Nur wenige Patienten mit Nierenzellkarzinom (RCC) reagieren auf die Immuntherapie
(IMT) mit einer anhaltenden und kompletten Remission; insbesondere Patienten mit Lymphknoten
positiver Erkrankung hatten vor Einführung der Immuntherapie eine signifikant schlechtere
Prognose. Ob sich dieses in der neuen Ära der systemischen Immuntherapie bessert,
haben A. J. Pantuck und Kollegen im Rahmen einer retrospektiven Kohortstudie untersucht
(Cancer 2003; 97: 2995 - 3002).
Die Studienpopulation bestand aus 322 Patienten, die sich zwischen den Jahren 1989
und 2000 an der Universität von Kalifornien in Los Angeles aufgrund eines unilateralen
RCC einer radikalen oder partiellen Nephrektomie unterzogen. Die Mehrzahl der Patienten
erhielt eine rekombinante auf Interleukin-2 basierende IMT. Die Patienten wurden in
2 Gruppen aufgeteilt: Solche, die ein metastasierendes RCC ohne positive regionale
Lymphknoten zum Zeitpunkt der Diagnose hatten und solche mit sowohl positiven regionalen
Lymphknoten als auch Fernmetastasen zum Zeitpunkt der Diagnose. Eine weitere Untergliederung
berücksichtigte die Teilnahme an einer IMT. Verglichen wurden die Responseraten und
die Überlebenszahlen.
Unter den 322 Patienten waren 236 mit metastasierendem RCC ohne Hinweis auf eine retroperitoneale
Lymphadenopathie (N0M1) und 86 Patienten mit sowohl positiven regionalen Lymphknoten
als auch Fernmetastasen (N+M1). Die Häufigkeit für eine gleichzeitige Erkrankung der
Lymphknoten für Patienten mit M1 RCC betrug 26,7 % und war damit 3-mal größer als
für Patienten mit M0 Erkrankung (7%). Aus der N0M1 Gruppe erhielten 64 % der Patienten
und aus der N+M1 Gruppe 65 % eine adjunktive IMT nach zytoreduktiver Nephrektomie.
Dabei erreichten 3-mal mehr N0M1 Patienten als N+M1 Patienten einen objektiven Response
und machten signifikant seltener einen progressiven Krankheitsverlauf durch als N+
Patienten. Die durchschnittliche Überlebenszeit aller N0 Patienten ohne Berücksichtigung
der Behandlung betrug 20,4 Monate, die der N+ Patienten 10,5 Monate. Während sich
für erstere die durchschnittliche Überlebenszeit nach der IMT auf 28 Monate verlängerte,
blieb sie für N+ auch nach IMT unverändert.
TNM-System bei Nierentumoren (Bild: Urologie, GTV, 2002).
Lymphknotenstatus entscheidend
Lymphknotenstatus entscheidend
Eine einfache klinische und pathologische Variable, regionale Lymphadenopathie, hat
einen dramatischen Einfluss auf die Überlebensraten und ist ein signifikanter Faktor
für das Anschlagen einer IMT. Die hier dargestellten Zahlen von mehr als 300 Patienten
mit metastasierendem RCC zeigen sehr deutlich, dass auch in der modernen Immuntherapie-
Ära der Lymphknotenstatus über Gelingen oder Mißlingen entscheidet. Warum dem so ist,
ob intrinsische Dysfunktionen des Immunsystems eine Rolle spielen oder VEGF als Sprungbrett
für den Tumor ins lymphatische System entscheidend ist, ist derzeit Thema in vielen
Labors.
Dr. Sabine Adler, Mülsen St. Niclas
Kommentar
Kommentar
Belldegrun und Figlin präsentieren hier wiederum eine retrospektive und unkontrollierte
Publikation aus der UCLA-Datenbank, wobei eine 11-jährige Einschlusszeit mit unterschiedlichen
Behandlungsregimen eigentlich keine valide Aussage ermöglicht.
In der Multivarianzanalyse ist der N+- Status kein unabhängiger Parameter, sondern
vielmehr abhängig von Faktoren wie Histologie, Grading und Tumorstadium. Diese Parameter
sind teilweise ungleich verteilt (Grading, papilläre Histologie) und beeinflussen
die Prognose der Patienten entscheidend. Eine Therapieentscheidung allein nach dem
Lymphknotenstatus ist sicherlich zu probat, zu mal die Gruppe der N0-Patienten die
good Risk“-Patienten anderer, international anerkannter Prognose-Scores sowohl anteilsmäßig
als auch in der Prognose um Dimensionen zu übertreffen scheint. Derartige Diskrepanzen
fordern kontrollierte Beobachtungen bevor hieraus Therapieempfehlungen abgeleitet
werden können.
Dr. Joachim Beck, Mainz