Aktuelle Dermatologie 2004; 30(11): 483-488
DOI: 10.1055/s-2004-825988
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Trichophyton mentagrophytes: Ein zoophiler Dermatophyt im Aufwind?

Trichophyton Mentagrophytes: An Emerging Zoophilic Fungal Pathogen?P.  Nenoff1 , K.  Wichmann2 , T.  Krauße3 , J.  Herrmann1
  • 1 Laboratorium für medizinische Mikrobiologie, Mölbis
  • 2 Hautarztpraxis, Leipzig
  • 3 Hautarztpraxis, Riesa
Further Information

Priv.-Doz. Dr. med. Pietro Nenoff

Laboratorium für medizinische Mikrobiologie

Straße des Friedens 8 · 04579 Mölbis

Email: info@mykologie-experten.de

Publication History

Publication Date:
16 November 2004 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die akut aufgetretene nässende und mit Blasenbildung im Randbereich einhergehende Dermatose am Handrücken eines 16-jährigen Mädchens wurde unter dem Verdacht auf eine bakterielle Infektion antiseptisch und antibiotisch, zunächst lokal, dann auch systemisch, behandelt. Erst die gezielte mykologische Diagnostik erhärtete den Verdacht auf eine Dermatophytose. Kulturell wurde der Dermatophyt Trichophyton mentagrophytes isoliert, Infektionsquelle war ein Meerschweinchen. Die kombinierte lokale und systemische (Terbinafin) antimykotische Therapie war erfolgreich. Eine Tinea capitis profunda bei einem 4-jährigen Jungen wurde erfolglos systemisch antibiotisch behandelt. Erst die vom Hautarzt eingeleitete mykologische Diagnostik ermöglichte die Diagnosestellung und daraufhin die systemische antimykotische Therapie mit Itraconazol. Infektionen durch Trichophyton mentagrophytes werden bei Kindern und Jugendlichen in der Regel von der granulären zoophilen Varietät dieses Dermatophyten verursacht. Mit dem Auftreten von Trichophyton mentagrophytes muss scheinbar zunehmend gerechnet werden, nicht zuletzt als Folge der zunehmenden Zahl von als Haustier gehaltenen kleinen Nagetieren. Das klinische Bild ist häufig schwer und eine systemische antimykotische Therapie oft nicht zu vermeiden.

#

Abstract

A severe, bullous skin lesion appeared on the left hand of a 16 year old girl. Under the suspicion of a bacterial infection treatment was started by topical antiseptic and antibacterial drugs. In addition, systemic antibiotics were applied, too. Only the specialized mycological diagnostics allowed the diagnosis of a dermatophytosis. Trichophyton mentagrophytes could be isolated from skin scrapings. Source of infection was a guinea pig. At first, the scalp infection of a 4 year old boy was treated with antibiotics. Only mycological diagnostics performed in a dermatological office allowed the diagnosis of a deep dermatophytosis of the scalp. Successful antifungal therapy of the tinea capitis profunda by itraconazole was started. The granular forms of Trichophyton mentagrophytes are zoophilic and associated with a wide range of rodents, lagomorphs (rabbits and relatives), hedgehogs, and other small mammals. In humans, zoophilic isolates tend to cause more highly inflamed lesions than do anthropophilic isolates. An infection due to Trichophyton mentagrophytes is generally regarded by dermatologists as being more amenable to treatment than other anthropophilic dermatophytes.

#

Einleitung

Infektionen durch die zoophilen Varietäten von Trichophyton (T.) mentagrophytes verlaufen stark entzündlich, im Kopfbereich oft im Sinne eines Kerion Celsi. Neuerdings wird dieser Erreger scheinbar vermehrt in Hautarztpraxen und mikrobiologischen Laboren isoliert [1] [2]. Betroffen von den Dermatophytosen sind meist Kinder und Jugendliche. Das klinische Bild wird von den vorbehandelnden Ärzten (Kinderärzte und Allgemeinmediziner) oft nicht einer Mykose bzw. Tinea zugeordnet, so dass erst verspätet gezielt lokal und in der Regel notwendigerweise auch systemisch antimykotisch behandelt werden kann.

#

Kasuistiken

#

Patientin 1

#

Anamnese

Ein 16-jähriges Mädchen suchte die Hautarztpraxis wegen einer in wenigen Tagen entstandenen und sich weiter horizontal ausbreitenden Hauterscheinung an der linken Hand auf. Es wurden vielfältige Tierkontakte angegeben, so hat die Familie zu Hause einen Hund, außerdem Katzen und ein Meerschweinchen. Zu Letzterem würde jedoch kaum direkter Kontakt bestehen. Zudem reitet das Mädchen, hat also Kontakt zu Pferden auf einem Reiterhof. Weitere Familienmitglieder - Eltern und Geschwisterkinder - wiesen keinerlei Hautveränderungen auf.

Es bestand eine atopische Diathese mit trockener Haut an den Händen, auch wären in der Vergangenheit schon ekzematöse Hauterscheinungen an den Armbeugen aufgetreten.

Das Meerschweinchen wies in letzter Zeit Fellveränderungen auf, der hinzugezogene Tierarzt diagnostizierte eine Milbenerkrankung. Eine Pilzinfektion des Meerschweinchens wurde ausgeschlossen, wobei offenbar keine mykologische Untersuchung von Haaren oder Hautschuppen erfolgte. Die klinisch diagnostizierte Milbeninfektion des Nagetiers heilte unter systemischer Ivermectin-Behandlung.

#

Hautbefund

Am linken Handrücken, den Dorsalseiten der Finger sowie den Fingerzwischenräumen sah man eine ausgedehnte zentrifugale, randbetonte, erythrosquamöse Plaque. Intertriginös und in der Peripherie der Läsion bestanden nässende Areale. Papeln, außerdem Blasenbildung im Randbereich, vervollständigten das klinische Bild, zusätzlich bestand leichter Juckreiz und Brennen (Abb. [1 a]).

Das übrige Integument, insbesondere das Capillitium, war frei von Hauterscheinungen.

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 1 Tinea manus durch Trichophyton mentagrophytes bei einem 16-jährigen Mädchen. a Anfangsbefund. b Exazerbation unter lokaler und systemischer antiseptischer bzw. antibiotischer Behandlung.

#

Mikrobiologische Diagnostik

Abstrich vom nässenden Areal auf Erreger und ResistenzAuf Columbia-Blutnährmedium, Schokoladen (Mueller-Hinton-Chocolate)-Agar sowie Endo-Agar (Becton-Dickinson, Heidelberg) war unter aeroben bzw. mikroaerophilen Bedingungen ein starkes Wachstum von Flavimonas oryzihabitans zu verzeichnen, außerdem mäßiges Wachstum koagulase-negativer Staphylokokken (KNS). Innerhalb von 48 Stunden Inkubation bei 37 °C wuchsen keine Pilze.

Erst nach ca. vier Tagen Bebrütung bei 37 °C zeigten sich auf allen genannten Nährmedien, zusätzlich auch auf den anaerob bebrüteten Schädler- sowie Schädler-KV-Agar sowie auf den Pilznährböden (Sabouraud 4 %-Glukose-Agar) Kolonien eines Fadenpilzes (Abb. [3 a]). Zunächst war eine Zuordnung zu Schimmelpilzen bzw. Dermatophyten nicht möglich. Es wurden Subkulturen auf Sabouraud 4 %-Glukose-Nährboden angelegt (Abb. [3 b]).

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 2 a Tinea capitis profunda im Sinne eines Kerion Celsi bei einem 4-jährigen Jungen. b Die seitliche Ansicht lässt die monströse Schwellung des Kerion Celsi deutlich erscheinen.

In den daraufhin zusätzlich zum Abstrich entnommenen Hautschuppen waren bei der mykologischen Untersuchung mittels Fluoreszenzpräparat unter Verwendung eines optischen Aufhellers (Calcofluor) massenhaft Pilzhyphen sowie Pilzsporen enthalten. Auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar wuchsen innerhalb einer Woche viele kleine weiße, flache, granuläre, radiär ausstrahlende Kolonien (Abb. [3 b]).

Im Tesaabriss- sowie Quetschpräparat mit Lactophenol-Baumwollblau-Färbelösung (Dr. Hollborn & Söhne GmbH & Co. KG, Leipzig) waren massenhaft kleine, runde Mikrokonidien erkennbar, außerdem längliche, schmale Makrokonidien. Auf ca. 10 Tage alten Kolonien ließen sich zusätzlich Spiralhyphen nachweisen [3] [4] [5] [6]. Die Harnstoffspaltung war innerhalb weniger Tage positiv (Chistensen-Agar, Heipha, Heidelberg). Aufgrund dieser Charakteristika wurde der Dermatophyt als T. mentagrophytes var. asteroides differenziert.

#

Verlauf und Therapie

Die akut aufgetretene Hautveränderung wurde zunächst antibiotisch mit Gentamicin-Creme behandelt. Dem mikrobiologischen Befund entsprechend, insbesondere aufgrund des Nachweises von zunächst nur bakteriellem Wachstum von Flavimonas oryzihabitans und KNS, wurde mit Bezug auf das Antibiogramm Polyspectran®-Salbe (Kombinationspräparat aus Polymyxin-B-sulfat, Neomycinsulfat und Bacitracin) appliziert. Da keine Besserung eintrat, kam zusätzlich Solutio Methylrosanilinii 0,5 % SR zur Anwendung. Außerdem erhielt die Patientin Ciprofloxacin 2 × 500 mg per os. Unter dieser antibiotischen bzw. antiseptischen Behandlung exazerbierte die entzündliche Hauterscheinung jedoch, die papulöse und nässende Komponente sowie Rötung und Schwellung nahmen zu (Abb. [1 b]).

Aufgrund des nach vier Tagen vorliegenden mykologischen Befundes wurde die Diagnose Tinea manus gestellt, die lokalen und systemischen Antibiotika abgesetzt und antimykotisch behandelt, lokal mit Ciclopiroxolamin (Batrafen®-Creme), systemisch mit Terbinafin (Lamilsil®-Tabletten 500 mg/die, das Einverständnis der Mutter des Mädchens lag vor). Unter dieser Behandlung heilte die Tinea manus langsam.

#

Patient 2

#

Anamnese

Wegen eines seit längerer Zeit bestehenden Ausschlages am Kopf suchte der 4-jährige Junge mit seinen Eltern den Kinderarzt auf. Daraufhin wurde eine systemische antibiotische und antiphlogistische Therapie eingeleitet. Im Verlauf von mindestens weiteren vier Wochen verschlimmerte sich der Hautbefund am Kopf. Die zuvor als ekzematös beschriebenen Hauterscheinungen nässten, es bildeten sich Krusten, außerdem eiterte die Wundfläche. Daraufhin wurde der Hautarzt aufgesucht.

Das Kind hatte bei Verwandten, bei denen es zu Besuch weilte, Kontakt zu einem Meerschweinchen. Erst im Nachhinein wurde berichtet, dass das Nagetier später vom Tierarzt wegen einer Pilzinfektion des Fells behandelt wurde.

#

Hautbefund

Parietookzipital fand sich ein handtellergroßes, geschwollenes, druckschmerzhaftes, erythematöses, nässendes Areal mit leichter Schuppenbildung im Randbereich, überlagert von feuchten Krusten (Abb. [2 a]). Außerdem waren Pusteln erkennbar, aus denen sich auf Druck teilweise Eiter entleeren ließ. Insgesamt entstand der Eindruck eines Kerion Celsi (Abb. [2 b]). Körperherde fanden sich nicht.

#

Mikrobiologische Diagnostik

Schuppen und Krusten vom nässenden Areal zur mykologischen UntersuchungIm Fluoreszenzpräparat mit dem optischen Aufheller (Calcofluor) waren sowohl Pilzhyphen, als auch kleine Pilzsporen in großer Anzahl erkennbar. Auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar wuchsen innerhalb von zehn Tagen kleine weiße, flache, z. T. flauschige, z. T. granuläre, radiär ausstrahlende, zentral etwas erhabene und gefaltete Kolonien (Abb. [4 a] und b).

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 4 Trichophyton mentagrophytes (Patient 2). a Primärkultur: weiße, flauschige, z. T. granuläre Kolonieformen auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar bei 28 °C. b Subkultur auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar bei 28 °C. Auffällig ist die granuläre, flache, sternenförmig ausstrahlende Koloniemorphologie.

Im Tesaabriss- sowie Quetschpräparat mit Lactophenol-Baumwollblau-Färbelösung waren massenhaft kleine, runde Mikrokonidien erkennbar, außerdem längliche, schmale Makrokonidien. Die Harnstoffspaltung war innerhalb weniger Tage positiv. Aufgrund der mikrobiologischen Charakteristika wurde das Isolat als T. mentagrophytes (var. asteroides) differenziert und die Diagnose Tinea capitis profunda gestellt [4].

#

Verlauf und Therapie

Wegen des schweren Krankheitsbildes wurde initial unter dem Verdacht auf eine bakterielle Infektion bzw. eine zumindest sekundär bakteriell infizierte Hauterkrankung anderer Genese mit Cefpodoximproxetil (Podomexef®-Saft, es handelt sich um ein Cephalosporin der 3. Generation) 2 × 60 mg p. o. und lokal antimykotisch mit Sertaconazolnitrat (Mykosert®-Creme) behandelt.

Nachdem das Ergebnis des mikroskopischen Präparates mit Nachweis von Pilzhyphen und -sporen vorlag, wurde die systemische Therapie sofort auf Itraconazol (Itracol®7-Kapsel) täglich 100 mg ( = 1 Kapsel) umgestellt. Die Eltern des Jungen wurden über die fehlende Zulassung des Präparates im Kindesalter informiert und waren mit der Behandlung einverstanden. Itraconazol wurde in dieser Dosierung, ergänzt durch die lokale Applikation von Seraconazolnitrat 2 × tgl., über insgesamt 42 Tage gegeben. Im Anschluss daran wurde mit Clotrimazol (Clotrigalen®-Creme) behandelt.

Die Tinea capitis profunda heilte unter dieser kombinierten Therapie langsam, zurück blieben Reströtung und Schuppung im betroffenen Areal.

#

Diskussion

#

Differenzialdiagnosen

Obwohl differenzialdiagnostisch von Beginn an bei der 16-jährigen Patientin auch an eine Dermatophyteninfektion gedacht wurde, nicht zuletzt wegen des zentrifugalen Wachstums der plaqueartigen Hautläsion, musste jedoch eine Anzahl weiterer Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen werden (Tab. [1]). Insbesondere galt es, aufgrund des nässenden Aspektes und vor allem der Blasenbildung, eine Impetigo contagiosa auszuschließen. Unter diesem Verdacht wurde deshalb anfänglich auch lokal antiseptisch bzw. antibiotisch behandelt. Aufgrund der Progredienz erhielt die Patientin zudem zusätzlich Ciprofloxacin per os.

Tab. 1 Differenzialdiagnosen der plaqueartigen, blasenbildenden Dermatose an der Hand
Impetigo contagiosa/Pyodermie
Tinea manus (bullosa)
atypische Mykobakteriose (aber: schnelles Wachstum)
Kontaktdermatitis
Dermatitis bullosa pratensis („Wiesengräserdermatitis”)
Herpes-simplex-Virus-Infektion der Haut
blasenbildende Dermatose (untypisch)

Die Tinea capitis profunda bei dem 4-jährigen Jungen wurde vom Kinderarzt als eine solche nicht erkannt, sondern unter dem Verdacht auf eine bakterielle Kopfhautinfektion systemisch antibiotisch behandelt. Erst die vom Hautarzt durchgeführte mykologische Diagnostik ermöglichte die Diagnosestellung und die erfolgreiche systemische antimykotische Therapie mit Itraconazol.

#

Mikrobiologische Diagnostik

Im Nachhinein ist klar, dass die mittels Abstrich von der linken Hand des 16-jährigen Mädchens nachgewiesenen gramnegativen und grampositiven Bakterien lediglich ein Epiphänomen im Sinne einer sekundären bakteriellen Besiedlung darstellten. Erst die mykologische Untersuchung der im Verlauf abgenommenen Hautschuppen erlaubte aufgrund des fluoreszenzoptischen Nachweises von Pilzhyphen und -sporen die Diagnosestellung einer Pilzinfektion, am ehesten einer Dermatophytose.

Pilzkolonien waren auf den diversen mykologischen und sogar auch auf den bakteriologischen Nährmedien - sowohl unter aeroben als auch anaeroben Bedingungen - bereits nach vier Tagen Inkubation zu erkennen. Bebrütet wurde bei 37 °C, da primär nicht auf Dermatophyten untersucht wurde. Fast alle Dermatophyten wachsen übrigens auch gut bei dieser Temperatur, nicht nur bei der üblichen und optimalen Temperatur von 26 bis 32 °C.

#

Taxonomie

Entsprechend der aktuellen 2. Auflage des Atlas of clinical fungi von De Hoog et al. [7] aus dem Jahr 2000 meint die Spezies-Bezeichnung T. mentagrophytes heute ausschließlich den zoophilen Erreger, insbesondere die früher als T. mentagrophytes var. quinckeanum bekannte Varietät, welche von kleinen Nagetieren - eigentlich nur Mäusen - auf Kinder und Jugendliche übertragen wird. Die anthropophile Varietät von T. mentagrophytes (var. interdigitale), aber auch die weiteren zoophilen Varietäten (var. asteroides, var. granulosum) werden aufgrund der molekularbiologischen Klassifizierung bzw. der genotypischen Zuordnung nun auch zu einer Speziesbezeichnung zusammengefasst, nämlich zu T. interdigitale. Das ist mit Blick auf die Lokalisation der Dermatophytose - also oft Tinea capitis und Tinea corporis - schwer verständlich und letztlich verwirrend. Es wird deshalb hier, entgegen der neuen, noch in Diskussion befindlichen genotypischen taxonomischen Klassifizierung nicht von T. interdigitale, sondern nach wie vor von T. mentagrophytes gesprochen.

In den letzten Jahren wird dieser Hautpilz zunehmend als Erreger der Tinea capitis, oft in der Maximalvariante, der Tinea capitis profunda bzw. dem Kerion Celsi fast nur bei Kindern isoliert [8] [9] [10].

#

Erregerreservoir

Während einige zoophile Dermatophyten fast nie Ausgangspunkt einer humanen Dermatophytose sind, das betrifft u. a. die T.-equinum-Infektion beim Pferd und die T.-gallinae-Infektion beim Huhn [11], geht von anderen Spezies ein weit höheres Infektionsrisiko für den Menschen aus [12]. Außer T.-simii-Infektion bei Geflügel und Hund, betrifft das neben T. mentagrophytes var. erinacei beim Igel vor allem T. mentagrophytes beim Hund und aktuell insbesondere bei Nagetieren.

T. mentagrophytes tritt als Erreger einer Dermatophytose bei Kindern in der Regel in seiner zoophilen Varietät auf [13]. Infektionsquelle sind kleine Nagetiere („Kuscheltiermykose”), u. a. Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Goldhamster, aber auch Mäuse, Ratten, Frettchen und selten sogar Chinchilla. Beim Menschen treten die Läsionen in der Regel erst an Händen und Unterarmen auf, wo die Erreger nach einer Tierberührung haften bleiben [5].

Ein Frettchen spielte - wie erst kürzlich beschrieben - eine Rolle für die Übertragung einer Dermatophytose auf eine 19-jährige Patientin. Bei ihr entwickelten sich im Zeitraum von etwa einem Monat beginnend an den Armen, dann ausbreitend auf das weitere Integument, einschließlich die unteren Extremitäten, schuppende, psoriasiforme Erytheme mit vereinzelten Pusteln. Auffällig war zudem eine massive Entzündung im Genitalbereich. Der Mons pubis war stark geschwollen, induriert und außerdem schmerzhaft. Zusätzlich bestanden follikuläre Pusteln und Knötchen mit eitriger Sekretion, so dass insgesamt der Eindruck eines Kerion Celsi bestand. Als Erreger dieser Tinea profunda des Mons pubis wurde T. mentagrophytes var. asteroides isoliert [2].

Die zoophile Varietät von T. mentagrophytes verursacht oft eine stark entzündliche Dermatophytose. Außerdem ist dieser Erreger hoch kontagiös. Dem entspricht ein aktueller Bericht über das Auftreten einer Tinea capitis et corporis bei vier von fünf Familienmitgliedern - neben der Mutter erkrankten drei Kinder an der Dermatomykose [1].

#

Fazit für die Praxis

Infektionen durch Trichophyton mentagrophytes werden bei Kindern und Jugendlichen in der Regel von der granulären zoophilen Varietät dieses Dermatophyten verursacht. Mit dem Auftreten von Trichophyton mentagrophytes muss scheinbar zunehmend gerechnet werden, nicht zuletzt als Folge der zunehmenden Zahl von als Haustier gehaltenen kleinen Nagetieren. Das klinische Bild ist häufig schwer und wird nicht immer gleich als Dermatomykose bzw. Tinea erkannt. Eine systemische antimykotische Therapie ist oft nicht zu vermeiden.

Bei schuppenden Hautveränderungen ist es zweckmäßig, immer auch Hautschuppen zur mykologischen Diagnostik zu entnehmen. Aus einem Abstrich wird in der Regel nur eine bakteriologische Diagnostik erfolgen. Falls keine Schuppen gewonnen werden können und die Läsion eher nässend ist, sollte der zur Diagnostik entnommene Abstrichtupfer auch auf die Pilznährböden ausgestrichen werden. Von Nachteil ist, dass aus diesem Abstrich kein Calcoflor-Präparat zur fluoreszenzoptischen Mikroskopie angefertigt werden kann.

Als Inkubationstemperatur ist neben 37 °C auch eine niedrigere zu wählen, am besten zwischen 28 und 32 °C. Die Bebrütungszeit sollte mindestens zwei, besser drei Wochen währen, um die langsam wachsenden Dermatophyten isolieren zu können. Falls die Diagnostik nicht in der eigenen Hautarztpraxis erfolgt, ist es zweckmäßig, dem jeweiligen mikrobiologischen Labor diese Hinweise zu geben, da oft keine Erfahrung mit den für die Dermatomykologie wesentlichen Kultivierungsmethoden besteht.

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 3 Trichophyton mentagrophytes (Patientin 1). a Weiße, flache, ausstrahlende Kolonien nach vier Tagen Bebrütung bei 37 °C unter anaeroben Bedingungen auf Schädler-Agar. b Subkultur auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar. Die weißlich-beigen Kolonien erscheinen flach, granulär, peripher ausstrahlend und zentral etwas gefaltet und erhaben.

#

Literatur

  • 1 Kläber H G, Niederer C, El-Bennich A. Tinea capitis/corporis durch Trichophyton mentagrophytes - familiärer Befall bei vier Familienmitgliedern.  Derm Praktische Dermatologie. 2004;  10 150-156
  • 2 Beckheinrich P, Nenoff P, Rytter M, Haustein U-F. Tinea corporis und Kerion Celsi des Mons pubis durch Trichophyton mentagrophytes. .  Akt Dermatol. 2001;  27 37-41
  • 3 Schönborn C. Spezielle Pilzdiagnostik. In: Wildführ G, Wildführ W (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Epidemiologie. Band IV/2, Laboratoriumsdiagnostik. 2. erw. Aufl. Leipzig; Georg Thieme Verlag 1982: 691-746
  • 4 Seeliger H RP, Heymer T. Diagnostik pathogener Pilze des Menschen und seiner Umwelt. Lehrbuch und Atlas. Stuttgart New York; Georg Thieme Verlag 1981
  • 5 Summerbell R C, Kane J. The genera Trichophyton and Epidermophyton. In: Kane J, Summerbell R, Sigler L, Krajden S, Land G (eds) Laboratory handbook of dermatophytes. A clinical guide and laboratory manual of dermatophytes and other filamrentous fungi from skin, hair, and nail. Belmont, USA; Star Publishing Company 1997: 131-191
  • 6 Nenoff P, Mügge C, Haustein U-F. Differenzierung der klinisch wichtigsten Dermatophyten. Teil I: Trichophyton. .  Derm Praktische Dermatologie. 2002;  8 (1) 16-31
  • 7 De Hoog G S, Guarro J, Gené J, Figueras M J. Atlas of clinical fungi. 2nd edition 2000, Centraalbureau voor Schimmelcultures. Utrecht, The Netherlands & Universitat Rovira i Virgili, Reus, Spain. 
  • 8 Manz B, Haustein U-F, Nenoff P. Tinea capitis - ein aktueller Überblick.  Akt Dermatol. 2001;  27 295-305
  • 9 Effendy I. Tinea capitis.  In: Plettenberg A & Meigel W (Hrsg.) Dermatologische Infektiologie. 2. Auflage. Heidelberg New York; Springer Verlag 2004: 251-253
  • 10 Höger P, Abeck D, Mayser P, Nenoff P. Dermatophytose.  In: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie: Scholz H, Belohradsky BH, Heininger U, Kreth W, Roos R (Hrsg.) Handbuch. Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 4., erweiterte und überarbeitete Auflage. München; Futuramed Verlag 2003: 266-273
  • 11 Böhm K H. Hautpilze als Erreger von Zoonosen.  Münch Med Wochenschr. 1983;  125 1061-1063
  • 12 Back W, Clark H H. Zoophile Dermatophyten als Epizoonoseerreger und ihre Bedeutung in der Dermatologie.  Hautarzt. 1998;  49 457-461
  • 13 Tietz H-J, Ulbricht H. Humanpathogene Pilze der Haut und Schleimhäute. Entnahme, Anzucht, Differenzierung. Hannover; Schlütersche GmbH & Co. KG 2004

Priv.-Doz. Dr. med. Pietro Nenoff

Laboratorium für medizinische Mikrobiologie

Straße des Friedens 8 · 04579 Mölbis

Email: info@mykologie-experten.de

#

Literatur

  • 1 Kläber H G, Niederer C, El-Bennich A. Tinea capitis/corporis durch Trichophyton mentagrophytes - familiärer Befall bei vier Familienmitgliedern.  Derm Praktische Dermatologie. 2004;  10 150-156
  • 2 Beckheinrich P, Nenoff P, Rytter M, Haustein U-F. Tinea corporis und Kerion Celsi des Mons pubis durch Trichophyton mentagrophytes. .  Akt Dermatol. 2001;  27 37-41
  • 3 Schönborn C. Spezielle Pilzdiagnostik. In: Wildführ G, Wildführ W (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Epidemiologie. Band IV/2, Laboratoriumsdiagnostik. 2. erw. Aufl. Leipzig; Georg Thieme Verlag 1982: 691-746
  • 4 Seeliger H RP, Heymer T. Diagnostik pathogener Pilze des Menschen und seiner Umwelt. Lehrbuch und Atlas. Stuttgart New York; Georg Thieme Verlag 1981
  • 5 Summerbell R C, Kane J. The genera Trichophyton and Epidermophyton. In: Kane J, Summerbell R, Sigler L, Krajden S, Land G (eds) Laboratory handbook of dermatophytes. A clinical guide and laboratory manual of dermatophytes and other filamrentous fungi from skin, hair, and nail. Belmont, USA; Star Publishing Company 1997: 131-191
  • 6 Nenoff P, Mügge C, Haustein U-F. Differenzierung der klinisch wichtigsten Dermatophyten. Teil I: Trichophyton. .  Derm Praktische Dermatologie. 2002;  8 (1) 16-31
  • 7 De Hoog G S, Guarro J, Gené J, Figueras M J. Atlas of clinical fungi. 2nd edition 2000, Centraalbureau voor Schimmelcultures. Utrecht, The Netherlands & Universitat Rovira i Virgili, Reus, Spain. 
  • 8 Manz B, Haustein U-F, Nenoff P. Tinea capitis - ein aktueller Überblick.  Akt Dermatol. 2001;  27 295-305
  • 9 Effendy I. Tinea capitis.  In: Plettenberg A & Meigel W (Hrsg.) Dermatologische Infektiologie. 2. Auflage. Heidelberg New York; Springer Verlag 2004: 251-253
  • 10 Höger P, Abeck D, Mayser P, Nenoff P. Dermatophytose.  In: Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie: Scholz H, Belohradsky BH, Heininger U, Kreth W, Roos R (Hrsg.) Handbuch. Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. 4., erweiterte und überarbeitete Auflage. München; Futuramed Verlag 2003: 266-273
  • 11 Böhm K H. Hautpilze als Erreger von Zoonosen.  Münch Med Wochenschr. 1983;  125 1061-1063
  • 12 Back W, Clark H H. Zoophile Dermatophyten als Epizoonoseerreger und ihre Bedeutung in der Dermatologie.  Hautarzt. 1998;  49 457-461
  • 13 Tietz H-J, Ulbricht H. Humanpathogene Pilze der Haut und Schleimhäute. Entnahme, Anzucht, Differenzierung. Hannover; Schlütersche GmbH & Co. KG 2004

Priv.-Doz. Dr. med. Pietro Nenoff

Laboratorium für medizinische Mikrobiologie

Straße des Friedens 8 · 04579 Mölbis

Email: info@mykologie-experten.de

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 1 Tinea manus durch Trichophyton mentagrophytes bei einem 16-jährigen Mädchen. a Anfangsbefund. b Exazerbation unter lokaler und systemischer antiseptischer bzw. antibiotischer Behandlung.

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 2 a Tinea capitis profunda im Sinne eines Kerion Celsi bei einem 4-jährigen Jungen. b Die seitliche Ansicht lässt die monströse Schwellung des Kerion Celsi deutlich erscheinen.

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 4 Trichophyton mentagrophytes (Patient 2). a Primärkultur: weiße, flauschige, z. T. granuläre Kolonieformen auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar bei 28 °C. b Subkultur auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar bei 28 °C. Auffällig ist die granuläre, flache, sternenförmig ausstrahlende Koloniemorphologie.

Zoom Image
Zoom Image

Abb. 3 Trichophyton mentagrophytes (Patientin 1). a Weiße, flache, ausstrahlende Kolonien nach vier Tagen Bebrütung bei 37 °C unter anaeroben Bedingungen auf Schädler-Agar. b Subkultur auf Sabouraud 4 %-Glukose-Agar. Die weißlich-beigen Kolonien erscheinen flach, granulär, peripher ausstrahlend und zentral etwas gefaltet und erhaben.