Aspergillosen sind schwere infektiologische Komplikationen, die besonders bei Patienten
mit lang anhaltender Neutropenie auftreten. War bis vor kurzem Amphotericin B der
Standard zur Therapie invasiver Aspergillosen, hat sich die Situation heute geändert,
nachdem inzwischen verschiedene Alternativen zur Verfügung stehen. So sind beispielsweise
die eher unzureichenden Ansprechraten stark immunsupprimierter Patienten bei einer
Dosierung von 1 mg/kgKG ein Nachteil von Amphotericin B. Bei höheren Dosierungen (>
1 mg/kgKG) steigen zwar die Ansprech- zugleich jedoch auch die Komplikationsraten
(Nierenversagen). Besser verträglich und mit weniger Nebenwirkungen belastet sind
Lipidpräparate des Amphotericin B (liposomales Amphotericin B), sie mildern die Nebenwirkungen
und können daher höher dosiert werden.
Eine aktuelle Therapiealternative ist Voriconazol, ein relativ neues Breitspektrum-Triazol,
das insbesondere auch bei Aspergillus spp. hohe Ansprechraten aufweist. Das Triazol
ist intravenös und oral anwendbar, die mittlere Dosierung beträgt i.v. 4mg/kgKG alle
zwölf Stunden, die orale Dosis 200 mg alle zwölf Stunden. Seit August letzten Jahres
steht Voriconazol auch als Trockensaft (Voriconazol 40 mg/ml Pulver) zur Verfügung.
Welche Alternative ist kostengünstiger?
Welche Alternative ist kostengünstiger?
Die reinen Arzneikosten für Voriconazol sind höher als für Amphotericin B. Doch lässt
sich das Triazol bei schweren Pilzinfektionen - insbesondere mit Aspergillus spp.
- aufgrund seiner guten Wirksamkeit und unproblematischen Anwendung dennoch kosteneffektiver
einsetzen als Amphotericin B? Um diese Frage zu klären, wird hier mithilfe einer Publikation
von Herbrecht und seinen Mitarbeitern ([1]) ein Modell erstellt, das die Behandlungskosten aus deutscher Sicht analysiert.
Dabei berücksichtigt diese Arbeit den Einfluss der Effektivität beider Substanzen
in einer so genannten pharmakoökonomischen Kosten-Effektivitäts-Analyse. Als Berechnungsgrundlage
dienen die Ansprechraten verbunden mit der Dauer der Behandlung, dem Wechsel auf ein
anderes Antimykotikum bei Unwirksamkeit oder Unverträglichkeit und die Kosten für
die Therapie.
Herbrecht beschäftigte sich in seiner Arbeit mit der Primärtherapie invasiver Aspergillosen
bei neutropenischen Patienten - entweder mit Amphotericin B oder mit Voriconazol.
Er verabreichte Voriconazol in den ersten zehn Therapietagen intravenös (Dosierung
zweimal 200 mg), anschließend führte er die Therapie in der gleichen Dosierung oral
fort. Die Patienten der Vergleichsgruppe dagegen erhielten zehn Tage lang Amphotericin
B in einer Dosierung von 1 mg/kgKG. Auch in den folgenden Tagen wurde diese Therapie
weitergeführt. Traten Unverträglichkeiten auf die jeweilige Therapie auf oder sprachen
die Patienten nicht auf die Medikation an, war in beiden Gruppen ein Wechsel auf eine
andere zugelassene antimykotische Therapie (OLAT, "other licensed antifungal therapy")
möglich.
Insgesamt lagen bei 144 Patienten der Voriconazolgruppe und bei 133 Patienten der
Amphotericin-B-Gruppe eine gesicherte invasive Aspergillose und Immunsuppression vor,
und die Patienten erhielten mindestens eine Dosis der entsprechenden Therapieoption
(modifizierte ITT-Population). Die meisten Studienteilnehmer waren zuvor einer allogenen
Stammzelltransplantation zugeführt worden - bei hämatologischer Neoplasie, aplastischer
Anämie und anderen immunsupprimierenden Erkrankungen.
Ziel dieser randomisierten, allerdings nicht verblindeten Studie war ein Vergleich
des kompletten oder partiellen Ansprechens der Probanden. Dabei war das komplette
Ansprechen als ein vollständiges Verschwinden der klinischen Symptomatik und die Rückbildung
der radiologisch nachweisbaren Läsionen um mehr als 90% definiert. Ein partielles
Ansprechen lag dann vor, wenn sich der klinische Zustand der Patienten besserte und
sich die Läsionen um mindestens 50% zurückbildeten. Grundsätzlich war die Untersuchung
auf die Nichtunterlegenheit von Voriconazol gegenüber Amphotericin B nach zwölfwöchiger
Therapie angelegt.
Größerer Therapieerfolg unter Voriconazol
Größerer Therapieerfolg unter Voriconazol
Die Patienten der Voriconazolgruppe sprachen deutlich besser auf die Therapie an als
die Patienten des Amphotericin-B-Vergleichsarms der Studie (Tab. [1]). Zudem überlebten unter Voriconazol deutlich mehr Patienten als unter Amphotericin
B (Tab. [1]). Unterschiede zwischen den beiden Therapiearmen bestanden auch darin, wie häufig
die Patienten einer anderen antimykotischen Therapie zugeführt werden mussten: So
erhielten unter Voriconazol 52 Patienten ein alternatives Therapieregime. Deutlich
mehr Patienten - nämlich 104 - mussten die Amphotericin-B-Therapie absetzen. Zudem
traten nur bei 1% der Patienten unter Voriconazol Nierenfunktionsstörungen auf, mit
10% war die Rate in der Amphotericin-B-Gruppe deutlich höher.
Pharmakoökonomische Untersuchung
Pharmakoökonomische Untersuchung
Die finanziellen Aufwendungen der Therapie wurden für die stationäre Phase anhand
der Preise der Arzneimittel der Krankenhausapotheke des Klinikums Augsburg berechnet.
Der ambulanten Phase wurden dagegen die üblichen Verkaufspreise der Apotheken zugrunde
gelegt (Brutto-Preise, Stand August 2004).
Obwohl in der Kalkulation anstelle von Voriconazol i.v. die neue, preisgünstigere
Variante als Trockensaft (Voriconazol 40 mg/ml Pulver) einfloss, ist davon auszugehen,
dass das klinische Ergebnis mit der in der Studie verwendeten i.v.-Form identisch
ist. Demnach kostet die Voriconazoltherapie 6360 Euro, die Amphotericin-B-Therapie
3600 Euro pro Patient. Da die Applikationszeiten aus der Publikation nicht im Detail
zu entnehmen sind, wurden sie danach geschätzt, wie sie generell zu erwarten wären.
Zwar sind die direkten Medikamentenkosten pro Patient mit 6380 Euro für Voriconazol
fast doppelt so hoch wie die für Amphotericin B (3600 Euro). Die inkrementalen, also
zusätzlichen Kosten betragen demnach für Voriconazol 2780 Euro. Die Situation ändert
sich jedoch, wenn man die Effektivität der beiden Therapieoptionen mit berücksichtigt
- in der Herbrecht-Studie betrugen die Ansprechraten unter Voriconazol 52,8%, die
unter Amphotericin B nur 31,6%: Dann entsprechen sich beide Alternativen in etwa (Tab.
[2]).
Der ICER, also der Quotient der inkrementalen Kosten und der inkrementalen Effektivität,
beträgt für die Voriconazolgruppe 13113,21 Euro pro Ansprechen auf die Therapie. Dieser
Wert liegt weit unter dem frei gewählten Schwellenwert (so genannter "threshold value")
von 50000 Euro pro Effekt. Und mit steigender Effektivität sinkt der ICER exponentiell
(Abb. [2]).
Fazit
Fazit
Pilzinfektionen sind für immunsupprimierte Patienten lebensbedrohlich. Die Behandlungsstrategie
muss daher eine sinnvolle Prophylaxe, eine schnelle Diagnostik und eine wohl überlegte
Therapie beginnend mit einem effektiven Antimykotikum sein. Dies wäre beispielsweise
ein Triazol-Antimykotikum wie Voriconazol. Bei Eintreffen der Diagnose und Bestätigung
der Aspergillose ist Voriconazol Mittel der ersten Wahl.
Aus Kostengründen ist es sinnvoll, schnellstmöglich von Voriconazol i.v. auf den neuen
Voriconazol-Trockensaft (40 mg/ml) oder auf Voriconazol oral zu wechseln, was wegen
der hohen Bioverfügbarkeit der oralen Gabe von über 90% problemlos möglich ist.
Die Therapie der gesicherten Aspergillose mit Voriconazol ist kosteneffektiv. Die
inkrementalen Kosten im Vergleich zu anderen Antimykotika liegen bei etwa 13100 Euro
pro Ansprechen auf die Therapie. Da ein Nichtansprechen mit einer hohen Letalitätsrate
verbunden ist und der Schwellenwert deutlich unter der international üblichen Grenze
von 50000 Euro liegt, ist die Therapie mit Voriconazol gegenüber der mit Amphotericin
B kosteneffektiv.
Dr. Chr. Bannert, Augsburg