Der Fortschritt in der Medizin ermöglicht auch schwer kranken Patienten ein immer
längeres Überleben. Damit geht aber auch eine höhere Rate an Komplikationen einher,
wozu zum Beispiel infektiöse Komplikationen oder mit operativen Maßnahmen assoziierte
Probleme wie thromboembolische Ereignisse zählen.
Komplikation Mykose
Komplikation Mykose
Neben Risikofaktoren wie zum Beispiel Anastomoseninsuffizienz, Beatmung, hoher Apache-II-Score,
bakterielle Infektionen, Breitspektrumantibiose, Verweilkatheter und Dialyse sind
es vor allem komplexe immunologische Dysregulationen, die Pilzen eine Invasion in
Organe und Gewebe ermöglichen. Die ständige Stimulation des Immunsystems führt im
Rahmen dieser Risiken und zusätzlicher Belastungen wie zum Beispiel Hypovolämie oder
Hypoxie zu einem Ungleichgewicht zugunsten der antiinflammatorischen Zytokine. Und
gerade deren Wirkung nutzen Pilze zur Gewebsinvasion. Insbesondere Candida kann zu
einer weiteren Herabregulierung der Abwehrreaktionen führen und sich so Prozesse im
Organismus zur eigenen Invasion zunutze machen.
Diesen bedrohlichen Geschehnissen versucht man therapeutisch mit Antimykotika zu begegnen.
Lange Zeit war das Amphotericin B der Goldstandard für die Therapie von Pilzinfektionen.
Neuere Antimykotika wie die Azole (z.B. Voriconazol) und die Echinocandine (Caspofungin)
haben jedoch - neben einer guten Wirksamkeit bei einer Vielzahl von Mykosen - ein
wesentlich günstigeres Nebenwirkungsprofil. Insbesondere die Azole zeichnen sich außerdem
durch eine exzellente orale Bioverfügbarkeit aus. Das breiteste Wirkspektrum der derzeit
gebräuchlichen Antimykotika hat das Voriconazol, das bis auf wenige Ausnahmen alle
Spross- und Schimmelpilze erreicht (Tab. [1]).
Das wichtigste Indikationsgebiet der neuen Azole sind die in ihrer Häufigkeit zunehmenden
Candida-Infektionen. Hervorzuheben ist hier der zunehmende Anteil von Candida-non-albicans-Arten
(derzeit rund 50%). Wichtig ist somit eine differenzierte Labordiagnose, der Befund
"Hefe" oder "Candida species" reicht nicht aus, um das richtige Antimykotikum für
diesen Fall herauszufiltern. Ein weiterer wichtiger Parameter des Behandlungserfolgs
ist zudem der rechtzeitige Beginn einer adäquaten Therapie. Ein kritischer Wert für
den Punkt ohne Wiederkehr sind zirka 48 Stunden.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Konzentration, die ein Wirkstoff im Gewebe
erreicht. Hier zeigen vor allem Voriconazol und Fluconazol beeindruckende Werte -
egal ob nach intravenöser oder oraler Verabreichung: Voriconazol ist bei 8 mg/l hoch
effektiv und erreicht in allen mykoserelevanten Organen - auch im zentralen Nervensystem
und im Auge - Konzentrationen von 15-35 mg/l. Somit eignet sich insbesondere Voriconazol
für eine kalkulierte Interventionsbehandlung bei Pilzinfektionen. Bei gesichertem
Erregernachweis und Resistenztestung kann gegebenenfalls zum Fluconazol "deeskaliert"
werden. Auch eine Oralisierung ist in Abhängigkeit vom klinischen Bild im Verlauf
der Therapie denkbar.
Management von MRSA-Infektionen
Management von MRSA-Infektionen
Staphylococcus aureus ist ein häufiges Pathogen bei nosokomialen Infektionen. Bei
Harnwegsinfektionen, postoperativen Wundinfektionen, Septikämien und beatmungsassoziierten
Pneumonien ist er in durchschnittlich 12% der Fälle der verursachende Erreger. Noch
gravierender wirken sich diese Infektionen aus, wenn seine methicillinresistente Variante
das Geschehen verursacht. In diesen Fällen ist der klinische Verlauf deutlich schlechter
und es laufen erheblich mehr Kosten auf.
Die umfassende Resistenz sowohl gegen Betalaktame als auch gegen andere Wirkstoffe
wie Chinolone, Makrolide und Clindamycin macht die Therapie von MRSA-Infektionen immer
schwieriger. Neben dem Vancomycin oder dem Linezolid verbleiben als weitere Alternative
nur seltener eingesetzte Substanzen wie Fusidinsäure, Fosfomycin und Rifampicin. Letztere
sind zwar hochwirksam und gut verträglich, können aber aufgrund einer rasanten Resistenzentwicklung
nur als Kombinationspartner verwendet werden - bei methicillinresistenten Staphylokokken
mit Vancomycin, ansonsten auch mit Betalaktamen und Chinolonen. Bei der ebenfalls
denkbaren Kombination von Aminoglykosiden mit Vancomycin ist die gegenseitige Potenzierung
des oto- und nephrotoxischen Potenzials zu beachten. Aus haftungsrechtlicher Sicht
erscheint es ratsam, beim Einsatz von Vancomycin und/oder Aminoglykosiden ein Drug-Monitoring
durchzuführen.
Derzeit kann noch ohne weiteres von der Wirksamkeit von Vancomycin auf MRSA ausgegangen
werden. Jedoch ist dessen bakterizide Wirkung zirka um den Faktor 100 schlechter als
die von Betalaktamantibiotika. Vancomycin penetriert nur ungenügend in für MRSA-Infektionen
relevante Gewebe. Wesentlich wirksamer gegen Staphylococcus aureus bzw. dessen methicillinresistente
Varianten erweist sich Linezolid. Diese Substanz aus der Gruppe der Oxazolidinone
hemmt die bakterielle Proteinbiosynthese an einem Punkt, der keine Kreuzresistenzen
mit anderen bisher gebräuchlichen antimikrobiellen Substanzen erwarten lässt. Einzelfälle
mit klinischem Versagen und mit In-vitro-Resistenz sind beschrieben.
Als Nebenwirkung einer Linezolidtherapie ist eine mögliche Myelosuppression zu beachten,
die durch Blutbildkontrollen zu beobachten ist. Dennoch sind Langzeittherapien über
mehrere Monate auch ohne wesentliche Knochenmarksuppression möglich. Auf die Nierenfunktion
muss bei der Anwendung von Linezolid nach bisherigen Erkenntnissen in der Regel nicht
geachtet werden. Zu additiven Effekten von Nebenwirkungen mit anderen Medikamenten
liegen derzeit keine Informationen vor. Infolge einer denkbaren Resistenzentwicklung
durch Akkumulation entsprechender Mutationen werden insbesondere bei längerer Therapiedauer
möglicherweise Überlegungen zu einer Kombinationstherapie nötig werden. Ähnlich wie
beim Vancomycin wären als Kombinationspartner vielleicht Rifampicin, Fusidinsäure
oder Fosfomycin zu diskutieren, wenngleich es hierzu noch keine Erkenntnisse und Empfehlungen
gibt.
Um eine weitere Ausbreitung von methicillinresistenten Staphylokokken und von MRSA-Infektionen
zu vermeiden, sind einige Verhaltensregeln und die wesentlichen MRSA-Reservoire zu
beachten. Die wesentliche Quelle für Infektionen mit methicillinresistenten Staphylokokken
ist endogen in der Nase der betroffenen Patienten zu finden. Ein routinemäßiges Screening
aller stationären Patienten und des Klinikpersonals zur Klärung des Kolonisierungsstatus
durch einen Nasenabstrich wird jedoch nicht empfohlen. Sinnvoller scheint ein Patienten-Screening
zum Beispiel bei stationärer Wiederaufnahme eines bekannten MRSA-Patienten, bei Aufnahmen
von Patienten aus einer Einrichtung oder einer Region mit hoher MRSA-Prävalenz und
bei einer Häufung bzw. einem Ausbruch von MRSA-Infektionen.
Die enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Patienten und allen betreuenden Akteuren
trägt dazu bei, eine unkontrollierte Ausbreitung auch im ambulanten Bereich so gering
wie möglich zu halten. Der öffentliche Gesundheitsdienst, Laborärzte, niedergelassene
Ärzte und Klinikärzte müssen in einen entsprechenden Informationsfluss eingebunden
werden. Und Eradikationsmaßnahmen müssen besonders auch jenseits eines Klinikaufenthaltes
weitergeführt und deren Erfolg kontrolliert und dokumentiert werden.
Leitlinien in der Thromboseprophylaxe
Leitlinien in der Thromboseprophylaxe
Postoperative thromboembolische Komplikationen zählen bei einer Vielzahl von Eingriffen
zu den Risiken der Patienten. Derzeitiger Standard sind niedermolekulare Heparine
(NMH) wie zum Beispiel Dalteparin. Ihr Vorteil gegenüber unfraktionierten Heparinen
(UFH) besteht in ihrer längeren Halbwertszeit, die in der Regel eine einmal tägliche
Gabe erlaubt. Die Wirksamkeit dieses Vorgehens ist durch eine Vielzahl von Studien
belegt. Dementsprechend haben verschiedene operative Fächer den Gebrauch niedermolekularer
Heparine in ihren Leitlinien niedergelegt. Diese fassen zwar evidenzbasiertes und
durch Studien belegtes Wissen als Orientierung für Therapie und Prophylaxe zusammen,
gehen jedoch nicht auf patientenindividuelle Empfehlungen zur Thromboseprophylaxe
ein.
So sind mit Ausnahme der grundsätzlichen Unterscheidung, ob es sich um große (tumor)chirurgische
Operationen oder um einen Routineeingriff in der Allgemeinchirurgie handelt, kaum
zusätzliche prädisponierende Risikofaktoren wie zum Beispiel eine persönliche oder
eine familiäre Thrombophilie-Anamnese, Alter oder Übergewicht aufgeführt. Dennoch
ist eine patientenorientierte Strategie ein wichtiger Baustein zum Therapieerfolg.
Auch und insbesondere bei kleineren und ambulanten Eingriffen, bei denen die Leitlinien
in der Regel von einer Thromboseprophylaxe absehen, sollten individuelle Risikofaktoren
sorgfältig bewertet werden.
Niedermolekulare Heparine werden weiterhin eine bedeutende Rolle spielen - und zwar
nicht nur in der Primärprophylaxe. In neueren Studien zeigen sie sich auch in der
Sekundärprophylaxe nach durchgemachten thromboembolischen Ereignissen ebenfalls hochwirksam,
möglicherweise den hier normalerweise eingesetzten oralen Antikoagulanzien sogar überlegen.
Und es könnte noch einen Zusatznutzen geben, wie jüngste Daten zeigen. Diese lassen
vermuten, dass Dalteparin einen positiven Einfluss auf die Überlebenszeit von Tumorpatienten
hat. Evidenzen im Allgemeinen und patientenindividuelle Faktoren im Speziellen könnten
also dieser Substanzgruppe noch weitere interessante Indikationen eröffnen.
Dr. Klaus Kamereck, München
Quelle: Satellitensymposium "Management von Komplikationen im Krankenhaus" anlässlich
des 122. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, veranstaltet von der
Pfizer GmbH, Karlsruhe