Der 86. Deutsche Röntgenkongress und die Jubiläumsfeier "100 Jahre Deutsche Röntgengesellschaft"
haben trotz des Umzugs nach Berlin und in das noch gewöhnungsbedürftige Umfeld der
Messehallen im Südbereich nochmals mehr Teilnehmer für sich gewinnen können als dies
der ebenfalls sehr erfolgreiche "Abschiedskongress" von Wiesbaden erreichte. So kamen
insgesamt 6 870 (2004: 6 430) Teilnehmer nach Berlin. (Ärzte/Physiker/Naturwissenschaftler:
3600 gegenüber 3 420; Besucher des Industrieforums: 2150 gegenüber 2100; MTRA: 1040
gegenüber 910; Sonstige Besucher: 80)
Besonders ermutigend für die Veranstalter war das große Engagement der Industrie,
die in den Hallen 2.1 und 4.1 ihre Produkte und Leistungen sehr übersichtlich präsentierte
und sich über eine große Resonanz der Besucher freuen konnte. Die von den Informationsständen
belegte Fläche stieg um 50% (4850m2 gegenüber 3150 m2).
Höhepunkte des Kongresses waren ohne Zweifel die beiden Festredner Prof. Dr. h.c.
Lothar Späth und Prof. Dr. Ernst-Peter Fischer. In seinem Eröffnungsvortrag attackierte
Lothar Späth die erschreckende Lethargie unserer Gesellschaft und ihrer politischen
"Elite" und rief zu mehr Mut und Risikobereitschaft auf. Die Einführung technischer
Innovationen bedeute immer auch die Bereitschaft, sich vom Althergebrachten zu trennen
und Neues zu wagen. Seine knappen Analysen gepaart mit gelegentlich bissigem Humor
riefen immer wieder zustimmenden Beifall hervor. In seinem Festvortrag "Der Durchblick
des Jahrhunderts - Welt- und Menschenbilder seit den Tagen von Röntgen" anlässlich
der Jubiläumsfeier am 5. Mai im Schlüterhof demonstrierte Ernst Peter Fischer das
mit der Entdeckung Wilhelm Conrad Röntgens keineswegs die Welt und der Mensch "durchsichtiger"
geworden sind. In einem fesselnden Gedankenbogen zeigte er auf, dass mit dem Durchblick
des Jahrhunderts das Geheimnis des Menschen und des Menschseins trotz aller faszinierenden
Entdeckungen keineswegs seiner Entschlüsselung näher gekommen ist. Den Text des Vortrages
finden Sie auf Seite 923 dieser Ausgabe abgedruckt.
Nach einer musikalischen Einleitung durch das Jazzensemble indigo-moon der Berliner
Hanns-Eisler-Hochschule für Musik begrüßte der Kongresspräsident Prof. Dr. Dr. h.c.
Karl-Jürgen Wolf die zahlreich erschienen Ehrengäste, Gäste und Teilnehmer des Kongresses.
Er verwies darauf, dass die "Röntgenvereinigung zu Berlin" den ersten Röntgenkongress
vor hundert Jahren einberufen hatte und dass die führenden Radiologen diesen Kongress
zum Anlass nahmen, die Deutsche Röntgengesellschaft am 2. Mai 1905 zu gründen. Die
Entwicklung der Radiologie in Deutschland sei von zahlreichen Pionieren geprägt worden,
einige von ihnen wolle die DRG durch die Benennung der Vortragssäle mit ihren Namen
in Erinnerung rufen. Besonders hervor hob Wolf den Pionier Max Immelmann, der sich
um die Heranbildung von Hilfskräften, den späteren MTRA, verdient gemacht habe. Die
deutsche Radiologie verfüge im internationalen Vergleich über einen hervorragenden
Ruf, dies werde u.a. durch eine 1992 durchgeführte Untersuchung der Universität Leiden
belegt. Hier nimmt die deutsche Radiologie in der englischsprachigen Fachliteratur
den 2. Platz bezüglich des Impacts ein. Dieser hohe Standard der Radiologie sei ein
klares Zeichen für die hohe Innovationskraft unseres Faches. Der Kongresspräsident
dankte den Vertretern der Industrie für ihre Unterstützung und wies darauf hin, dass
in der Forschung und Entwicklung die gute Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und
Industrie sich in der Radiologie wie in kaum einem anderen Fach hervorragend bewährt
hat.
Im Rahmen der Eröffnungsfeier erhielten Frau Prof. Dr. Hedvig Hricak aus New York
und Herr Prof. Dr. Manfred Thelen aus Mainz aus der Hand des Präsidenten die Urkunden
als Ehrenmitglieder der DRG übergeben. Herr Prof. Dr. Antonio Chiesa aus Brescia war
leider wegen einer Erkrankung verhindert, die Urkunde als Ehrenmitglied entgegenzunehmen.
Herr Prof. Dr. Willi A. Kalender erhielt die Hermann-Rieder-Medaille für seine außerordentlichen
wissenschaftlichen Beiträge zur Medizinphysik und zur Weiterentwicklung der Computertomographie.
Mit dem Holthusenring 2005 wurde Herr PD Dr. Martin Bendszus aus Würzburg ausgezeichnet.
Der Wilhelm-Conrad-Röntgenpreis 2005 wurde an Frau Dr. med. Heike Elisabeth Daldrup-Link
(Abteilung Radiologische Diagnostik des Klinikums Rechts der Isar der TU-München)
für ihre Arbeit: "Neue Entwicklungen für die MRT des Knochenmarks" verliehen.
Anlässlich des Jubiläums der DRG hatte die Preisjury entschieden, einen einmaligen
Jubiläums-Forschungs-Preis "100 Jahre Deutsche Röntgengesellschaft" zu vergeben. Der
Preis ging an Herrn Dr. med. Dipl. Phys. Martin Taupitz (Institut für Radiologie an
der Charité, Campus Mitte) für seine Arbeit: "Ein neues Kontrastmittel für die MTR
auf der Basis Citrat-stabilisierter magnetischer Eisenoxid-Nanopartikel".
Den Walter-Friedrich-Preis 2005 erhielt Herr PD Dr. med. Andreas Mahnken (Klinik für
Radiologische Diagnostik der RWTH Aachen) für seine Arbeit: ("Mehrschicht-Spiral
CT des Herzens: In vitro, tierexperimentelle und klinische Ergebnisse"
Im Rahmen der Mitgliederversammlung wurden die Preisträger für den Felix-Wachsmann-Preis
2005 ausgezeichnet. Die diesjährigen Preisträger sind: Prof. Rainer Klöppel (Institut
für Bildgebende Diagnostik, Klinikum Chemnitz), Prof. Dr. med. Alexander Mundinger
(Klinik für Radiologie des Marienhospital in Osnabrück) , Prim. Dr. med. Gerd Reuther
(Institut für Bildgebende Diagnostik, Privatiklinik und Ambulatorium Döbling, Wien),
PD Dr. med. Rainer Schmitt (Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie,Herz-
und Gefäßklinik GmbH, Bad Neustadt an der Saale) , PD Dr. med. Siegfried Tuengerthal
(Röntgenabteilung am Krankenhaus Rohrbach, Heidelberg), Prof. Dr. med. Friedhelm Zanella
(Institut für Neuroradiologie am Universitätsklinikum in Frankfurt/Main).
Das Werner-Porstmann-Stipendium 2005, gespendet von der Boston-Scientific GmbH zur
Unterstützung einer wissenschaftlichen Studie in der Interventionellen Radiologie,
erhielt Dr. med. Jens Schneider von der Radiologischen Klinik der Universität Mainz,
für das Projekt: "Computerassistierte Planung und Navigation bildgeschützter minimal-invasiver
therapeutischer Eingriffe an Thorax und Lunge unter Berücksichtigung der Atemlage"
In seiner Rede anlässlich der Jubiläumsfeier zitierte der scheidende Präsident Prof.
Dr. Bernd Hamm aus der Eröffnungsrede des ersten Präsidenten der DRG, Prof. Dr. Richard
Eberlein, zum Röntgenkongress 1905 den folgenden Passus: "Wenn auch Geheimrat Röntgen
seinerzeit die Frage der eventuellen Verwertbarkeit seiner neuen Strahlen für die
Medizin und die Technik unerörtert ließ, so war doch davon auszugehen, daß Ärzte,
Physiker und Techniker alles daransetzen würden, diese wunderbaren Strahlen für die
Medizin und die Technik nutzbar zu machen. Mit außerordentlichem Eifer und ungeahntem
Erfolg haben Wissenschaft und Technik an der Ergründung und Vervollkommnung der Röntgenstrahlen
gearbeitet. Die neuen Entdeckungen und Aufschlüsse folgten schnell aufeinander. Stein
konnte auf Stein gelegt werden und schon nach wenigen Jahren war hieraus ein fest
gefügter Bau, ein einheitliches Ganzes, die Röntgenlehre, die Röntgenologie entstanden.
Die wissenschaftliche Berechtigung derselben, deren diagnostische und therapeutische
Bedeutung und deren praktisch-technische Tragweite stehen heute unantastbar da."
Prof. Hamm ergänzte diesen Rückblick von 1905 wie folgt: "Bereits der Röntgenkongress
1905 belegt, welch interdisziplinäre Basis unser Fach hat, ein Fundament was zwischenzeitlich
durch neue technische Errungenschaften und medizinischer Anwendung wie der Sonographie,
der Computertomographie, der Magnetresonanztomographie und der minimal invasiven therapeutischen
Verfahren deutlich ausgebaut worden ist." Hamm betonte, dass die Entdeckung der Röntgenstrahlen
ein Geschenk für die Menschheit war und dass es gerade Aufgabe der Radiologen sei,
dieses Erbe nicht nur zu bewahren sondern zu mehren.
Abschließend dankte er insbesondere Herr Prof. Erich Reinhardt von der Siemens AG
für die Unterstützung der Jubiläumsfeier und Herrn Albrecht Hauff, Mitinhaber des
Georg Thieme Verlags, für die großzügige Unterstützung bei der Herstellung des Festbandes
zur 100-Jahr-Feier. Der Thieme Verlag habe es der DRG durch seine großzügige Unterstützung
ermöglicht, diesen auch in seiner Gestaltung überaus gelungenen Band allen Mitgliedern
der DRG zum Geschenk machen zu können. Ganz besonders dankte er in diesem Zusammenhang
den beiden Herausgebern Prof. Dr. Werner Bautz und Dr. Uwe Busch sowie allen Autoren
des Bandes.
In der Abschlussfeier am Samstag, den 7. Mai 2005, gratulierte der Kongresspräsident
den Gewinnern der Posterpreise und überreichte ihnen die Urkunden. Er dankte allen
Referenten und allen Mitarbeitern, die zum Gelingen des Kongresses beigetragen haben,
für ihr Engagement. Er bat die Teilnehmer um Nachsicht für die trotz aller Sorgfalt
eingetretenen Pannen, die im kommenden Jahr reduziert werden könnten, da man sich
dann auf die neue Umgebung eingestellt habe. Der Kongresspräsident des kommenden Jahres,
PD Dr. Dr. Reinhard Loose, lud die Teilnehmer zum 87. Deutschen Röntgenkongress vom
24. bis 27. Mai 2006 nach Berlin ein. In einem kurzen Aufriss skizzierte er die Themen
des kommenden Kongresses und machte klar, dass das bewährte Konzept der Verknüpfung
von Fortbildung und Wissenschaft als tragende Säule des Kongresses weitergeführt wird.
Der neue Präsident der DRG Prof. Dr. Dr. h.c. Maximilian Reiser dankte dem Kongresspräsidenten
und seinen Mitarbeitern Dr. Jens Heidenreich und Dr. Joachim Hohmann für den gelungenen
Kongress.
Fazit: Die Verlegung von Geschäftsstelle und Kongress der Deutschen Röntgengesellschaft
nach Berlin war ein Wagnis, welches sich eindeutig als gelungen erwiesen hat. Die
unmittelbare Nähe zu den zentralen Institutionen der Ärztlichen Selbstverwaltung und
die Möglichkeit, den Kongress räumlich ausdehnen zu können, haben sich bereits innerhalb
weniger Monate als vorteilhaft herausgestellt. Dennoch bleibt bis zum nächsten Kongress
genug zu tun, um die kleinen und mittleren Unannehmlichkeiten auszuräumen. Hier ist
auch die Mitwirkung der Berliner Behörden und vor allen Dingen auch der Messe Berlin
gefordert. Vorstand und Geschäftsstelle werden hier die entsprechenden Schritte tun.
Auf Wiedersehen im Mai 2006 in Berlin!