Anamnese
Anamnese
Eine 76-jährige Patientin stellte sich mit einer seit 12 Stunden bestehenden Ruhedyspnoe
in der Notaufnahme vor. Sie hatte keine typischen pectanginösen Beschwerden, berichtete
aber über eine schon länger (ca. 1 Jahr) bestehende Belastungsdyspnoe (zuletzt 100
m auf der Ebene) sowie eine Orthopnoe (2 Kissen). Anamnestisch waren ein bisher nicht
medikamentös behandelter arterieller Hypertonus sowie ein Nikotinabusus (ca. 40 packyears)
bekannt. Die Verdachtsdiagnose lautete akute Dekompensation einer Herzinsuffizienz.
Differenzialdiagnostisch kamen u. a. ein subakuter Myokardinfarkt, eine Lungenarterienembolie
sowie eine Pneumonie oder infektexarzerbierte COPD in Frage.
Klinischer Untersuchungsbefund
Klinischer Untersuchungsbefund
Bei bei der adipösen (BMI 29) und sehr ängstlichen Patientin zeigten sich eine Tachypnoe
(Atemfrequenz 31/min), ein verlängertes Exspirium und feuchte Rasselgeräusche in den
basalen Abschnitten beider Lungenfelder. Die Temperatur war nicht erhöht. Der Blutdruck
betrug 190/95 mmHg, die Herzfrequenz lag bei 98/min, regelmäßig. Der Jugularvenenpuls
war biphasisch und der mittlere Venendruck mit 12 cm erhöht. Auskultatorisch fanden
sich ein 4. Herzton, jedoch kein 3. Herzton oder vitientypische Geräusche. Bis auf
geringe prätibiale Unterschenkelödeme war der weitere klinische Untersuchungsbefund
unauffällig.
Diagnostik
Diagnostik
Im 12-Kanal-EKG zeigten sich eine Sinustachykardie mit 102/min. sowie deszendierende ST-Streckensenkungen
mit präterminal-negativen T-Wellen in den inferolateralen Ableitungen; spezifische
ischämietypische Kammerendteilveränderungen waren nicht vorhanden. Laborchemisch waren die herzspezifischen Enzyme nicht erhöht, die D-Dimere waren negativ. Das Blutbild
war normwertig, es gab keinen Anhalt für eine akute Infektkonstellation. Neben einer
leichten Erhöhung des Serumkreatinins auf 1,3 mg/dl fiel insbesondere ein NT-proBNP Wert von 523 pmol/l auf. Pulsoxymetrisch betrug anfänglich die periphere Sauerstoffsättigung
88 %. Echokardiographisch wurde die systolische Ejektionsfraktion mit 58 % bestimmt. Der linke Ventrikel war
konzentrisch hypertrophiert mit mittelgradiger linksatrialer Dilatation und altersentsprechend
unauffälligem Klappenstatus. Es fanden sich keine Zeichen der Rechtsherzbelastung.
Dopplerechokardiographisch konnte eine diastolische Funktionsstörung, Schweregrad
II (Stadium der Pseudonormalisierung), festgestellt werden. Im Röntgen-Thorax ergaben sich perihiläre schmetterlingsförmige Lungenverschattungen im Sinne eines
intraalveolären Lungenödems.
Therapie und Verlauf
Therapie und Verlauf
Die Diagnose lautete: dekompensierte diastolische Herzinsuffizienz bei hypertensiver
Herzerkrankung. Unter Sauerstoffgabe (6 l über Nasenbrille) in sitzender Lagerung,
Nitro sublingual und leichter Sedierung (2,5 mg Morphin) stabilisierte sich die periphere
O2-Sättigung bei Werten zwischen 90 und 95 %. Auf die Gabe von repetitiven Furosemid-Boli
(initial 40 mg i. v.) wurde das Lungenödem zügig ausgeschwemmt. Bezüglich der arteriellen
Hypertonie gelang es zeitgleich, durch Nitroprussid i. v. den Blutdruck auf 130/80 mmHg
und somit die Nachlast effektiv zu senken. Bei fortbestehender Tachykardie wurde zur
Frequenzregulation die blutdrucksenkende Therapie um einen b-Rezeptorenblocker erweitert.
Innerhalb der ersten 24 Stunden nach Aufnahme kam es zu einer vollständigen Rekompensation.
Aufgrund des ausgeprägten kardiovaskulären Risikoprofils wurde die Indikation zur
invasiven Koronardiagnostik gestellt. Dabei wurde eine stenosierende koronare Herzkrankheit
ausgeschlossen. Der deutlich erhöhte linksventrikuläre enddiastolische Druck (LVEDP
> 20 mmHg) untermauerte die Verdachtsdiagnose einer diastolischen Herzinsuffizienz.
Während des weiteren stationären Verlaufs wurde eine antihypertensive und diastolische
Herzinsuffizienztherapie bestehend aus Diuretikum (Hydrochlorothiazid), AT1-Rezeptorantagonist
(CHARM-Studie), und b-Blocker (SWEDIC-Studie) begonnen.
Fazit
In diesem Fall konnte die Diagnose der diastolischen Herzinsuffizienz aufgrund der
klinischen Herzinsuffizienzsymptome, der erhaltenen systolischen linksventrikulären
Funktion und dem echokardiographischen Nachweis einer diastolischen Dysfunktion gestellt
werden. Der klinische Untersuchungsbefund alleine erlaubt meist nicht, zwischen einer
systolischen und diastolischen Herzinsuffizienz zu differenzieren. Die medikamentöse
Dauertherapie ist nach den Zielen Symptomkontrolle, optimale Blutdruckeinstellung,
Hypertrophieregression und Herzfrequenzkontrolle ausgerichtet.