Eine Fettleber kommt in der westlichen Welt bei 20 - 30 % der Erwachsenen vor.
Etwa 10 % von ihnen entwickeln eine nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH)
[24]. Die Diagnose ist in Betracht zu ziehen, wenn bei einer Fettleber (Sonographie)
mit erhöhten Transaminasen andere Ursachen wie chronische Hepatitiden unwahrscheinlich
sind. Wichtig ist eine glaubhaft fehlende übermäßige Alkoholexposition. Histologisch
ist die NASH von einer alkoholischen Steatohepatitis (ASH) nicht sicher unterscheidbar.
In der Mehrzahl der Fälle verläuft sie klinisch und histologisch benigne; sie
kann jedoch über eine Fibrosierung zur Zirrhose fortschreiten (Abb. [1]). Prognostisch ungünstig sind Adipositas, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie,
rascher Gewichtsverlust, hohe Transaminasen, der histologische Nachweis von Mallory-Körperchen
und wahrscheinlich eine erhöhte Eisenbeladung der Leber. In Spätstadien kann
sich ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) entwickeln. Nach dem „two hit”-Modell
entsteht die NASH auf dem Boden einer Leberverfettung („first hit”) durch Einwirkung
zusätzlicher Faktoren, die eine Zellschädigung und eine Entzündung auslösen
(„second hit”). Pathogenetisch spielen reaktive Sauerstoffspezies (reactive oxigen
species, ROS) und eine mitochondriale Dysfunktion eine zentrale Rolle [24].
Abb. 1 Histologischer Aspekt einer progredienten Steatohepatitis mit fibrotischem Umbau
(freundliche Genehmigung von Fr. Dr. Radke, Berlin).
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kurzgefasst: Die NASH muss bei Patienten ohne Alkoholabusus mit Fettleber und erhöhten Transaminasen
in die engere Differentialdiagnose einbezogen werden.
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Therapie
Ansatzpunkte therapeutischer Überlegungen sind Maßnahmen, die die Leberverfettung
reduzieren, den oxidativen Stress verringern und die Leberzelle vor seinen Folgen
schützen. Ziel ist es, ein Fortschreiten der Erkrankung zur Zirrhose zu verhindern,
in deren Endstadium nur eine Lebertransplantation in Frage kommt.
Allgemeine Maßnahmen
Alle Faktoren, die zur Entwicklung einer NASH beitragen können, sollten eliminiert
oder minimiert werden. Dazu gehören eine Umstellung der Lebensgewohnheiten bei
Adipösen und Diabetikern, eine gute Zucker-, Lipid- und Blutdruckeinstellung,
und die Vermeidung von toxischen Substanzen, wie Benzol, Xylol, Vinylchlorid und
Alkohol. Medikamente, die eine NASH auslösen können [8], sollten auf Verzichtbarkeit überprüft werden. Fettarme Diät und körperliche
Aktivität führen zu einer Verbesserung der Leberenzyme und des Serum-Cholesterins
bei NASH-Patienten [14].
Gewichtsreduktion
Eine Gewichtsreduktion kann zur Abnahme der NASH-bedingt erhöhten Transaminasen
führen und zudem die CYP2E1-Aktivität reduzieren [7]. Da sie bei NASH-Patienten jedoch auch zu einer Verschlechterung der Leberwerte
führen kann, sollte sie nur langsam und unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Mit
Orlistat (einem intestinalen Lipaseinhibitor) ließ sich bei drei Patienten eine
Reduktion des Gewichts und der Transaminasen erzielen [11]. Eine Gewichtsabnahme durch Diät und körperliche Aktivität soll nicht nur
biochemische, sondern auch histologische Leberbefunde bessern können [9].
Beeinflussung der Darmflora
Antibiotika reduzieren die Endotoxinämie bei einer total parenteraler Ernährung
oder einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms (z. B. beim Blind-loop-syndrom)
und wirken sich günstig auf die Steatohepatitis aus. Probiotica führen bei Labortieren
mit Steatohepatitis zu einer Verbesserung der Leberhistologie, einer Reduktion
des Leberfettgehalts und einer Abnahme der ALAT; sie reduzieren zudem die Insulinresistenz
[18]. Aussagekräftige Studien beim NASH-Patienten hierzu fehlen noch.
Metformin
Metformin vermindert die hepatische Steatose mit der Folge einer deutlichen Verminderung
des Quotienten aus Lebergewicht und Körpergewicht und reduziert im Tierversuch
und beim Menschen zudem die Transaminasen [3].
Thiazolidindione
Thiazolidindione werden beim Diabetes mellitus zur Erhöhung der Insulinsensitivität
eingesetzt. Da eine Hyperinsulinämie bei peripherer Insulinresistenz ein wesentlicher
Faktor bei der Entstehung der NASH zu sein scheint [5], wurde die Hypothese aufgestellt, dass sie einen positiven therapeutischen Effekt
haben könnten. In einer kleinen Studie mit 10 übergewichtigen Patientinnen wurde
der Effekt von Troglitazon auf Laborwerte und Histologie untersucht. Die ALAT-Werte
sanken meist bereits innerhalb eines Monats deutlich und erreichten vielfach Normwerte
[4]. In einer weiteren Studie an 30 NASH-Patienten erhöhte sich die Insulinempfindlichkeit,
reduzierten sich Transaminasen und Leberfettgehalt [23] und verbesserte sich die Leberhistologie signifikant [25]. Eine jüngere Studie berichtet über die Behandlung von18 nichtdiabetischen NASH-Patienten
mit Pioglitazon, bei denen sich die ALAT mehrheitlich normalisierte und der Leberfettgehalt
reduzierte; der Gesamtkörperfettgehalt und das Körpergewicht stiegen jedoch
[26]. Glitazone sind viel versprechend; größere Studien und Langzeiterfahrungen fehlen
noch.
Acarbose
Acarbose vermindert bei Labortieren mit Steatohepatitis die Steatose und Entzündung
in der Leber. TNF-a und CYP2E1 wurden geringer als bei Vergleichstieren exprimiert;
ebenso fand sich weniger Prokollagen-RNA [19]. Erfahrungen beim Menschen fehlen noch.
Ursodeoxycholsäure (UDCA)
UDCA hat choleretische, membranstabilisierende, zytoprotektive, immunmodulatorische,
antiapoptotische und antifibrotische Eigenschaften [16] und wird bei chronischen Leberkrankheiten mit günstigem Erfolg eingesetzt. Erste
Erfahrungen an NASH-Patienten waren ebenfalls positiv. In einer neueren randomisierten
Studie an 126 NASH-Patienten fanden sich jedoch keine signifikanten Veränderungen
zwischen Verum- und Placebogruppe [20]. Die Diskrepanz der Ergebnisse erfordert weitere Untersuchungen.
Clofibrat
Clofibrat zeigte in einer Studie an 16 NASH-Patienten mit Hypertriglyzeridämie
keine günstigen Effekte auf Leberwerte und Histologie [15].
Atorvastatin
In einer Studie an 27 Patienten mit NASH und Hyperlipidämie führte Atorvastatin
zu einer signifikanten Senkung der Transaminasen und Cholestaseenzyme [13].
Probucol
Probucol ist ein Lipidsenker mit starken antioxidativen Eigenschaften, der in
einer Studie an 17 Patienten mit histologisch gesicherter NASH zu einer signifikanten
Senkung der Transaminasen mit Normalisierung in 9 Fällen führte [21]. Probucol ist in Deutschland nicht im Handel.
Vitamin E
Vitamin E (Tocopherol) ist ein wirksames Antioxidans. In einer Pilotstudie wurde
es 11 Kindern zwischen 3 Monaten und 16 Jahren mit NASH verabreicht. ALAT, ASAT
und alkalische Phosphatase fielen deutlich ab und stiegen nach Unterbrechung der
Therapie erneut an [17]. In einer Studie an 16 Erwachsenen mit NASH wurde der Effekt einer antiatherogenen
Kost plus Bewegungsübungen mit und ohne Vitamin E untersucht. Diät und Körperbewegung
verursachten alleine bereits eine signifikante Senkung von Interleukin 6 (IL6),
nicht dagegen von TNF-a und IL8. Vitamin E bewirkte keine zusätzlichen signifikanten
Effekte [14]. In einer weiteren Studie an 45 NASH-Patienten wurde festgestellt, dass Vitamin
E in Kombination mit Vitamin C bei NASH-Patienten zu einer signifikanten Verbesserung
der Fibrose, nicht aber der Entzündung oder der ALAT führte [12]. Es wurde kritisiert, dass sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Verum-und
Plazebogruppe fanden, die ebenfalls einen Rückgang der Fibrose aufwies [2]. Damit ist für Vitamin E beim Erwachsenen mit NASH bisher noch kein sicherer
Therapieerfolg nachgewiesen worden.
Betain
Betain ist ein natürliches Stoffwechselprodukt von Cholin. Eine Cholin-defiziente
Ernährung führt im Tierversuch zur Entwicklung einer Steatohepatitis. In einer
Studie wurden 191 NASH-Patienten mit Betain oder einem Plazebo behandelt. In der
Verumgruppe kam es zur Abnahme der hepatischen Steatose und der Transaminasen
[22]. In einer weiteren Studie an 10 NASH-Patienten verbesserten sich die Transaminasen
zum Teil deutlich; histologisch nahmen Grad der Steatose, Entzündung und Fibrosierung
ab [1]. Eine Überprüfung dieser Erfolg versprechenden Substanz in weiteren Studien
muss abgewartet werden.
N-Acetylcystein
N-Acetylcystein erhöht den Glutathionspiegel und stärkt damit das wichtigste antioxidative
Prinzip in der Leber. Es führte in einer kleinen Studie an 11 Patienten zu einer
signifikanten Reduktion der Transaminasen und der g-Glutamyltranspeptidase (g-GT).
Die Arbeit ist bisher nur als Abstract veröffentlicht worden [10] und bedarf der Bestätigung.
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kurzgefasst: Eine etablierte Therapie der NASH gibt es derzeit nicht. Auf dem Boden bisheriger
Beobachtungen können als Grundlage der Behandlung bei Übergewichtigen und
Diabetikern eine vorsichtige Gewichtsreduktion durch Diät und körperliche Aktivität
und eine gute Zuckereinstellung angesehen werden. Bei Patienten mit Hyperlipidämie
scheint eine Lipidsenkung mit Statinen und bei Patienten mit bakterieller Überwucherung
des Dünndarms und Endotoxinämie eine Bereinigung der Grundbedingung evt.
unter Einsatz von Antibiotika eine günstige Wirkung auf den Verlauf der NASH
zu haben.
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Fazit
Bisher gibt es keine allgemein als wirksam anerkannte Behandlung der NASH. Die
pathophysiologischen Erkenntnisse haben jedoch eine Reihe gut begründeter Hypothesen
für eine aussichtsreiche Therapie hervorgebracht. Die meisten klinischen Studien
sind sehr klein und wegen dadurch bedingter methodischer Probleme (wie „sampling
error” bei der Leberbiopsie oder „regression to mean”) nur beschränkt aussagekräftig
[6]. Größere gut kontrollierte Studien sind erforderlich, um entscheiden zu können,
ob und welche Medikamente für welche Patienten zu empfehlen sind. Ebenso ist abzuwarten,
ob Maßnahmen, die in tierexperimentellen Studien zu positiven Ergebnisse geführt
haben, beim Menschen eine therapeutische Option darstellen.