Der Klinikarzt 2005; 34(5): VI
DOI: 10.1055/s-2005-870612
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Die Beta-Zelldysfunktion ausgleichen - Insulinsekretion steigern, Proinsulinspiegel reduzieren

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Publication Date:
30 May 2005 (online)

 
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Insulinresistenz und Sekretionsstörung sind die beiden pathophysiologischen Komponenten, die den Diabetes mellitus Typ 2 bestimmen. Beide bestehen zur gleichen Zeit, sind aber unterschiedlich ausgeprägt, so Prof. A. Pfützner, Mainz. Das verminderte Ansprechen der Zellen auf Insulin steht gerade bei Menschen mit Übergewicht am Anfang des langen Weges hin zum Diabetes mellitus Typ 2. Klinisch manifest wird die Erkrankung aber erst, wenn die Betazelle die Insulinresistenz durch Mehrproduktion von Insulin nicht mehr kompensieren kann.

Als hochspezifischer Marker für die Beta-Zelldysfunktion hat sich in neueren Untersuchungen das Proinsulin erwiesen - eine Peptidkette aus 84 Aminosäuren, die in den Betazellen produziert und gespeichert wird. Durch die proteolytische Abspaltung vom C-Peptid entsteht aus Proinsulin Insulin.

Je mehr die Betazelle aber gefordert wird, desto mehr verliert sie an Dynamik und Sekretionsfähigkeit. Über die Zellmembran gelangt damit immer weniger Insulin, aber gleichzeitig mehr Proinsulin ins Blut und signalisiert so den fortschreitenden Zusammenbruch der Beta-Zellfunktion. Da Proinsulin nur ein Zehntel der blutzuckersenkenden Wirkung des Insulins, aber vermutlich die gleiche fettaufbauende Potenz besitzt und zudem die Fibrinolyse hemmt, trägt es wesentlich zum kardiovaskulären Risiko des Typ-2-Diabetikers bei, erklärte Pfützner.

"Zwei Fliegen mit einer Klappe"

Mithilfe der so genannten Inkretine gelingt es, die Beta-Zelle zu vermehrter Insulinsekretion und gleichzeitiger Abnahme der Proinsulinspiegel zu bewegen. Das "inkretin glucagon-like peptide 1 (GLP-1)" ist ein im Darm gebildetes Hormon, das bei Aufnahme von Nahrung freigesetzt wird, berichtete Prof. B. Göke, München. Es stimuliert die Insulinsekretion glukoseabhängig, senkt den Glukagonspiegel, verzögert die Entleerung des Magens und hemmt das Appetit- und Durstgefühl. Das Problem des natürlichen Peptids als Therapeutikum besteht in seiner extrem kurzen Halbwertszeit.

Die Lösung fand sich mit einem Wirkstoff im Speichel einer amerikanischen Krustenechse (Gila-Monster; Heloderma suspectum): Exendin ähnelt dem Inkretin, verhält sich aber deutlich stabiler. Exenatid wiederum ist das synthetisch hergestellte Äquivalent von Exendin und der erste Vertreter der Inkretin-Mimetika. In klinischen Studien bei fast 1500 Typ-2-Diabetikern hat Exenatid bereits seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, die Blutzuckerkontrolle signifikant zu verbessern und das Körpergewicht zu senken.

Martin Bischoff, München

Quelle: Presseworkshop "Typ-2-Diabetes: Den Ursachen auf der Spur", veranstaltet von der Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg