmvbw.de. 
  • 3 GUNDI-Gefahrgut-Datenbank im Internet (2003) .www.storck-verlag.de. 
  • 4 United Nations Recommendations on the transport of dangerous goods .United Nations, New York, Geneva; Vol I + II, 10th ed. 2002
  • 5 Kühn R, Birett K. Gefahrgutschlüssel 2003. Landsberg; Ecomed 2003
  • 6 CEFIC-ERI-Card-Datenbank im Internet, Council of European Chemical Industry Federation (CEFIC) .www.ericards.net. 
  • 7 Hommel G (Hrsg). Handbuch der gefährlichen Güter, 17. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York; Springer-Verlag 2003
  • 8 Reichert A, Walther R, Weinlich M, Spörri R. Meditox,.  Notfall & Rettungsmedizin.. 2002;  5 186-189
  • 9 Meditox-Homepage .www.meditox.org. 
  • 10 Zilker T, Felgenhauer N, Spörri R. In: Stratmann D, Knuth P, Sefrin P (Hrsg) Handbuch für den Leitenden Notarzt, IV-16, 20. Ergänzungslieferung. Landsberg; ecomed-Verlag 2003

Dr. med. Dipl. Chem. R. Spörri

Klinik für Anästhesiologie
Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal

Gutleutstraße 1 - 14
76646 Bruchsal

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