Z Orthop Ihre Grenzgeb 2005; 143(3): 275
DOI: 10.1055/s-2005-871815
Orthopädie aktuell

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Der "Hosentest" als Koordinationsprüfung nach Hüftprothesenimplantation

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Literatur beim Verfasser

Dr. med. Ferdinand-Anton Krappel

Orthopädische Klinik,

Med. Zentrum Kreis Aachen,

Mauerfeldchen 25, 52146 Würselen

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Publication Date:
24 June 2005 (online)

 
Table of Contents

Komplexe Leistung beim An- und Auskleiden

Die menschliche Fortbewegung ist ein komplexer Vorgang, der das Zusammenspiel von Ausrichtung der knöchernen Achsen, Gelenkbeweglichkeit und neuromuskulärer Aktivität erfordert sowie den physikalischen Gesetzen von bewegten Körpern unterworfen ist. Abgesehen von kongenitalen Deformitäten, entwicklungsbedingten Anomalitäten, erworbenen Problemen wie Trauma und Amputation führt auch die normale Degeneration zu einem Nachlassen der Effizienz des Gehens.

War es in den Anfängen der Endoprothetik noch ausreichend, eine alltagstaugliche Beweglichkeit und Schmerzfreiheit als Ziel der Operation zu definieren, bekommt der Operateur heute oftmals die Frage nach der Möglichkeit des "normalen Bewegens" nach der Operation gestellt. Patienten erwarten nach einer Endoprothesenoperation ein normales Funktionieren des Gelenkes. Diesen Normal gilt es präoperativ zwischen Patient und Operateur genau zu definieren. Mehr und mehr kommt dem Orthopäden dabei die Rolle des Vermittlers zwischen modernen technischen Möglichkeiten und der Natur zu. Hilfreich ist es, wenn komplizierte Zusammenhänge dem Patienten an einfachen Beispielen begreifbar gemacht werden können.

Das einbeinige Stehen und Hineinschlüpfen in ein Hosenbein ist eine komplexe Leistung: Aus der Phase des beidbeinigen Stehens wird das Bein abgehoben, vor den Körper geschwungen, dann allerdings nicht aufgesetzt, sondern zunächst frei nach hinten gezogen und erst nach erneutem Rückschwung aufgesetzt. Balance und Gewichtstransfer auf die Gegenseite, Stabilisieren während des Hoch- und Herunterschwingens der freien Seite bis schließlich zum Aufsetzen des Beines sind notwendig.

Aufbauend auf einer Anmerkung eines Kollegen nach seiner eigenen Hüftoperation haben wir begonnen, die Patienten vor der Operation regelmäßig zu befragen, ob sie ihre Hose (oder einen Rock) noch im Stehen an- und ausziehen können. Dann sind wir dazu übergegangen, dies demonstrieren zu lassen. Nach der Operation wurde der gleiche Test wiederholt.

"Schlüpfen Sie ins Hosenbein"

113 Patientinnen/en, die zur Implantation einer Endoprothese der Hüfte aufgenommen wurden, wurden vor und nach der Operation neben dem üblichen Untersuchungsgang gebeten, auf einem Bein stehend in das Hosenbein zu schlüpfen. Bei 84 Patienten lag eine primäre Koxarthrose vor, bei 16 eine Dysplasie, bei acht eine Kopfnekrose, bei fünf ein Zustand nach abgelaufenem M. Perthes. Das durchschnittliche Alter lag bei 62 (56-82) Jahren. Die Untersuchung erfolgte präoperativ, sechs Wochen postoperativ und sechs Monate postoperativ.

Besserung nach einem halben Jahr

29 der Patienten/ -innen waren präoperativ nicht in der Lage, diese Aufgabe auszuführen, ohne sich dabei festzuhalten oder abzusetzen. Sechs Wochen nach der Operation konnten 92 dies nicht bewältigen. Nach einem halben Jahr postoperativ hatten 88 Patienten dies erreicht, bei 17 bestand noch eine erhebliche Unsicherheit, acht Patienten waren nach wie vor nicht in der Lage. Alle acht waren auch praeoperativ nicht dazu in der Lage. 21 der präoperativ Betroffenen konnten nach einem halben Jahr diesen Test durchführen, neun waren noch zu unsicher.

Einfacher Test - für die Routine geeignet

Saunders et al., Perry und Gage et al. haben unterschiedliche Grundbedingungen für das Gehen definiert, ohne diese oder bei Beeinträchtigung derselben ist die Eleganz des Vorwärtsbringens des Körpermassenzentrums empfindlich gestört, es kommt zu einem unkompensierten und ineffizienten Gangbild.

Die orthopädische Ganganalyse beginnt mit einer kompletten physikalischen Untersuchung des Patienten einschließlich Beweglichkeit der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke. Sodann wird der Patient gebeten, auf einen zu und von einem weg zu gehen. Der Untersucher sollte jedes Segment - Stamm, Oberschenkel, Bein und Fuß - beobachten und Abweichung notieren. Die Beobachtung des Patienten ist limitiert, da die biomechanischen Abnormalitäten nicht bestimmt werden können.

Auch wenn die Kraftentfaltung der einzelnen am Gangbild beteiligten Muskeln nach der Rehabilitation bei Überprüfung ungestört scheint, ist die komplexe Leistung des hinkfreien Gehens noch nicht immer erreicht. Dies ist für Patienten und Operateur gleichermaßen frustrierend. In aller Regel stehen die Möglichkeiten eines Ganglabors nur wenigen Institutionen zur Verfügung. Nach unserer Erfahrung ist es wichtig dies bereits präoperativ mit dem Patienten zu besprechen. Mit der Frage nach dem Ankleidevermögen und der Demonstration durch den Patienten steht eine einfache klinische Möglichkeit zur Verfügung, dies besser zu kontrollieren und dem Patienten zu erläutern.

Wir schlagen vor, diesen einfachen und dem Patienten einleuchtenden Test in das Routineuntersuchungsprogramm einzubauen.

Literatur beim Verfasser

Dr. med. Ferdinand-Anton Krappel

Orthopädische Klinik,

Med. Zentrum Kreis Aachen,

Mauerfeldchen 25, 52146 Würselen

Literatur beim Verfasser

Dr. med. Ferdinand-Anton Krappel

Orthopädische Klinik,

Med. Zentrum Kreis Aachen,

Mauerfeldchen 25, 52146 Würselen