Pneumologie 2005; 59(6): 425-427
DOI: 10.1055/s-2004-830318
Workshop
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kleine FIS(c)He: Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung in der mikrobiologischen Diagnostik

A.  Moter1 , D.  Kovacevic1 , C.  Mallmann1 , U.  B.  Göbel1
  • 1Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Mikrobiologie und Hygiene
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Publication Date:
01 July 2005 (online)

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Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) erlaubt gleichzeitig Visualisierung, Identifikation und Lokalisierung von einzelnen Mikroorganismen in ihrem natürlichen Habitat. Sie findet breite Anwendung bei umfassenden mikrobiologischen Fragestellungen in Umwelt- und Biotechnologie sowie in der Human- und Veterinärmedizin und wird zunehmend auch zu diagnostischen Zwecken in der medizinischen Mikrobiologie eingesetzt [1] [2] [3].

Das Prinzip der FISH von Bakterien beruht auf der spezifischen Hybridisierung von fluoreszenzmarkierten Oligonukleotidsonden an ihre Zielsequenz, meist ribosomale RNA, im morphologisch intakten Mikroorganismus [2] [4]. Hierfür werden die Proben zunächst fixiert, um den Sonden die Diffusion in die Bakterienzelle zu ermöglichen und RNAsen am Abbau der 16S rRNA zu hindern. Die ribosomale RNA eignet sich deswegen sehr gut für die FISH, weil sie aufgrund ihrer Präsenz in jedem bekannten, wie auch unbekannten Bakterium, der hohen Kopiezahl, sowie ihrer evolutionär konstanten und variablen Bereiche ein ideales Zielmolekül für das Design spezies- oder genus-spezifischer bzw. bakterieller, d. h. alle Bakterien erfassender Sonden bildet. Nach der Fixierung der Probe wird ein Schnitt- oder Ausstrichpräparat hergestellt und mit dem Sonden-Puffergemisch hybridisiert. Nach einem Waschschritt wird das Präparat mit Eindeckmedium und Deckglas versehen und am Fluoreszenzmikroskop ausgewertet.

Da man mit dieser Technik Bakterien nicht nur visualisieren und identifizieren kann, sondern auch Informationen über ihre Anzahl und räumliche Verteilung erhält, hat sich die FISH als wertvolles Werkzeug bei der Analyse komplexer Habitate in der Umwelt etabliert [5].

Forschungsergebnisse der letzten Jahre weisen darauf hin, dass die natürliche Lebensform der meisten Bakterien nicht das einzelne, planktonische Vorkommen ist, sondern dass sie vielmehr in komplexen, sessilen Lebensgemeinschaften, so genannten Biofilmen existieren, deren Architektur sich in idealer Weise mit der FISH darstellen lässt [6] [7] [8] [9]. Bakterielle Biofilme haben nicht nur in der Umwelt, sondern gewinnen auch im medizinischen Bereich eine zunehmend größere Bedeutung. Ein gut untersuchtes Beispiel für hochkomplexe Biofilme ist die supragingivale bzw. subgingivale Plaque der Mundhöhle [10] [11]. Aus molekularbiologischen Analysen wissen wir von der hohen Diversität der Mundflora, die bis zu 500 Spezies umfasst, von denen bisher allerdings nur ca. die Hälfte kultivierbar ist [12]. Molekular-epidemiologische Untersuchungen zeigten insbesondere eine hohe Prävalenz von bisher nicht kultivierten, oralen Treponemen, welche sich dann in großer Zahl durch die FISH darstellen ließen [13] [14]. Während die reine Prävalenz die Pathogenität eines Mikroorganismus noch nicht beweist, kann seine Visualisierung in Gewebsschnitten wichtige Indizien für seine Invasivität liefern. So konnte exemplarisch für die Dermatitis digitalis, eine bakterielle Klauenerkrankung beim Rind, gezeigt werden, dass bisher nicht kultivierte Treponemen zu den Vorreitern in tieferen Gewebsschichten gehörten [15].

Neben der Erforschung komplexer mikrobieller Habitate hat die FISH zunehmend Anwendung in der mikrobiologischen Diagnostik gefunden. So wurde sie erfolgreich für die Differenzierung von Erregern in positiven Blutkulturen eingesetzt. Bei der Sepsisdiagnostik ist eine schnelle und möglichst gezielte Therapie von entscheidender Bedeutung [16]. Die diagnostische Routine umfasst momentan ein Grampräparat zur groben Einordnung des Erregers mit nachfolgender Kultivierung über Nacht und biochemischer Differenzierung. So werden bis zur endgültigen Speziesdifferenzierung in der Regel 1 - 2 Tage benötigt. Mit der FISH kann bereits in weniger als 3 Stunden eine Speziesdifferenzierung herbeigeführt werden (Abb. [1]) [17] [18] [19]. Weitere Vorteile gegenüber anderen molekularbiologischen Verfahren (Nukleinsäure-Amplifikationstechniken) sind neben dem geringeren personellen und gerätetechnischen Aufwand auch erheblich geringere Kosten. Auch eine Raumtrennung ist wegen der geringeren Kontaminationsgefahr nicht nötig. Als Nachteil der Technik muss die allen mikroskopischen Methoden eigene, relativ niedrige Sensitivität genannt werden. Daher findet diese Methode zurzeit vor allen Dingen bei Krankheitsbildern Anwendung, bei denen mit hohen Keimzahlen gerechnet werden kann.

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Abb. 1 FISH von Ausstrichen zweier positiver Blutkulturen (A/B und C/D). Hybridisierung mit einer Staphylococcus genusspezifischen Sonde (A und C, grün) und simultan mit einer S. aureus spezifischen Sonde (B und D, orange) erlaubt die Differenzierung von S. aureus (C und D) gegenüber koagulasenegativen Staphylokokken (A und B).

In der Pneumologie spielen bakterielle Biofilme, z. B. bei der zystischen Fibrose, eine wichtige Rolle. In Sputumproben solcher Patienten wurden semiquantitativ erfolgreich Pseudomonas aeruginosa und qualitativ Stenotrophomonas maltophilia, Burkholderia cepacia, Haemophilus influenzae, Staphylococcus aureus, Streptococcus pyogenes sowie Candida albicans mit Erfolg nachgewiesen [20]. So erlaubt die FISH eine schnelle Diagnostik akuter Exazerbationen und ein früheres therapeutisches Einschreiten. Eine weitere diagnostische Anwendung besteht bei anspruchsvollen oder langsam wachsenden Spezies, bei welchen die biochemische Differenzierung aufwendig ist. Bei positiven Kulturen gelingt die Abgrenzung des Mycobacterium-tuberculosis-Komplexes gegenüber anderen Mykobakterien zurzeit nur mit langwierigen biochemischen oder relativ aufwendigen, teuren NAT-Techniken. FISH stellt hier eine schnelle und günstige Alternative dar. Allerdings penetrieren die üblicherweise für die FISH benutzten Oligonukleotidsonden die mykolsäurehaltige Zellwand der Mykobakterien nur sehr schlecht oder gar nicht. Hier finden PNA (peptide nucleid acid)-Sonden Anwendung, welche wegen ihres ungeladenes Rückrats ungehindert in Mykobakterien eindringen können [21] [22].

Ein häufiges Problem der mikrobiologischen Diagnostik ist die negative Kultur bei positivem Keimnachweis im mikroskopischen Präparat. Dafür kann u. a. die bei Probennahme bereits begonnene Antibiotikatherapie verantwortlich sein. An kulturnegativen Herzklappen von Endokarditispatienten konnten mittels FISH ausgeprägte bakterielle Biofilme visualisiert und mit genusspezifischen Sonden als Streptokokken identifiziert werden (Abb. [2]). So könnte diese Technik in Zukunft einen wertvollen Beitrag zur Endokarditisdiagnostik leisten und auch den Nachweis schwer kultivierbarer Mikroorganismen, wie z. B. Tropheryma whipplei, erlauben [23].

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Abb. 2 FISH eines Schnittes einer kulturnegativen Aortenklappe. Hybridisierung mit einer bakteriellen Sonde (orange) zeigt einen ausgeprägten Biofilm (A), welcher sich ebenfalls mit einer Streptococcus genusspezifischen Sonde (grün) darstellen lässt (B).

Ein weiteres Beispiel für einen bisher nicht erfolgreich in vitro kultivierbaren Mikroorganismus ist Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis. Auch diese Spirochäten lassen sich mit der FISH darstellen und identifizieren [3].

Der kulturunabhängige Nachweis von Mikroorganismen hat neben den genannten Vorteilen jedoch den Nachteil, dass keine Aussage über die Sensibilität gegenüber Antibiotika getroffen werden kann. Eine Ausnahme hiervon bildet die Clarithromycin-Resistenz von Helicobacter pylori, welche im 23S rRNA-Gen kodiert ist. Durch die Kombination einer speziesspezifischen 16S rRNA gerichteten Sonde mit Sonden, die Punktmutationen in der 23S rRNA erkennen, konnte H. pylori nicht nur identifiziert, sondern gleichzeitig direkt in Magenbiopsien auch seine Sensibilität gegenüber Clarithromycin zuverlässig bestimmt werden [24] [25]. Da es zurzeit nur wenige kommerzielle FISH-Kits für den Nachweis von Bakterien gibt, bleibt diese Methode bisher Laboratorien vorbehalten, die über ausreichende molekulargenetische Expertisen in Sondendesign und -optimierung, sowie die Auswahl von Positiv- und Negativkontrollen verfügen.

FISH ist ein viel versprechendes Verfahren, das sich zu einem wertvollen Instrument für die mikrobiologische Routinediagnostik entwickeln kann. Sie schlägt eine Brücke zwischen Molekulargenetik und konventioneller Fluoreszenzmikroskopie und eignet sich damit auch für den Einsatz in den Laboratorien, die nicht die räumlichen, personellen und auch finanziellen Voraussetzungen für eine zuverlässige und kosteneffiziente molekulargenetische Diagnostik erfüllen.

Literatur

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Abb. 1 FISH von Ausstrichen zweier positiver Blutkulturen (A/B und C/D). Hybridisierung mit einer Staphylococcus genusspezifischen Sonde (A und C, grün) und simultan mit einer S. aureus spezifischen Sonde (B und D, orange) erlaubt die Differenzierung von S. aureus (C und D) gegenüber koagulasenegativen Staphylokokken (A und B).

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Abb. 2 FISH eines Schnittes einer kulturnegativen Aortenklappe. Hybridisierung mit einer bakteriellen Sonde (orange) zeigt einen ausgeprägten Biofilm (A), welcher sich ebenfalls mit einer Streptococcus genusspezifischen Sonde (grün) darstellen lässt (B).