Balint Journal 2004; 5(4): 104-108
DOI: 10.1055/s-2004-835831
Original
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der „Kannibale von Rotenburg”: Betrachtung eines gesellschaftlichen Entsetzens oder die Angst vor der Verführbarkeit

The ”Cannibal of Rotenburg”: An Analysis of Public Disgust or The Fear of SeductibilityW. T. Kanzow1
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Marburg-Süd (Ärztl. Direktor: Dr. W. Th. Kanzow)
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Publication Date:
07 December 2004 (online)

Zusammenfassung

Gegenstand dieser Betrachtung ist die Reaktion der Öffentlichkeit auf den Prozess des so genannten „Kannibalen von Rotenburg”. Ausgehend von Presseveröffentlichungen wird das Entsetzen der Gesellschaft zurückgeführt auf eine eigene bedrohliche Verführbarkeit. In jenem hässlichen Spiegel des Kannibalen zeigt sich die Verführbarkeit als ein Teil der Ambivalenz von Freiheit/Ungebundenheit bei gleichzeitiger Entwertung des Lebens. Der Psychiatrie wird dabei die Rolle der Entledigung von Verantwortlichkeit zugewiesen, eine Rolle, die sie - leider ebenso verführbar - nicht abgeneigt ist zu übernehmen.

Abstract

The following article examines the public’s reaction to the trial of the so called „Cannibal of Rotenburg”. Society’s disgust of the crime reveals society’s seductibility: Seductibility is part of the ambivalence between freedom/independence and life’s loss in value. In this situation psychiatry is burdened with the role of disposing responsibility. Psychiatry - equally seductible - is not reluctant to comply.

Dr. Walter Thomas Kanzow

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Marburg-Süd

Cappelerstr. 98

D 35039 Marburg

Email: wth.kanzow@kpp-marburg-sued.de

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