Psychiatr Prax 2004; 31(6): 316-317
DOI: 10.1055/s-2004-831289
Klinischer Bericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der "Schlaganfall" bei einer türkischen Patientin - Ein Fallbericht

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Publication Date:
25 August 2004 (online)

 

Einleitung

Von den in Deutschland lebenden Türken begeben sich vergleichsweise mehr türkische Frauen aufgrund psychosomatischer Beschwerden in die ärztliche Behandlung als deutsche [1]. Frauen haben es schwerer als Männer, die Lebensumstellung durch die Migration zu bewältigen, insbesondere dann, wenn ihre Stellung als Frau und Mutter infrage gestellt ist [2]. Das mag u.a. neben kultureller Prägung auch erklären, warum das psychosomatische und psychische Beschwerdebild bei migrierten Frauen gravierender ist [3]. Gerade in Bezug auf psychiatrische Diagnostik und Therapie bei Migranten ist der Einfluss von Sprache erheblich und hat Auswirkungen auf die Anzahl von Fehldiagnosen und unangemessenen Behandlungen [4],[5].

Wir berichten exemplarisch über eine türkisch sprechende Patientin, die im Rahmen psychiatrisch stationärer Behandlung zum Ausschluss einer organischen Ursache mit einer CCT untersucht wurde, die eine linksseitige Ischämie zeigte. Es stellte sich jedoch im Verlauf heraus, dass der CCT-Befund vertauscht worden war und ein Normalbefund vorlag. Die Patientin war später kaum davon zu überzeugen, dass kein Schlaganfall vorlag und beharrte ostentativ auf ihrer rechtsseitigen Schwäche.

Literatur

  • 1 Günay E . Haag A . Krankheit in der Emigration - Eine Studie an türkischen Patientinnen in der Allgemeinpraxis aus psychosomatischer Sicht.  Psychother Psychosom Med Psychol . 1990;  40 417-422
  • 2 Koptagel-Ilal G . Frauen in der Migration - Position und Rollenkonflikte zwischen Ost und West.  In: Koch E: Chancen und Risiken von Migration. Freiburg im Breisgau: Lambertus Verlag. 1998;  298-303
  • 3 Schwab P . Tercanli S . Körperliche und Seelische Symptome bei Migranten.  Psychother Psychosom Med Psychol. 1986;  37 419-423
  • 4 Stolk Y . Ziguras S . Saunders T . Garlick R . Stuart G . Coffey G . Lowering the language barrier in an acute psychiatric setting.  Aust N Z J Psychiatry. 1998;  32 (3) 434-440
  • 5 Haasen C . Yagdiran O . Mass R . Krausz M . Potential for misdiagnosis among Turkish migrants with psychotic disorders: a clinical controlled study in Germany.  Acta Psychiatrica Scand. 200;  101 125-129
  • 6 Balint M . Häfner H . Der Arzt, sein Patient und die Krankheit.  Stuttgart: Klett-Cotta Verlag. 1980;  5. Auflg.
  • 7 Leyer EM . Feinstein AR. . Verborgene Strukturen in der ärztlichen und psychotherapeutischen Interaktion mit ausländischen Patienten - dargestellt und diskutiert am Beispiel eines türkischen chronisch Schmerzkranken.   Psychother Psychosom Med Psychol. 1990;  40 423-431
  • 8 Goßmann HH . Das Geheime Zusammenspiel zwischen Arzt und Patient im Spiegel der Balint-Gruppe.  Balint Journal . 2001;  122-124
  • 9 Haude V . Balint-Gruppen in der psychiatrischen Weiterbildung, ganz im Sinne Michael Balints? .  Balint Journal . 2004;  1-4
  • 10 von-Schlippe A . El-Hachimi M . Juergens G . Systemische Supervision in multikulturellen Kontexten.  Organisationsberatung-Supervision-Clinical-Management. 1997;  4 (3) 207-224

Dr. Volker Haude 

Westfälischen Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie

Hermann-Simon Str. 7

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