Pneumologie 2004; 58(6): 395-399
DOI: 10.1055/s-2004-818506
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Transkriptionelle Aktivität der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 in nicht kleinzelligen Bronchialkarzinomen und tumorfreien Lungengeweben

Transcriptional Activity of Surfactant-Apoproteins A1 and A2 in Non Small Cell Lung Carcinomas and Tumor-Free Lung TissuesM.  Stoffers1 , T.  Goldmann1 , D.  Branscheid2 , J.  Galle1 , E.  Vollmer1
  • 1Forschungszentrum Borstel, Klinische und Experimentelle Pathologie (Prof. Dr. med. Dr. med. vet. Ekkehard Vollmer)
  • 2Krankenhaus Großhansdorf, Abteilung für Thoraxchirurgie (PD Dr. med. Detlev Branscheid)
Herrn Prof. Dr. med. Helgo Magnussen zum 60. Geburtstag.
Further Information

Dr. rer. nat. Torsten Goldmann

Forschungszentrum Borstel · Klinische und Experimentelle Pathologie

Parkallee 3a

23845 Borstel

Email: tgoldmann@fz-borstel.de

Publication History

Eingang: 19. März 2004

Nach Revision akzeptiert: 12. Mai 2004

Publication Date:
24 June 2004 (online)

Table of Contents

Zusammenfassung

In dieser Arbeit wurde das transkriptionelle Verhältnis der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 (SP-A1 & SP-A2) im Tumor und in tumorfreien Lungengeweben von Patienten mit nicht kleinzelligen Bronchialkarzinomen untersucht. Material und Methoden: Unfixierte schockgefrorene Proben aus Lungenresektionspräparaten von 21 Patienten mit Adenokarzinomen der Lunge und 6 Patienten mit Plattenepithelkarzinomen (Kontrollgruppe) wurden untersucht. Hierzu wurde RT-PCR unter Nutzung eines SP-A1/SP-A2-Konsensusfragmentes gefolgt von enzymatischen Restriktionsanalysen durchgeführt. Ergebnisse: Tumorhaltige Gewebe der Adenokarzinome zeigten höhere SP-A1/SP-A2-Verhältnisse als tumorfreie Gewebe. Die Unterschiede der Expression von SP-A1/SP-A2 in den intraindividuellen tumorhaltigen und tumorfreien Geweben der untersuchten Adenokarzinome ist statistisch signifikant (p = 0,05). Plattenepithelkarzinome zeigten dieses nicht. Schlussfolgerung: Eine neue Methode zur Untersuchung der transkriptionellen Aktivität der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 in schockgefrorenen Lungengeweben wurde etabliert. Es wurde gezeigt, dass Adenokarzinomgewebe höhere SP-A1/SP-A2-Verhältnisse aufweisen als entsprechende tumorfreie Gewebe und dass die Variationsbreite der SP-A-mRNA-Expression in den Fällen höheren Tumorgradings zunimmt.

Abstract

Objective of this study was to investigate the balance of surfactant-apoprotein A1 and A2 (SP-A1 & SP-A2) at transcriptional level in tumor and tumor-free lung-tissues of patients with non-small-cell lung-carcinomas. Materials and Methods: Nonfixed snap-frozen tumor and tumor-free sections of lungs, excised from 21 patients with adenocarcinomas of the lung and 6 patients with squamous cell carcinomas (control group) were analyzed. This was accomplished by RT-PCR using a SP-A1/SP-A2 consensus sequence, followed by enzymatic restriction. Results: Tumor-containing tissues of adenocarcinomas showed higher SP-A1/SP-A2 ratios than the tumor free tissues. There was a significant difference in expression of SP-A1/SP-A2-mRNA in intra-individual tumor and tumor-free lung-tissues of adenocarcinoma patients (p = 0,05). In cases of squamous cell carcinomas this was not observed. Conclusions: A novel method to investigate the transcriptional activity of surfactant-apoproteins A1 and A2 in snap-frozen lung tissues was established. It was shown, that adenocarcinoma-tissues display higher SP-A1/SP-A2 than the corresponding tumor-free tissues and that the variation of SP-A-mRNA expression rises in cases of higher tumor-grading.

Einleitung

Surfactant ist die funktionell bedeutendste Komponente bei der Reduktion der Oberflächenspannung in der Lunge [1] [2]. Surfactant-Apoprotein A (SP-A) ist ein wasserlösliches Protein des Surfactant, welches den Hauptanteil der Surfactantproteine stellt. Primaten besitzen, im Gegensatz zu allen anderen Spezies, 2 Genloci für das Surfactant-Apoprotein A [3] [4] [5] [6] [7]. Diese zwei Genloci kodieren für 2 differente Apoproteine (SP-A1 und SP-A2). Surfactant ist als physiologisches Produkt der Pneumozyten Typ II komplexen Regulationsmechanismen [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14] unterlegen und gilt auch als Markerprotein für Erkrankungen der Lunge [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21]. Studien unter Anwendung von Immunhistochemie und In-situ-Hybridisierung haben gezeigt, dass dieses Markerprotein auch bei Tumorerkrankungen der Lunge, und hier vor allem bei Adenokarzinomen, verändert exprimiert wird [22] [23]. Eine SP-A-Expression in pulmonalen Tumoren wurde bisher fast ausschließlich an Adenokarzinomen bzw. Adenokarzinomzelllinien beobachtet, während andere Tumortypen (Plattenepithelkarzinome, kleinzellige Bronchialkarzinome, u. a.) keine Expression von SP-A zeigen. Die Etablierung einer auf RT-PCR basierenden Methodik zur Untersuchung der Transkription von SP-A1 und SP-A2 würde es erlauben, diese an kleinen Gewebemengen pulmonaler Biopsien anzuwenden, um neue Erkenntnisse über die pathophysiologischen Vorgänge bei Lungenerkrankungen zu gewinnen, deren Assoziation mit Surfactant-Genpolymorphismen vermutet wird [20] [21] [24]. Eine Studie zur Expression von SP-A in frischem pulmonalen Gewebe zeigte keine Korrelation zwischen der absoluten exprimierten SP-A-mRNA-Menge und dem Verhältnis der SP-A1/SP-A2-mRNAs zueinander [25].

Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht, ob die Kanzerogenese pulmonaler Tumoren Einfluss auf die transkriptionelle Aktivität der Gene des Surfactantproteins A1 und A2 hat, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die physiologische Bedeutung der Existenz zweier Surfactant-Apoproteingene mit diversen Splicingvarianten [7] [25] [26] noch nicht geklärt ist. Dazu wurde die Aktivität von SP-A1 und SP-A2 in Lungentumoren im Vergleich zu nicht tumorbefallenen Arealen des selben Organs untersucht. Des Weiteren sollte an qualitativ und quantitativ gut zugänglichem Gewebematerial von Pneumonektomien eine Methode etabliert werden, die dann an spärlichen Gewebemengen pulmonaler Routinebiopsien bei Lungenerkrankungen anzuwenden ist. Hier gibt es Hinweise auf eine Beeinflussung der Surfactant-Apoprotein-Expression durch therapeutisch eingesetzte Glukokortikoide [10] [11] [24].

Material und Methoden

Gewebe

Tumorhaltige und tumorfreie Gewebeproben von 21 Adenokarzinom-Patienten und 6 Plattenepithelkarzinom-Patienten stammen aus unfixierten Lungenresektions- bzw. Pneumonektomie-Präparaten der thoraxchirurgischen Abteilung des Krankenhauses Großhansdorf. Probenentnahmen erfolgten jeweils aus einem tumorfreien Abschnitt und einem Tumorareal der Lungen. Die Proben wurden in Behältnissen auf flüssigem Stickstoff schockgefroren und abschließend bei -80 °C gelagert. Bei der Zuordnung zu den untersuchten Gruppen (Adenokarzinom oder Plattenepithelkarzinom) wurden ausschließlich Proben eines Tumortypus verwendet; d. h. Mischtumoren wie adenosquamöse Karzinome o. Ä. wurden ausgeschlossen.

mRNA-Isolation und cDNA-Synthese

Analog dem früher beschriebenen Verfahren [27] erfolgte die mRNA-Isolation aus schockgefrorenen Proben der Gewebe unter Verwendung des RNeasy mini Kit (Qiagen, Hilden, Deutschland) nach Herstellerangaben [28]. Eventuelle Verunreinigungen durch DNA wurden durch DNase-Verdau (Gibco DNAse I Amplification Grade Invitrogen GmbH, Karlsruhe, Deutschland) entfernt. Die cDNA wurde aus 8 µl isolierter mRNA mittels reverser Transkription durch SuperScript II (Gibco Invitrogen GmbH, Karlsruhe, Deutschland) in einem Reaktionsvolumen von 20 µl unter Einsatz von Oligo(dT)15 (MWG-Biotech GmbH, Ebersberg, Deutschland) hergestellt.

Primerdesign und RT-PCR

Für das Primerdesign wurden die Gensequenzen des Human pulmonary surfactant apoprotein gene (PSAP) und der Homo sapiens surfactant, pulmonary-associated protein A1 und A2 gene (SFTPA1 und SFTPA2) zugrunde gelegt. Der Primer SPAREFOR (5′-TCT TCA TCT GTG AAA TGG-G-3′) bindet an Position 4268 im humanen pulmonalen Surfactant Apoprotein (PSAP)-Gen und Primer SPAREREV (5′-AGG AAG ATG GGT TTG GAT-C-3′) bindet an Position 4578 im PSAP-Gen (beide Primer von MWG-Biotech GmbH, Ebersberg, Deutschland). Bei Verwendung dieser Primer amplifiziert die PCR ein Fragment der Größe 310 bp, das die Sequenzen für SP-A1 und SP-A2 enthält. Um die Surfactant-Apoprotein-A-cDNA zu vermehren wurde eine PCR mit einem Reaktionsvolumen von 50 µl durchgeführt: 5 µl cDNA, je 2 µl 20 µM Primer, 5 µl 10-fach PCR-Puffer (20 mM Tris-HCL, pH 8,4, 500 mM KCL), und 1,5 µl MgCl2 (50 mM),1 µl dNTP's (200 mM jeweils, dATP, dTTP, dGTP, dCTP, Hybaid GmbH, Heidelberg, Deutschland), 0,3 µl Taq-Polymerase (5 U/µl, Gibco Taq-DNA-Polymerase, Invitrogen GmbH, Karlsruhe, Deutschland), 33,2 µl H2O. Die PCR wird in einem Thermocycler (Biometra UNO Thermoblock, biomedizinische Analytik GmbH, Göttingen) nach folgendem Protokoll durchgeführt: 40 Wiederholungen der Abfolge: 60 s 94 °C, 60 s 50 °C , 90 s 72 °C; abschließende DNA-Extension von 15 Minuten bei 72 °C und Dauerkühlung bei 4 °C bis zur Entnahme der Proben. Zur Kontrolle der RT-PCR wurden 10 µl der Proben in einem 2 % Agarosegel (Agarose Molecular Biology Grade EP Eurogentec Deutschland GmbH, Köln, Deutschland), welches mit Ethidium-Bromid (Gibco Invitrogen GmbH, Karlsruhe, Deutschland) gefärbt ist, aufgetrennt. Der Vergleich erfolgte mit dem Längenstandard Smartladder (SF 200 lanes MW Eurogentec Deutschland GmbH, Köln).

Enzymatische Restriktion

Die Restriktion unter Verwendung von Nhe I und Dde I (beide von New England Biolabs GmbH, Schwalbach/Ts., Deutschland) spaltet die amplifizierte SP-A cDNA (310 bp) in folgende Fragmente: Nhe I: (Erkennungssequenz: 5′...G|CTAGC...3′ und 3′...CGATC|G...5′) SP-A1 (310 bp) in 248 bp und 62 bp. Dde I: (Erkennungssequenz: 5′...C|TNAG...3′ und 3′...GANT|C...5′) SP-A1 (310 bp) in 238 bp und 70 bp, SP-A2 (310 bp) in 200 bp und 110 bp. Dafür wurde eingesetzt: Restriktion mit Nhe I: 1 µl Nhe I (5 U/µl), 2 µl 10-fach NEB-Buffer 2, 0,2 µl 100-fach BSA und 16,8 µl PCR-Produkt. Restriktion mit Dde I: 0,5 µl Dde I (10 U/µl), 2 µl 10-fach NEB-Buffer 3, 0,5 µl H2O und 17 µl PCR-Produkt. Die Ansätze wurden 2 Stunden bei 37 °C in einem Wasserbad inkubiert, danach bei 65 °C für 20 Minuten denaturiert. Die Restriktionsprodukte wurden analog den PCR-Produkten auf ein 2 % Agarosegel aufgetragen und eine Elektrophorese durchgeführt. Die Elektrophoresegele wurden unter UV-Belichtung digital erfasst, abgespeichert und mit dem Softwareprogramm Bandleader™ ausgewertet. Die so densitometrisch erfassten Werte für die Restriktionsbanden wurden normalisiert, in Relation zueinander gesetzt, und nachfolgend als Quotient SP-A1/SP-A2 beurteilt.

Statistische Auswertung

Die Berechnung des geometrischen und arithmetischen Mittelwertes, des Medianes, der Standardabweichung und der Varianz erfolgte mittels Microsoft®-Excel® (Version 97). Die Prüfung der Signifikanz wurde mit dem Wilkoxon-matched-pair-Test [29] vorgenommen.

Ergebnisse

Adenokarzinome

Vierzehn der 21 Proben zeigten in beiden Restriktionen eine Erhöhung des Quotienten SP-A1/SP-A2 im Tumorgewebe versus dem der tumorfreien Gewebe; das tumorhaltige Gewebe dieser Adenokarzinome zeigte also ein höheres Verhältnis als das tumorfreie Gewebe. Sieben der 21 Proben zeigten in beiden Restriktionen eine Erniedrigung des Quotienten SP-A1/SP-A2 in den Tumorgeweben gegenüber dem tumorfreien Areal. Das Verhältnis von SP-A1 zu SP-A2 war im tumorhaltigen Areal der Adenokarzinome signifikant (zweiseitig: p = 0,05; einseitig: p = 0,025) höher als im tumorfreien Gewebe.

Plattenepithelkarzinome

Drei der 6 Proben zeigten in beiden Restriktionen eine Erhöhung des Quotienten SP-A1/SP-A2 im Tumorgewebe versus dem tumorfreier Gewebe. Drei der 6 Proben zeigten in allen Restriktionen eine Erniedrigung des Quotienten SP-A1/SP-A2 in den Tumorgeweben gegenüber den tumorfreien Bereichen. Ein statistisch signifikanter Unterschied fand sich in der Gruppe der Plattenepithelkarzinome nicht (p > 0,05) (siehe dazu Tab. [1]).

Tab. 1 Dargestellt sind die kumulativen densitometrisch gemessenen SP-A1/SP-A2-mRNA-Verhältnisse der untersuchten Gewebe. Die Quotienten SP-A1/SP-A2 der zwei unterschiedlichen Restriktionen (Nhe I und Dde I) sind als Mittelwerte integriert.
Tumortypus tumorfreies Gewebe Tumor-Gewebe Differenzbetrag
Adenokarzinome (n = 21)
geometrischer Mittelwert 1,37 1,66 0,29
arithmetischer Mittelwert 1,41 1,77 0,36
Median 1,31 1,67 0,36
Standardabweichung 0,37 0,69 0,32
Signifikanzgrad zweiseitig: p = 0,05
einseitig: p = 0,025
Plattenepithelkarzinome (n = 6)
geometrischer Mittelwert 1,15 1,11 0,04
arithmetischer Mittelwert 1,17 1,11 0,06
Median 1,23 1,11 0,12
Standardabweichung 0,25 0,04 0,21
Signifikanzgrad zweiseitig: p > 0,05

Verteilung nach Tumorgrading

In der Darstellung der Werte für die Adenokarzinome in Bezug auf das vorliegende Tumorgrading zeigt sich eine Zunahme der Standardabweichung der Ergebnisse mit Zunahme des Tumorgradings. (siehe dazu Abb. [1]). Die Plattenepithelkarzinome zeigen dies nicht.

Zoom

Abb. 1 Datenübersicht sortiert nach Tumorgrading: Adenokarzinome in den Restriktionen mit Nhe I und mit Dde I. Dargestellt sind die Mediane innerhalb der Gruppen (Grading) und deren Standardabweichungen (n = Anzahl der Proben). Dabei sind für jede Probe die Quotienten SP-A1/SP-A2 der zwei unterschiedlichen Restriktionen (Nhe I und Dde I) gemeinsam in einer Säule dargestellt.

Diskussion

Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Unterschied der SP-A1/SP-A2-mRNA-Expression zwischen Tumorgeweben und den assoziierten tumorfreien Geweben von Adenokarzinomen. Die Mehrzahl der untersuchten Adenokarzinome (14/21) zeigte hierbei ein höheres Verhältnis von SP-A1/SP-A2 als die entsprechenden tumorfreien Gewebe. Zusätzlich wird eine breitere Standardabweichung der Werte vom Median der Gruppe mit Zunahme des Tumorgradings bei Adenokarzinomen beobachtet. Plattenepithelkarzinome zeigen dies nicht. Die Anwendung der RT-PCR in Kombination mit enzymatischen Restriktionsanalysen ermöglicht Aussagen über das Verhältnis der transkriptionellen Aktivität der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 auf RNA-Ebene. Frühere Studien trafen bisher nur Aussagen zur absoluten Expression von SP-A auf Protein- oder RNA-Ebene und ließen das Verhältnis der transkriptionellen Aktivität der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 unberücksichtigt [23] [30] [31] [32]. Es ist jedoch bereits bekannt, dass die absolute Expression von SP-A-mRNA keinen Einfluss auf das Verhältnis der transkriptionellen Aktivität von SP-A1 und SP-A2-mRNA hat [25]. Aus einer absoluten Messung der totalen SP-A-mRNA-Menge kann daher keine Aussage über die transkriptionelle Aktivität der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 getroffen werden. Gerade aber dieses Verhältnis der transkriptionellen Aktivität der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 ist aufgrund ihrer komplexen Regulation ein Marker für die physiologische Differenzierung der Pneumozyten [10] [11] [12] [13].

Ein möglicher Zusammenhang zwischen der Tumorgenese von pulmonalen Adenokarzinomen und der transkriptionellen Aktivität von SP-A1 und SP-A2 ist in dieser Untersuchung dargestellt worden. Die Gewebe zeigen mit zunehmender Entdifferenzierung eine breitere Variation der Ratio SP-A1/SP-A2. Eine Untersuchung der mRNA Ratio SP-A1/SP-A2 an gesunden Individuen mittels Genotyp-Analyse, Northern-Blot und Primer-Extension zeigte eine breite Variation der mRNA Ratio SP-A1/SP-A2 von 0,94 bis 6,80 [25]. Die mRNA Ratio SP-A1/SP-A2 in der vorliegenden Arbeit variiert von (im Mittel) 1,11 in den Tumorgeweben der Plattenepithelkarzinome bis 1,66 in den Tumorgeweben der Adenokarzinome (siehe Tab. [1]). Diese Differenz kann zum einen an der verwendeten Methode liegen, zum anderen können in der hier untersuchten Stichprobe einzelne Genotypen, die mit einer niedrigen Expression von SP-A1/SP-A2 assoziiert sind, häufiger vertreten sein. Karinch u. Mitarb. stellen die Hypothese auf, dass die beobachtete Variation der SP-A-mRNA-Expression ein direktes Resultat genetischer Heterogenität ist [25]. Da eine Genotypisierung in der vorliegenden Arbeit nicht erfolgt ist, kann dieser Aspekt hier nicht beurteilt werden. Ein gehäuftes Auftreten des SP-A-Genotyps (6A26A31A01A1) bei Tumorpatienten wäre eine zu prüfende Hypothese, die Aufschluss über die z. T. sehr breite Variation der SP-A1/SP-A2-mRNA-Ratio geben könnte.

Um Einblicke zu Wechselwirkungen tumorspezifischer Zytokine wie TNF-α oder anderer tumorbedingter Gewebefaktoren [8] [33] zu erhalten, wurde eine Kontrollgruppe aus Plattenepithelkarzinomen untersucht, welche typischerweise selbst kein SP-A exprimieren, sondern nur die im Tumor eingeschlossenen Pneumozyten Typ II [18] [23]. Die Expression von SP-A1/SP-A2-mRNA in Plattenepithelkarzinomen in dieser Untersuchung unterscheidet sich nicht signifikant von den assoziierten tumorfreien Lungenarealen. Dieses zeigt, dass ein alleiniger Einfluss durch Zytokine oder andere Gewebefaktoren offenbar nicht zu einer Veränderung der transkriptionellen Aktivität der Surfactant-Apoproteine A1 und A2 führt. Ein direkter Zusammenhang zwischen Tumorentwicklung und Transkriptionsaktivität des Surfactant-Apoproteins A in Adenokarzinomen ist damit wahrscheinlich; dies könnte mithilfe einer quantitativen Sequenzanalyse der mRNA in Tumorzellen und tumorfreien Geweben von Adenokarzinom-Patienten in nachfolgenden Studien bewiesen werden.

Es besteht nun die Möglichkeit, diese erprobte Methode z. B. an vergleichsweise kleinen pulmonalen Biopsien anzuwenden, um neue Erkenntnisse über die pathophysiologischen Vorgänge bei Lungenerkrankungen zu gewinnen, deren Assoziation mit Surfactant-Genpolymorphismen vermutet wird [20] [21] [24]. Da es Hinweise auf eine Beeinflussung der Surfactant-Apoprotein-Expression durch bei diesen Erkrankungen therapeutisch eingesetzten Glukokortikoiden gibt [10] [11] [24], kann der Einsatz dieser neuen Methode in Zukunft zum besseren Verständnis der komplexen und weitgehend unverstandenen molekularen Vorgänge ausgelöst durch Glukokortikoidmedikation in der humanen Lunge beitragen.

Literatur

Dr. rer. nat. Torsten Goldmann

Forschungszentrum Borstel · Klinische und Experimentelle Pathologie

Parkallee 3a

23845 Borstel

Email: tgoldmann@fz-borstel.de

Literatur

Dr. rer. nat. Torsten Goldmann

Forschungszentrum Borstel · Klinische und Experimentelle Pathologie

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23845 Borstel

Email: tgoldmann@fz-borstel.de

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Abb. 1 Datenübersicht sortiert nach Tumorgrading: Adenokarzinome in den Restriktionen mit Nhe I und mit Dde I. Dargestellt sind die Mediane innerhalb der Gruppen (Grading) und deren Standardabweichungen (n = Anzahl der Proben). Dabei sind für jede Probe die Quotienten SP-A1/SP-A2 der zwei unterschiedlichen Restriktionen (Nhe I und Dde I) gemeinsam in einer Säule dargestellt.