Das im Rahmen des 7. VPPRS-Workshops gehaltene Übersichtsreferat widmete sich den
verschiedenen Bedeutungen und Anwendungen, die eine broncho-alveoläre Lavage sowohl
im krankheits-induzierenden als auch experimentell-therapeutischen Einsatz bieten
kann. Diese Ergebniszusammenfassung aus tierexperimentellen Untersuchungen zur Pathomorphologie
und Pathophysiologie des akuten Atemnotsyndromes (ARDS) ist in 15 Publikationen [1]
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[15] sowie ergänzenden unveröffentlichten Ergebnissen unter Auswertung von insgesamt
4528 Versuchstieren dokumentiert worden. Dabei dienten atmungsphysiologisch-biochemische
Parameter (respiratorische Compliance, PaO2, PaCO2), radioaktiv-markiertes Surfactantmaterial (Substanzverteilung), histologische (H
& E, Spezialfärbungen), immunhistologische (Anti-rSP-C-Antikörper) und transmissionselektronen-mikroskopische
Untersuchungen sowie der konfokal-mikroskopische Nachweis von Fibrinogen in der Lunge
als Untersuchungsparameter. Den klinisch-physiologischen und biochemischen Parametern
wurde eine validierte pathomorphologische Analyse als zweite Beurteilungskomponente
gegenübergestellt. Diese Ergänzung des pathogenetischen Verständnisses des experimentellen
ARDS diente der Überprüfung von verschiedenen therapeutischen Effekten. Abb. [1] zeigt den Versuchsaufbau und die Untersuchungsparameter im Ratten-Lavagemodell.
Abb. 1 Versuchsaufbau und Untersuchungsparameter im Ratten-Lavagemodell.
Durch einen Vergleich mit anderen Tiermodellen wurde die Relevanz der gewählten Modelle
für die human-klinische ARDS-Situation hinterfragt. Die eigenen Untersuchungen zum
krankheits-induzierenden ARDS-Lavagemodell der Ratte zeigten eine gute Vergleichbarkeit
der histopathologischen Sequenz mit der Frühphase des exsudativen Stadiums des humanen
ARDS, allerdings in zeitlich geraffter Form. Dabei erwies sich die kodierte semiquantitativ-histopathologische
Bewertung der pulmonalen Ödembildung, des Einstromes von neutrophilen Granulozyten
und insbesondere der Bildung von hyalinen Membranen als eine dem menschlichen ARDS
vergleichbare und valide Methode zur Beurteilung von Therapieeffekten (Abb. [2]).
Abb. 2 Zeitverlauf der histologischen Veränderung in der exsudativen Frühphase des ARDS im
Ratten-Lavagemodell; Hyal. M.: Hyaline Membranbildung; Marg.: Margination und Einwanderung
der neutrophilen Granulozyten in das Alveolargewebe; Edema: Interstitielles Lungenödem;
Hemorrh.: Intraalveoläre Blutungen.
Die Reproduzierbarkeit der Versuchsergebnisse sowie die Stabilität gegenüber zusätzlichen,
teilweise nicht beeinflussbaren Variablen belegen, dass das Ratten-Lavagemodell im
Vergleich zum porcinen oder IRDS-Schaflamm-Modell ein valides ARDS-Modell darstellt.
Im Vergleich zum Ratten-Lavagemodell ist das porcine ARDS-Modell methodisch aufwendiger,
zeigt eine höhere Streuung, verbraucht mehr Surfactantsubstanz und die histologischen
Parameter sind nicht so genau validiert. Prinzipiell ist aber eine gute Übereinstimmung
des porcinen und des Rattenmodells mit der ARDS-Symptomatik des Menschen zu konstatieren.
Die Entwicklung einer Surfactantlavagetherapie soll die Mengenbelastung der Lunge
durch Phospholipide senken und das Surfactant als Austauschmedium im ARDS-Geschehen
positiv zur Geltung bringen. Die positiven Erkenntnisse zur Surfactant-Spültherapie
in eigenen und fremden ARDS-Modellen deuten einen konzeptionellen Ansatz mit möglicherweise
hohem therapeutischen Wert an (Abb. [3] u. Abb. [4]). Die Spültherapie ist substanzsparend, reduziert die Bildung von hyalinen Membranen
(Abb. [5]) und zeigt eine noch bessere Verteilung von Surfactant und Wirkstoffen innerhalb
der Lunge.
Abb. 3 und 4 Arterieller Sauerstoffdruck unter therapeutischer Lungenlavage mit (Abb. 3) und ohne (Abb. 4) Zusatz von Surfactant Apoprotein C.
Abb. 3 und 4 Arterieller Sauerstoffdruck unter therapeutischer Lungenlavage mit (Abb. 3) und ohne (Abb. 4) Zusatz von Surfactant Apoprotein C.
Abb. 5 Vergleich der Therapieeffekte einer Instillation und einer therapeutischen Lavage
auf die Bildung von hyalinen Membranen. Der Score 0 bis 4 beschreibt den Schweregrad
der hyalinen Membranbildung im histologischen Schnitt.
Die therapeutische Lavage entfernt die das Surfactant inhibierenden Plasmaproteine
wie Fibrin (Abb. [6]), Komplement und die Entzündungszellen. Diese tierexperimentellen Erkenntnisse versprechen
bei Einsatz in der klinischen ARDS-Situation des Menschen eine gute Wirkung.
Abb. 6 Confocalmikroskopische Darstellung des Fibrineinstromes in das Alveolarlumen während
der exsudativen Frühphase des ARDS im Ratten-Lavagemodell.