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DOI: 10.1055/s-2005-870610
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Hepatitis-B-Prävalenz wird unterschätzt - Größtes HBV-Reservoir sind Migranten
Publication History
Publication Date:
30 May 2005 (online)
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ordnet alle Länder zu Regionen mit niedriger bis hoher (0,5 bis > 8%) Prävalenz chronischer Hepatitis-B-Endemie. Deutschland zählt zu den Niedrig-Endemiegebieten mit einer HBsAg-Prävalenz (Hepatitis-B-Oberflächenantigen) von etwa 0,6% in der erwachsenen Bevölkerung. Doch dieses Bild trügt, so Prof. A. Krämer, Bielefeld.
#Bedenkliche Unterversorgung von Migranten
Daten neuester Studien belegen, dass in Ländern mit niedriger Hepatitis-B-Prävalenz neben den üblichen Risikogruppen vor allem Migranten aus Gebieten mit mittlerer und hoher Prävalenz das epidemiologische Geschehen beeinflussen. So sind 42% der HBsAg-Träger in Deutschland Spätaussiedler und Ausländer. Im Vergleich zu in Deutschland geborenen Personen ohne Migrationshintergrund bezifferte Krämer das Risiko für eine chronische Hepatitis-B-Virusinfektion für Aussiedler mit durchschnittlich 7,1-mal und für im Ausland geborene Personen mit 4,3-mal so groß.
Krämer forderte stärkere Präventionsbemühungen, um eine Unterversorgung bei Impfungen und insbesondere bei Schwangeren auszugleichen. Seit über 20 Jahren gelten die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Risikogruppen, seit nunmehr zehn Jahren gibt es eine Empfehlung zur Impfung von Säuglingen bzw. Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Geburtstag.
#Therapeutische Optionen - Vor- und Nachteile abwägen
Die Indikation der antiviralen Therapie kann schwierig sein, wenn keine Korrelation zwischen Virusreplikation und entzündlicher Aktivität besteht und man die Prognose nur ungenau abschätzen kann. Nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) sollte eine antivirale Therapie bei allen HBV-Patienten eingeleitet werden, die eine deutliche entzündliche und replikative Aktivität aufweisen und bei denen ein Risiko für eine Leberzirrhose sowie deren Komplikationen vorliegt. HBsAg-Träger sollten nicht behandelt werden.
Als Parameter für gute Therapiechancen nannte Prof. C. Niederau, Oberhausen, hohe Entzündungsaktivität und geringe Virusreplikation. Zur Therapie der chronischen Hepatitis B stehen derzeit drei Therapieoptionen zur Verfügung, mit denen es jedoch bisher jedoch nicht gelingt bei den Virusträgern das HBsAg zu eliminieren: Interferon-α (seit 1992), Lamivudin (seit 2000) und seit 2003 das Nukleotidanalogon Adefovir.
Im Vergleich zu Interferon-α sind Lamivudin und Adefovir besser verträglich und können auch bei schlechter Leberfunktion zum Einsatz kommen. Entscheidender Vorteil von Adefovir sei seine im Vergleich zu Lamivudin nur minimale Resistenzbildung. So sind beim Nukleosidanalogon Lamivudin nach drei Jahren bereits 53% der Patienten und nach vier Jahren 70% resistent. Unter Adefovir dagegen sind nach drei Jahren weniger als 4% der Patienten von einer Resistenz betroffen.

Dr. D. Bomar, Linkenheim-Hochstetten
Quelle: Pressekonferenz "Hepatitis B in Deutschland: Wie viele Menschen sind wirklich betroffen?" im Rahmen der 111. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM); Veranstalter: Gilead Sciences GmbH, Martinsried bei München
