ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2004; 113(6): 288
DOI: 10.1055/s-2004-829985
Recht
Praxisjournal
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Gebühren für das Aufbringen von Emdogain

F. Otto
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Publication Date:
07 July 2004 (online)

Nachdem ein Zahnarzt bei einem Patienten in 7 Sitzungen Emdogain aufgebracht hatte, stellte er 26-mal die Nr. 2442 GOÄ-Gebührenverzeichnis in Rechnung, was 9336,60 DM ergab.

Dabei war davon auszugehen, dass die Behandlung mit Emdogain einer neueren Entwicklung in der Parodontaltherapie entspricht, die bei der Fassung der GOZ im Jahre 1988 noch nicht bekannt war, sodass sie auch nicht in einschlägigen Gebührennummer berücksichtigt werden konnte. Für zahnärztliche Leistungen, die erst nach dem Inkrafttreten der GOZ entwickelt wurden oder werden, ist § 6 Abs. 2 GOZ einschlägig. Die Abrechnung hat danach in analoger Anwendung einer anderen, nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses der GOZ zu erfolgen.

Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 7.11.2003 - 20 U 56/03 - war die Leistung „Aufbringen von Emdogain” nicht unter § 6 Abs. 1 GOZ in Verbindung der Gebührennummer 2442 GOÄ-Gebührenverzeichnis zu subsumieren. Die Gebührennummer 2442 GOÄ-Gebührenverzeichnis ist einschlägig bei einer Implantation alloplastischen Materials zur Weichteilunterfütterung. Nun ist zwar Emdogain ein alloplastisches Material; es wird jedoch nicht zur Weichteilunterfütterung implantiert. Vielmehr wird Emdogain auf die gereinigte und mit Säure vorbehandelte Wurzeloberfläche in Gelform aufgetragen, fällt dort aus und haftet dort an. Über die Ansiedlung von zementbildenden Zellen sollen sich sodann über Wochen gewebliche Strukturen des Zahnhalteapparats ausbilden.

Die Leistungsbeschreibung der Nr. 2442 GOÄ-Gebührenverzeichnis erfasst mithin nicht die Leistung „Aufbringen von Emdogain”, eine Abrechnung nach Nr. 2442 GOÄ-Gebührenverzeichnis wäre nur im Wege einer Analogie denkbar. Eine analoge Anwendung von Gebührennummern der in § 6 Abs. 1 GOZ näher beschriebenen Abschnitte der GOÄ auf zahnärztliche Leistungen ist jedoch in § 6 Abs. 1 GOZ nicht vorgesehen. Die Auflistung in § 6 Abs. 1 GOZ ist abschließend; eine Ausweitung der dem Zahnarzt nach § 6 Abs. 1 GOZ geöffneten Bereiche der GOÄ im Wege der Analogie ist nach der Systematik der GOZ nicht vorgesehen.

Es fehlt - jedenfalls für die Abfassung der GOZ 1988 unbekannte Therapien - bereits an einer Regelungslücke als der unabdingbaren Voraussetzung für eine zulässige Analogie. Eine Lücke ist schon deswegen nicht auszumachen, weil § 6 Abs. 2 GOZ einschlägig ist und auf die analoge Anwendung gleichwertiger Leistungen des Gebührenverzeichnisses der GOZ, nicht jedoch der GOÄ, verweist. Dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 GOZ nach ist eine Heranziehung der GOÄ im Wege der Analogie unzulässig. Das Gericht äußert sich damit anders als 2 Kommentare zur GOZ. Ohnehin wird in der Kommentarliteratur auch die Auffassung vertreten, die jetzt das Oberlandesgericht Hamm geäußert hat.

Als Abrechnungsnummer, die bei Aufbringen von Emdogain analog herangezogen werden kann, bietet sich Nr. 411 GOZ-Gebührenverzeichnis an. Die Analogie wird sowohl vom Infozentrum der Zahnmedizin im Internet als auch von der Zahnärztekammer Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie empfohlen.

Statt 9336,60 DM konnte der Zahnarzt nur 1801,80 DM fordern.

Dr. Franz Otto

Trienendorfer Straße 19

58452 Witten

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