Bei 0,5 bis 1% aller Schwangeren werden fetale Harnwegsanomalien entdeckt. Diagnostische
Methode der Wahl ist der fetale Ultraschall. Eine sichere Diagnose ist besonders bei
adipösen Müttern und Vorliegen eines Oligohydramnion schwierig. Zur Bestätigung von
Verdachtsdiagnosen gewinnt die Magnetresonanztomographie an Bedeutung.
Besonders folgende Fragen sind im Hinblick auf die Prognose und gegebenenfalls die
Empfehlung zum Schwangerschaftsabbruch wichtig: Welche Malformation liegt tatsächlich
vor? Ist diese bilateral ausgebildet? Insbesondere letzerer Gesichtspunkt hat wesentliche
Relevanz für die Chancen des ungeborenen Kindes. Beidseitige Missbildungen haben eine
signifikant schlechtere Prognose als unilaterale Veränderungen. Am Erasmushospital
der Universitätsklinik Brüssel wurden 16 Feten mit dem Verdacht auf eine Harnwegsanomalie
zusätzlich zur Sonographie mit MRT untersucht (AJR 2004; 182: 689-695). Alle Schwangeren waren im dritten Trimenon. Das Gestationsalter lag zwischen der
27. und 37. Schwangerschaftswoche. Die MRT wurde ohne Nebenwirkungen toleriert. Aufgrund
schneller Bildsequenzen wurde die Bildqualität durch kindliche Bewegungen nicht beeinträchtigt.
Eine Sedierung der Mütter war nicht erforderlich.
Das Miktionszystourethrogramm zeigt einen bilateralen vesikoureteralen Reflux bei
einem 8 Monate altem Jungen. Mittels MRT lassen sich bereits pränatal Vorhersagen
zu Harnwegsanomalien treffen (Bild: Komplexe bildgebende Diagnostik - Becken. Thieme 1994).
Die MRT liefert wichtige Zusatzinformationen
Die MRT liefert wichtige Zusatzinformationen
Konkordante Ergebnisse für Ultraschall und MRT ergaben sich in 11 von 16 Fällen. Zusätzliche
Informationen erbrachten 5 MRT. Beim ersten Fetus bestanden sonographisch eine bilaterale
Hydronephrose und der Verdacht auf eine ureteropelvine Obstruktion. Im MRT fanden
sich darüber hinaus dilatierte Ureteren als Argument für einen bilateralen Reflux
oder eine ureterovesikale Obstruktion. Letztere wurde postnatal durch Urethrozystographie
bestätigt. In einem weiteren Fall konnte der Verdacht auf ein zusätzliches megazystisches
Mikrokolon nur mit MRT ausgeschlossen werden. Zwei andere Kinder hatten im Ultraschall
hyperechogene Nieren. Die Diagnosen lauteten nach der MRT autosomal rezessive polyzystische
Nierenerkrankung und Jeune's Syndrom, die sich autoptisch bestätigten. Bei einer weiteren
Mutter mit Oligohydramnion hatte sich in der 26. Schwangerschaftswoche sonographisch
eine hypoplastische Einzelniere bei wenig gefüllter Blase dargestellt. In der MRT
fehlte das Nierenparenchym komplett. Die additiven Informationen durch die MRT führten
in 3 Fällen zum Schwangerschaftsabbruch. Auf der anderen Seite wurden bei 2 Feten
schwerwiegende Befunde ausgeschlossen, was zu einer Fortsetzung der Schwangerschaften
führte.
Die exaktere Diagnose nach MRT ermöglichte grundsätzlich eine zuverlässigere Beurteilung
der postnatal zu erwartenden Situation. Eltern und Ärzte waren vorbereitet und konnten
sich auf den möglichen Verlauf einstellen.
Dr. Susanne Krome, 's-Hertogenbosch