Psychiatr Prax 2005; 32(5): 261-262
DOI: 10.1055/s-2005-871830
Fortbildung und Diskussion
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Eine Antistigmakampagne vor 50 Jahren

An Anti-Stigmatisation Campaign 50 Years Ago
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Publication Date:
28 June 2005 (online)

 

Elaine und John Cumming: Closed Ranks. An Experiment in Mental Health Education

Elaine und John Cumming, sie Soziologin, er Psychiater, beide Kanadier, gehören zu den profiliertesten wissenschaftlichen Promotern der Psychiatriereform in Amerika. Ihre wichtigsten Veröffentlichungen erschienen in den 50er- und 60er-Jahren. In den 70ern konnte man ihnen auch in Europa gelegentlich begegnen, etwa bei Tagungen des Weltverbandes für Psychiatrie. Anders als der gleichaltrige Erving Goffman sind sie bei ihren Forschungen auf Praxisnähe und Anwendbarkeit bedacht. Am deutlichsten schlägt sich das in Ego and Milieu (N Y: Atherton 1962) nieder, das Maria Rave 1986 für die Psychiatrische Praxis wiedergelesen hat. Aber auch im vorliegenden Buch, ihrem ersten, lassen sie daran keinen Zweifel: Sie suchen nach konkreten Wegen, die negative Einstellung gegenüber den psychisch Kranken zu verändern, um deren Wiedereingliederung zu erleichtern.

Dazu entwickeln sie ein kontrolliertes sozialwissenschaftliches Experiment - damals etwas sehr ungewöhnliches - und scheitern grandios. Sie scheitern nicht als Wissenschaftler: Elaine Cumming promoviert mit Closed Ranks 1953 bei Talcott Parsons in Harvard zum Ph.D. Aber die Einstellung der Bevölkerung von Blackfoot, Saskatchewan, ändert sich in den sechs Monaten intensiver Aufklärungsarbeit ihres Projektes genauso wenig wie jene der Bewohner der 100 Meilen entfernten Landstädtchens Deerville, das die Cummings als Kontrolle ausgewählt haben und das von jeder Antistigmaintervention verschont bleibt.

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