Der Klinikarzt 2004; 33(5): 142-146
DOI: 10.1055/s-2004-828638
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Radikaloperation oder Strahlentherapie? - Stand der modernen Strahlentherapie bei der Behandlung des Prostatakarzinoms

Radical Prostatectomy or Radiotherapy? - State of the Art in Irradiation of Prostate CarcinomaP.M. Messer1 , E. Schneider1 , N.M. Blumstein2 , H.-W. Gottfried3
  • 1Abteilung Strahlentherapie, Radiologische Universitäts- und Poliklinik Ulm (Direktor: Prof. Dr. E.M. Röttinger)
  • 2Abteilung Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Ulm (Direktor: Prof. Dr. S.N. Reske)
  • 3Abt. Urologie und Kinderurologie, Urologische Universitätsklinik Ulm (Direktor: Prof. Dr. R. Hautmann)
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Anschrift für die Verfasser

Dr. Peter M. Messer

Abteilung Strahlentherapie, Universitätsklinikum Ulm

Robert-Koch-Str. 6

89070 Ulm

Publication History

Publication Date:
09 June 2004 (online)

Table of Contents

Zusammenfassung

Die Strahlentherapie des Prostatakarzinoms hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erzielt: Sowohl die Planung der Bestrahlung als auch die Bestrahlungstechniken sind heute besser und effizienter. In Abhängigkeit des jeweiligen Tumorstadiums stehen mit der perkutanen Strahlentherapie und der Brachytherapie verschiedene Optionen zur Verfügung, die in der Langzeitbeobachtung ähnlich gute Ergebnisse erreichen wie die radikale Operation. Die Verwendung dreidimensionaler Planungssysteme erlaubt eine immer größere Dosiseskalation am Tumor, wobei gleichzeitig die Akut- und die Spättoxizität vermieden bzw. zumindest reduziert werden können. Weisen die Patienten bereits ein fortgeschrittenes Prostatakarzinom auf bzw. haben sie ein hohes Risiko für eine mögliche Lymphknotenmetastasierung, kann über die Kombination beider Verfahren eine gute lokale Kontrolle erzielt werden. Auch eine zusätzliche antiandrogene Therapie kann bei diesen Patienten das krankheitsspezifische Überleben verbessern. Ein Rezidiv nach radikaler Operation oder definitiver Strahlentherapie kann nach Ausschluss einer möglichen Metastasierung erneut in kurativer Intension strahlentherapeutisch behandelt werden. In der interdisziplinären Behandlung hat die Strahlentherapie demnach heute ihren festen Platz, sie setzt jedoch einen uneingeschränkten Dialog zwischen Urologen und Strahlentherapeuten voraus.

Summary

Radiotherapy of prostate cancer has gained great progress during the last years - 3 d planning and irradiation techniques are more efficient today. Depending on tumour stage external beam irradiation (EBRT) and brachytherapy offer different options for primary treatment achieving equal results in long term follow up compared to surgery. The use of 3d treatment planning systems allows a progressive dose escalation at the tumour site omitting or reducing acute and late toxicity. In patients with advanced carcinoma or at high risk of lymph node metastasis a combination of EBRT and brachytherapy is able to achieve good local control. An additional antiandrogen therapy can improve disease specific survival. Even tumour relapse after radical prostatectomy or definitive irradiation can be treated with irradiation in curative intension after exclusion of distant metastases. Today radiotherapy is well established in interdisciplinary treatment of prostate cancer but requires an unrestricted dialogue between urologists and radiotherapists.

Das Prostatakarzinom zeigt noch immer eine zunehmende Inzidenz und steht an erster Stelle der malignen Erkrankungen des Mannes. Die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Rahmen der Vorsorge führt heute dazu, dass Karzinome immer häufiger bereits in einem frühen, kurativ behandelbaren Stadium detektiert werden. Demzufolge zeigen die Statistiken der letzten Jahre einen Rückgang der tumorspezifischen Mortalität [34].

Dem etablierten chirurgischen Vorgehen, der radikalen Prostatektomie, steht - abhängig vom Tumorstadium - die Strahlentherapie mit aktuell gleich guten Ergebnissen gegenüber [2] [14] [18] [19] [20] [45] [47] [56] [57]. Für eine mögliche Prognose des Therapieerfolges hat sich die Einteilung der Patienten in eine niedere, mittlere und Hochrisikogruppe bewährt ([Tab. 1]; [47]). Basis sind hierbei der initiale PSA-Wert und der Gleason-Score (prostataspezifischer histopathologischer semiquantitativer Parameter aus der Prostata-Histologie im Sinne eines Tumorgradings).

Im Rahmen der interdisziplinären Behandlung des Prostatakarzinoms ist die Strahlentherapie heute fest etabliert. Sie kann zum einen als primäre Therapie eingesetzt werden, aber auch in der adjuvanten postoperativen Situation sowie in erneut kurativer Intention bei Lokalrezidiven nach radikaler Operation. Die Entscheidung zur jeweiligen Therapie ist jedoch weiterhin sehr fachspezifisch gelagert: Urologen beispielsweise empfehlen zu 93 % die radikale Operation, Strahlentherapeuten dagegen zu 72 % die primäre Radiatio [9].

Immer größere Bedeutung erlangt auch die diagnostische Sicherung des Karzinoms. So ist zumindest eine sechsfache, besser eine zehn- oder zwölffache Quadrantenbiopsie in der Primärdiagnostik zu fordern, um eine Aussage über die Tumorausdehnung in der Prostata treffen zu können. Ein einfacher Tumornachweis aus einem suspekten Tastbefund reicht heute für eine Selektion der Patienten hinsichtlich einer adäquaten strahlentherapeutischen Behandlung sicherlich nicht mehr aus. Studien haben gezeigt, dass sowohl aus der Tumorokkupation der Stanzbiopsien allein als auch in Zusammenhang mit dem initialen PSA-Wert und Gleason-Score eine Prognose für das Therapieansprechen und die biochemische Kontrolle abgeleitet werden kann [5] [27] [43].

Moderne bildgebende Verfahren wie die Single-Photonenemissions-Computertomografie (SPECT), die Magnetresonanztomografie (MRT) und die 11-C-Cholin-Positronenemissitionstomografie-Computertomografie (PET-CT) haben dazu beigetragen, die Auswahl der Patienten für die jeweils geeignete Therapieform zu vereinfachen. So kann zum Beispiel mithilfe eines MRTs - unter Benutzung einer transrektalen Spule - teilweise ein organüberschreitendes Wachstum oder ein Befall der Samenblasen festgestellt werden. Die 11-C-Cholin-PET und deren Weiterentwicklung, die 11-C-Cholin-PET-CT, machen es heute möglich, metastatisch befallene Lymphknoten zu detektieren oder nach radikaler Prostatektomie zwischen Narbe und Lokalrezidiv zu differenzieren [6] [7] [36]. Ein Einfluss dieser Methoden auf die dreidimensionale Bestrahlungsplanung und weitere Dosiseskalation ist zu erwarten.

Für die strahlentherapeutische Behandlung des Prostatakarzinoms stehen heute mit der perkutanen Strahlentherapie und der Brachytherapie zwei Vorgehensweisen zur Verfügung. Die Brachytherapie unterscheidet zwischen zwei Verfahren:

  • die Brachytherapie mittels permanenter Implantation von Strahlern (Seeds) in die Prostata

  • die temporäre „High-Dose-Rate”(HDR)-Brachytherapie in Afterloadingtechnik.

Welche Technik indiziert ist, hängt zum einen vom Tumorstadium zum anderen von den Prognosefaktoren PSA und Gleason-Score ab.

Perkutane Strahlentherapie

Die perkutane Strahlentherapie hat gerade während der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts durch die Einführung der dreidimensionalen computertomografiegestützten Bestrahlungsplanung und konformaler Bestrahlungstechniken bedeutende Fortschritte vollzogen. Diese Technik konnte in verschiedenen Studien einen deutlichen Vorteil gegenüber der bis dahin angewendeten zweidimensionalen Bestrahlungsplanung bezüglich der Rate an Akut- und Spätnebenwirkungen sowie der lokalen Kontrolle belegen. Die dreidimensionale Bestrahlungsplanung erlaubt zudem, das Bestrahlungsvolumen an die jeweiligen anatomischen Gegebenheiten anzupassen.

Denn eine sorgfältige Planung erlaubt, die eingestrahlte Dosis - insbesondere an Harnblase und Rektum - um bis zu zwei Drittel zu senken und damit die Nebenwirkungen zu limitieren. So reduzierten sich akute Miktionsprobleme von 6-9 auf 2-5 % und gastrointestinale Nebenwirkungen von 8-19 auf 3-5 %. Die rektale Spättoxizität konnte von 8 auf 1,7 % gesenkt werden [13] [31] [33] [48]. Eine weitere Verbesserung der gastrointestinalen Spättoxizität kann man erreichen, wenn man einen Rektumballon verwendet, um damit die strahlenexponierte Fläche der Rektumschleimhaut zu minimieren [32] [50].

Ein weiterer Vorteil der dreidimensionalen Bestrahlungsplanung ist die Möglichkeit zur Dosiseskalation mit Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle. Denn es besteht eine deutliche Dosis-Wirkungsbeziehung bei der Applikation von Strahlungsdosen von über 70 Gy [19]. Besonders Patienten der mittleren und der Hochrisikogruppe profitieren von einer Dosiseskalation auf über 74 Gy [48] [56]. Bei Niedrigrisikopatienten dagegen führt eine solche Eskalation der Bestrahlungsdosis zu keiner weiteren Optimierung der Therapie. Andererseits scheint eine Dosis von 75 Gy auch für Hochrisikopatienten noch auszureichen, um die biochemische Kontrolle entscheidend zu verbessern [14].

Eine Weiterentwicklung der konformalen Strahlentherapie ist die intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT). Hierbei erreicht eine Modifikation der Dosisverteilung in den einzelnen Bestrahlungsfeldern die Dosishomogenität im Bestrahlungsvolumen. Für die Bestrahlung der Prostata bedeutet dies eine noch bessere Anpassung der Dosisverteilung an die Konvexität des Rektums und damit bei weiterer Erhöhung der Gesamtdosis eine Verminderung der Toxizität. Die IMRT ist jedoch extrem aufwändig und wird daher im klinischen Alltag nur vereinzelt angewandt. Abhängig vom Tumorstadium, dem initialen PSA-Wert und dem Gleason-Score können moderne Bestrahlungstechniken und Gesamtdosen von über 72 Gy mittlerweile ebenso hohe lokale Kontrollraten erzielen wie die radikale Prostatektomie [47].

Für die dreidimensionale Bestrahlungsplanung wird jeder Patient einer Computertomografie zur Planung unterzogen, wobei der Patient in der entsprechenden Bestrahlungsposition gelagert wird. In den resultierenden CT-Schichten, im Bereich der Samenblasen und der Prostata im 3/3 mm Abstand, wird das Zielvolumen am Planungsrechner eingezeichnet [Abb. 1]. Die Ausdehnung des Volumens wird abhängig vom klinischen Stadium sowie der Risikogruppierung festgelegt. So erfolgt bei Tumornachweis in beiden Prostatalappen meist ein Einschluss des Übergangs zu den Samenblasen und bei Nachweis eines Kapselüberschreitens der Einschluss des pelvinen Lymphabflussgebiets bis zu einer gewissen Dosis.

Generell wird über den Zeitraum der Bestrahlung das Zielvolumen ein- bis zweimal verkleinert, sodass die letzten Fraktionen nur noch die Prostata mit einem minimalen Sicherheitssaum erfassen. Bei einer täglichen Einzeldosis von 2 Gy erstreckt sich die Bestrahlung der Prostata über acht Wochen. Pausen sollten vermieden werden. Eine Grundvoraussetzung für eine moderne Strahlentherapie der Prostata sind Linearbeschleuniger einer Energie von 18 MV und der Möglichkeit zur individuellen Feldkollimation durch so genannte Multileafkollimatoren [Abb. 2].

Eine weitere Indikation für eine perkutane Strahlentherapie ist das biochemische Rezidiv nach radikaler Prostatektomie. Das Rezidiv wird im Allgemeinen nach den ASTRO[1]-Kriterien als dreimaliger konsekutiver PSA-Anstieg definiert [1]. Das Zielvolumen beschränkt sich hierbei auf die Prostanaloge unter Einschluss eines Sicherheitssaums [4] [16] [35] [53].

Typische Akutnebenwirkungen der perkutanen Strahlentherapie sind irritative Miktionsbeschwerden unterschiedlicher Ausprägung mit vorübergehender Stressinkontinenz sowie irritative Darmbeschwerden, die nach Ende der Behandlung rasch abklingen. Die dreidimensionale Bestrahlungsplanung hat auch hier zu einer deutlichen Verbesserung geführt [13] [14] [18] [19] [28] [46].

Brachytherapie

Im Vergleich zur perkutanen Strahlentherapie ist die Indikationsstellung zur permanenten Brachytherapie deutlich strikter. Diese Therapieoption sollte entsprechend den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft urologische Onkologie und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie nur für das lokal begrenzte Prostatakarzinom Anwendung finden. Hierzu gehören Patienten mit einem PSA-Wert unter 10 ng/ml, einem Gleason-Score von maximal 6 sowie einem Prostatavolumen von weniger als 50 ml - gleichzeitig sollte möglichst nur eine Stanze positiv sein [29] [52].

Im Rahmen der Brachytherapie werden in Deutschland zwei Verfahren angewendet:

  • die permanente Brachytherapie, bei der Strahler (Seeds) in die Prostata transplantiert werden

  • die temporäre Brachytherapie im HDR-Afterloading-Verfahren nach Implantation von Kathetern in die Prostata.

Für die Seed-Implantation werden mit Jod(J)-125 und Palladium(Pd)-103 zwei Radionuklide verwendet, die sich in der Halbwertszeit sowie in der Dosisleistung unterscheiden. Während in vitro Pd-103 gegenüber J-125 eine bessere biologische Wirksamkeit zeigt, ergibt sich in vivo kein signifikanter Unterschied [3] [23] [51].

Die permanente Brachytherapie gilt heute als eines der Standardverfahren des lokal begrenzten Prostatakarzinoms. In den USA werden derzeit genauso viele dieser Behandlungen wie Radikaloperationen durchgeführt. Auch hier haben moderne Bestrahlungsplanungssysteme zu einer deutlichen Verbesserung der Dosishomogenität in der Prostata bei gleichzeitiger Verminderung der Akut- und Spättoxizität beigetragen.

Zur Anwendung kommt hierbei eine ultraschallgestützte dreidimensionale Bestrahlungsplanung, die im Allgemeinen intraoperativ durchgeführt wird. Urologe und Strahlentherapeut definieren hierbei gemeinsam das Zielvolumen, die Bestrahlungsplanung erfolgt im Team mit dem Strahlenphysiker [Abb. 3]. Appliziert werden - die Prostata umschließend - Gesamtdosen von 120 Gy für Pd-103 und 145 Gy für J-125 [29]. Abhängig vom Tumorstadium können Kontrollraten ähnlich wie bei der radikalen Prostatektomie erreicht werden.

Zu den allgemeinen Nebenwirkungen nach perkutaner Brachytherapie gehören irritative Miktionsstörungen, in Einzelfällen kann es bedingt durch ein Ödem der Prostata zu einem akuten Harnverhalt kommen [8] [11]. Die Miktionsstörungen zeigen im Vergleich zur perkutanen Strahlentherapie einen prolongierten Verlauf, sind aber ein Jahr nach Brachytherapie nur noch vereinzelt zu beobachten [12] [17] [22]. Eine erektile Dysfunktion tritt etwa in einem Viertel der Patienten auf [39]. Sehr selten (< 1 % der Fälle) kann sich eine urethrorektale Fistel bilden [49].

Nach der permanenten Brachytherapie wird in bis zu 31 % der Fälle ein erneuter zeitlich begrenzter PSA-Anstieg („PSA-bounce”) beschrieben. Dies ist jedoch unabhängig vom initialen PSA-Wert und Gleason-Score [43], und auch als Rezidiv der Erkrankung ist dieses Phänomen nicht zu werten.

Die HDR-Brachytherapie der Prostata wird mit Iridium 192 durchgeführt, meist erfolgt sie in Kombination mit einer perkutanen Bestrahlung als lokale Dosiserhöhung. Es schließen sich hierbei zwei bis vier Applikationen mit einer Dosis von 6-15 Gy an. Bisher wurde und wird die HDR-Monotherapie nur im Rahmen von Studien angewendet [24] [26] [54].

Kombinationsstrategien

Sowohl für die permanente Brachytherapie als auch die HDR-Brachytherapie besteht die Möglichkeit, diese in Kombination mit einer perkutanen Bestrahlung einzusetzen, wobei die perkutane Bestrahlung entweder vor oder nach der Brachytherapie erfolgen kann. Nach einer dreidimensionalen Bestrahlungsplanung wird hierbei eine Dosis von 45-50 Gy auf die Prostata und den pelvinen Lymphabfluss appliziert. Die Brachytherapie wird in diesem Behandlungskonzept mit einer reduzierten Dosis von 110 Gy bei Verwendung von J-125 und 80 Gy bei Pd-103 durchgeführt. Bei der HDR-Brachytherapie erfolgen meist zwei bis drei Bestrahlungen mit einer Dosis von 6-15 Gy.

Vor allem lokal fortgeschrittene Tumore oder Tumore, die in die Hochrisikogruppe einzuordnen sind, sprechen gut auf eine solche Kombinationstherapie an. Die Akut- und Spättoxizität unterscheidet sich unwesentlich von der perkutanen Strahlentherapie bzw. der permanenten Brachytherapie [10] [24] [25] [55].

Eine Übersicht von Therapieergebnissen relevanter aktueller Veröffentlichungen ist in [Tabelle 2] dargestellt.

Zusätzliche antiandrogene Therapie

Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle wie auch des krankheitsspezifischen Überlebens besteht darin, die Strahlentherapie mit einer neoadjuvanten oder adjuvanten antiandrogenen Therapie zu kombinieren. Eine Untergruppenanalyse der RTOG[2]-Studien 85-31 und 86-10 sowie eine weitere Auswertung der Studie 85-31 zeigen eine signifikant bessere biochemische Kontrolle und niedrigere Rate von Fernmetastasen für eine über die Bestrahlungszeit hinausgehende Hormontherapie gegenüber einer nur kurzzeitig begleitenden Hormontherapie. Besonders deutlich war der Vorteil bei Patienten mit einem Gleason-Score von 7 bzw. 8-10 sowie für lokal fortgeschrittene Tumore [15] [21]. Unter anderer Fragestellung konnte die RTOG Studie 86-10 für Patienten mit einem Gleason-Score von 2-6 eine deutliche Verbesserung bezüglich des Gesamtüberlebens, der progressionsfreien Zeit sowie der lokalen Kontrolle durch eine kurzzeitige Hormonbehandlung vor und während der Bestrahlung aufzeigen [37].

Eine aktuelle Übersichtsarbeit, die Untergruppen der RTOG-Studie 9413 hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens ausgewertet hat, kommt wiederum zu dem Schluss, dass Patienten der mittleren Risikogruppe von einer neoadjuvanten/adjuvanten Hormontherapie profitieren. Patienten der Hochrisikogruppe benötigen daher eine über die Bestrahlung hinausgehende (lang andauernde) Hormontherapie, um das krankheitsfreie Überleben zu verbessern [38] [40] [41]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine andere Studie, in der die kurzzeitige Hormontherapie (Median drei Monate) insbesondere bei Hochrisikopatienten keinen Einfluss hatte. In dieser Patientengruppe war die biochemische Kontrolle an die applizierte Dosis von über 75 Gy gebunden [30].

Fazit

Die moderne Strahlentherapie ist demnach ein etabliertes Therapieverfahren bei der Behandlung des Prostatakarzinoms. Sie hat - wie die operativen Behandlungsmethoden - ein bedeutendes Behandlungspotenzial. Zudem bieten sich heute vermehrt interdisziplinäre Ansätze an (Urologe und Strahlentherapeut, nicht Urologe oder Strahlentherapeut), die insgesamt die Chancen unserer Prostatakarzinom-Patienten deutlich verbessern können.

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Abb. 1

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Abb. 2

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Abb. 3

Tab. 1 Einteilung des Prostatakarzinoms in Risikogruppen

niedrige Risikogruppe

mittlere Risikogruppe

hohe Risikogruppe

PSA < 10 ng/ml

PSA 10,1-20,0 ng/ml

PSA > 20 ng/ml

Gleason-Score ≤ 6

Gleason-Score 7

Gleason-Score 8-10

cT1-cT2a

cT2b-cT2c

> cT2c

Tab. 2 Übersicht aktueller Veröffentlichungen

Kupelian [20]

Brachmann [2]

Sylvester [47]

Stokes [45]

Galalae [19]

gesamt

n = 2991

gesamt

n = 2222

gesamt

n = 232

gesamt

n = 540

gesamt

n = 144

Rpx

n = 1034

RT

n = 1527

RT + Seed

 

Rpx

n = 222

RT + HDR

 

RT < 72 Gy

n = 484

Seed

n = 695

 

 

RT

n = 132

 

 

RT > 72 Gy

n = 301

T1 RT

n = 290

 

 

Seed

n = 186

 

 

Seed

n = 950

T2 RT

n = 1238

10 Jahre bNED

 

 

 

 

RT + Seed

n = 222

T1 Seed

n = 117

Seattle-Groups

5 Jahre bNED

5 Jahre bNED

T2 Seed

n = 578

niedrig

85 %

Rpx

PSA / G1-G2

mittel

77 %

niedrig

79 %

< 10 ng/ml

94,7 %

5 Jahre bNED

5 Jahre bNED

hoch

47 %

mittel

76 %

10-20 ng/ml

83,3 %

Rpx

81 %

RT ges 69 %

 

 

hoch

60 %

> 20 ng/ml

67,7 %

RT < 72 Gy

51 %

Seed ges 71 %

Mt-Sinai-Groups

 

 

 

 

 

RT > 72 Gy

81 %

 

 

niedrig

84 %

RT

PSA / G3

Seed

83 %

T1 RT

78 %

mittel

93 %

niedrig

85 %

< 10 ng/ml

72,2 %

RT + Seed

77 %

T2 RT

67 %

hoch

57 %

mittel

50 %

10-20 ng/ml

76,9 %

T1 Seed

83 %

hoch

26 %

> 20 ng/ml

38 %

7 Jahre bNED

T2 Seed

67 %

D'Amico-Groups

 

 

 

 

 

Rpx

76 %

 

 

niedrig

86 %

Seed

8 Jahre bNED

RT < 72 Gy

48 %

 

 

mittel

90 %

niedrig

80 %

PSA / G1-G2

RT > 72 Gy

81 %

 

 

hoch

48 %

mittel

65 %

< 10 ng/ml

93 %

Seed

75 %

 

 

 

 

hoch

41 %

10-20 ng/ml

82 %

RT + Seed

77 %

 

 

Risikogruppierung in Abhängigkeit verschie-dener Institutionen führt zu unterschied-lichen Kontrollraten, insbesondere der mitt-leren Risikogruppe

 

 

 

> 20 ng/ml

63,6 %

PSA / G3

< 10 ng/ml

64,3 %

10-20 ng/ml

75 %

> 20 ng/ml

32 %

Rpx = radikale Prostatektomie; RT = perkutane Strahlentherapie; Seed = permanente Brachytherapie; RT + Seed = perkutane Strahlentherapie kombiniert mit permanenter Brachytherapie; bNED = biochemische Rezidivfreiheit; HDR = High-Dose-Rate-Brachytherapie (temporär)

Literatur

1 american society for therapeutic radiology and oncology

2 radiation therapy oncology group

Anschrift für die Verfasser

Dr. Peter M. Messer

Abteilung Strahlentherapie, Universitätsklinikum Ulm

Robert-Koch-Str. 6

89070 Ulm

Literatur

1 american society for therapeutic radiology and oncology

2 radiation therapy oncology group

Anschrift für die Verfasser

Dr. Peter M. Messer

Abteilung Strahlentherapie, Universitätsklinikum Ulm

Robert-Koch-Str. 6

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Abb. 1

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Abb. 2

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Abb. 3