Kernaussagen
Biomarker-Anforderungen. Ein verlässlicher Biomarker könnte das Krankheitsmanagement bei Herzinsuffizienz
wesentlich verbessern, da
die Symptomatik einer Herzinsuffizienz oft unspezifisch ist,
Verlaufs- und Therapiekontrollen im Praxisalltag im Wesentlichen auf subjektive Angaben
des Patienten (NYHA-Stadium) beschränkt sind und
die klinische Umsetzung einer leitliniengerechten Therapie bislang häufig nicht optimal
ist.
Potenzielle Biomarker. Potenzielle Biomarker leiten sich aus der Pathophysiologie der Herzinsuffizienz ab.
Durch Aktivierung neurohumoraler sowie immunmodulierender Systeme kommt es in Abhängigkeit
vom Schweregrad der Herzinsuffizienz zu einer Zunahme der Plasmakonzentrationen zahlreicher
Mediatoren, wie beispielsweise Noradrenalin, Endothelin, IL-6 und TNF-α (Tab. [2]). Mit Ausnahme der natriuretischen Peptide sind diese als Herzinsuffizienzmarker
jedoch nicht praxistauglich, weil
ihre Sensitivität und Spezifität zu gering ist,
sie durch Medikamente und andere exogene Faktoren krankheitsunabhängig beeinflusst
werden
ihre Präanalytik und Analytik zu komplex ist.
Natriuretische Peptide. Natriuretische Peptide haben als Biomarker den Vorteil, dass sie in Abhängigkeit
von der kardialen Wandspannung direkt aus Kardiomyozyten freigesetzt werden. Als Spiegel
der linksventrikulären Funktion eignen sich BNP und NT-proBNP besonders als Herzinsuffizienzmarker.
Beide sind durch eine unkomplizierte Präanalytik (unter anderem hohe Probenstabilität)
charakterisiert, was sie für den Praxisalltag besonders attraktiv macht.
In der Primärdiagnostik erlauben BNP und NT-proBNP
bei unklarer Symptomatik den Ausschluss einer kardialen Dysfunktion (hoher negativer
prädiktiver Wert) und
die Identifizierung asymptomatischer Patienten mit einer manifesten linksventrikulären
Funktionseinschränkung insbesondere bei solchen mit einem erhöhten Risiko für eine
Herzinsuffizienz (hohe Sensitivität).
Die Plasmaspiegel von BNP und NT-proBNP steigen sowohl bei einer systolischen als auch (in geringerem
Maße) bei einer diastolischen Funktionsstörung an. Sie erlauben eine Objektivierung
des Schweregrads einer Herzinsuffizienz und eine von anderen Prognoseparametern, wie
beispielsweise LVEF, unabhängige Risikoeinschätzung, was sowohl für die Akutsituation
(kardiale Dekompensation, Myokardinfarkt) als auch im chronischen Stadium einer kardialen
Dysfunktion gilt.
Die Plasmaspiegel von BNP und NT-proBNP verändern sich parallel mit den kardialen
Füllungsdrucken und eignen sich daher potenziell zur Verlaufskontrolle. Auch den Veränderungen der Plasmaspiegel von BNP und NT-proBNP im Krankheitsverlauf
kommt eine prognostische Bedeutung zu. Ob sich aus einer mittels BNP bzw. NT-proBNP
gesteuerten Therapiekontrolle und -optimierung auch ein prognostischer Nutzen ergibt, muss noch in praxisnahen Multicenter-Studien
bestätigt werden, zumal die unterschiedlichen Therapiemodalitäten zeit- und dosisabhängig
heterogene Einflüsse auf die Plasmakonzentrationen von BNP und NT-proBNP haben können.
Als objektives Maß der Güte der Therapieeinstellung könnten BNP und NT-proBNP im Praxisalltag
grundsätzlich auch zur Verbesserung der Compliance der Patienten genutzt werden.
BNP und NT-proBNP stellen somit eine wertvolle Erweiterung der nichtinvasiven diagnostischen
Möglichkeiten dar, wenn beim Einsatz in Praxis und Klinik folgende Hinweise beachtet werden:
Die Plasmaspiegel von BNP und NT-proBNP nehmen mit dem Alter zu, liegen bei Frauen
höher als bei Männern und werden durch die Nierenfunktion (ab einem Serumcreatinin
von 2 mg/dl erschwerte Interpretation) beeinflusst.
Die Plasmaspiegel von BNP und NT-proBNP erlauben keine Rückschlüsse auf Form und Ätiologie
einer kardialen Dysfunktion und können daher die Echokardiographie nicht völlig ersetzen.
Eine KHK als Ursache einer unspezifischen Beschwerdesymptomatik lässt sich mit Hilfe
von BNP und NT-proBNP nicht ausschließen.
Unter optimierter Herzinsuffizienztherapie können die Plasmaspiegel von BNP und NT-proBNP
trotz manifester kardialer Dysfunktion in den Normbereich sinken.
Weitere potenzielle Indikationen für zukünftige Einsatzmöglichkeiten von BNP und NT-proBNP
könnten sein: Verlaufskontrolle und Stellung der Operationsindikation bei diversen
Herzklappenerkrankungen und die Risikoeinschätzung bei akutem Koronarsyndrom.