Der Klinikarzt 2005; 34(7): 206-210
DOI: 10.1055/s-2005-872423
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lobektomie, Bilobektomie und Pneumonektomie - Chirurgische Therapie des Bronchialkarzinoms

Lobectomy, Bilobectomy and Pneumonectomy - Surgical Treatment of Lung CancerH. Dienemann1
  • 1Chirurgische Abteilung, Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg (Chefarzt: Prof. Dr. H. Dienemann)
Further Information
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Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. Hendrik Dienemann

Chirurgische Abteilung

Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Amalienstr. 5

69126 Heidelberg

Publication History

Publication Date:
28 July 2005 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Die radikale Operation ist im Stadium I und II und teilweise im Stadium III A des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms die Therapie der Wahl. Standardeingriff ist die Lobektomie einschließlich einer ipsilateralen Lymphknotendissektion. Sitzt der Tumor jedoch zentral, ist die Pneumonektomie oft unvermeidlich. Die Operationsletalität der Lobektomie beträgt weniger als 2 %, die der Pneumonektomie rund 7 %. Das Langzeitüberleben (fünf Jahre) geben große Studien mit etwa 75 % für das Stadium I und mehr als 50 % für das Stadium II an. Das kleinzellige Bronchialkarzinom wird zweckmäßig der Operation zugeführt, wenn es sich als peripherer Rundherd, also als karzinomverdächtiger Herd im klinischen Stadium I präsentiert. Die chirurgische Entfernung des Primärtumors ist jedoch keinesfalls die einzige Therapiemaßnahme.

In höheren Stadien ergibt sich die Operationsindikation mitunter als Einzelfallentscheidung, etwa bei Nichtansprechen einer systematischen Therapie.

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Summary

The radical operation is the treatment of choice in stage I and II non-small cell lung cancer, in part also in stage III A. Standard procedure is the lobectomy including ipsilateral lymph node dissection, in cases with centrally located tumour pneumonectomy is often inevitable. Operative mortality after lobectomy is less than 2 %, after pneumonectomy around 7 %. Analysis of five-year survival shows 75 % in experienced centres for stage I and over 50 % for stage II. In patients with small cell lung carcinoma, the operation is appropriate if a tumourlike lesion in clinical stage I is being presented as peripheral nodule. However, in these cases surgical removal of the lesion is by no means the only treatment modality. In higher stages of small cell lung cancer, the indication for operation is based on individual decisions, for example when there is no remission after systemic treatment.

Ob zur Behandlung eines Patienten mit einem (nicht-) kleinzelligen Bronchialkarzinom ein chirurgisches Vorgehen indiziert ist, sollte stets interdisziplinär im Rahmen eines so genannten 'Tumorboards' diskutiert werden. In technischer Hinsicht unterstützen bildgebende Verfahren die Planung der Operation. Den Zeitpunkt und den zulässigen Umfang der Operation stimmen Pneumonologen, internistische Onkologen und Strahlentherapeuten gemeinsam ab - zu berücksichtigen sind dabei die Risikoanalyse, definierbare Prognosefaktoren und alternative bzw. additive Therapieverfahren (individualisierte Tumortherapie).

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Taktik und Technik

Wichtig zur chirurgischen Therapie in kurativer Absicht ist die Möglichkeit, postoperativ Tumorfreiheit erzielen zu können, da andernfalls keine relevante Prognoseverbesserung zu erwarten ist. Daher sollte bei jedem Patienten mit lokoregionär begrenztem nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom die chirurgische Therapie in Erwägung gezogen werden.

Eine radikale Resektion ist bei allen operablen Patienten im Stadium I und bei der Mehrzahl der Patienten im Stadium II die primäre Therapie. Im klinischen Stadium III A oder B sollten die Patienten in der Regel einer multimodalen Therapie zugeführt werden, zu der unter anderem eine chirurgische Entfernung des Tumors zählt (möglichst im Rahmen einer klinischen Studie). Nur in Ausnahmefällen, also in palliativer Absicht, hat die Chirurgie bei Bronchialkarzinomen im Stadium IV ihre Berechtigung. Unter günstigen Umständen ist es in diesem Stadium allerdings auch möglich, makroskopisch Tumorfreiheit zu erreichen - etwa wenn nach chirurgischer Entfernung einer symptomatischen Hirnmetastase ein regionär begrenzter Primärtumor ohne Beteiligung mediastinaler Lymphknoten zur Resektion ansteht.

Die Prinzipien einer kurativen Operation sind dieselben, die für die onkologische Chirurgie aller soliden Tumore gelten:

  • „No-touch-isolation-Technik”: die Auslösung des Tumors erfolgt unter Durchtrennung und Dissektion ausschließlich tumorfreier Strukturen

  • Lymphadenektomie: komplette ipsilaterale Lymphknotendissektion (interlobär, hilär und mediastinal)

  • Bergung des Präparats ohne Kontamination des Operationsfeldes, Markierung der für die pathologisch-anatomische Aufarbeitung relevanten Strukturen

  • intraoperative Gefrierschnittdiagnostik für sämtliche Resektionsränder zur Bestätigung der Tumorfreiheit; gegebenenfalls ist eine Nachresektion vorzunehmen (soweit funktionell und technisch möglich).

Zu den operativen Standardverfahren zur Behandlung des Lungenkarzinoms zählen

  • die Lobektomie

  • die Bilobektomie

  • die Pneumonektomie.

Bronchoplastische und angioplastische Eingriffe sowie die Kombination beider Verfahren dienen dem Erhalt peripherer Funktionseinheiten, zumeist von Mittel- und Unterlappen, wenn oberlappenbezogene Prozesse auf den Hauptbronchus bzw. zentrale Abschnitte der Arteria pulmonalis übergreifen. Kontinuitätsresektionen dieser Art verlangen somit die Anastomosierung von Bronchus- oder Gefäßstümpfen. Derartige Interventionen sind zwar mit einem höheren Operationsaufwand verbunden, sie sind jedoch stets gerechtfertigt, wenn damit die Tumorfreiheit erreichbar scheint. Der Patient profitiert von diesem Vorgehen in funktioneller Hinsicht, da sich auf diesem Weg die Pneumonektomie vermeiden lässt.

Die anatomische Resektion einzelner oder benachbarter Segmente bleibt Patienten mit stark eingeschränkter Funktionsreserve vorbehalten. Unverzichtbar ist jedoch auch in diesen Fällen die vollständige ipsilaterale Lymphknotendissektion. Periphere Keilresektionen wiederum haben ihre Berechtigung im Rahmen der Diagnostik pulmonaler Läsionen, erheben jedoch wegen der hohen Wahrscheinlichkeit eines Lokalrezidivs niemals therapeutischen Anspruch.

Das Ausmaß des Parenchymverlusts lässt sich zwar in den meisten Fällen im Vorfeld des Eingriffs aus dem präoperativen Computertomogramm ableiten, dennoch muss bereits die Operationsplanung (und somit auch das Aufklärungsgespräch) stets die Möglichkeit einer Ausweitung des Eingriffes einbeziehen. Eine im Schnellschnitt nachgewiesene peribronchiale Ausbreitung des Tumorgewebes, Lymphknoteninfiltrationen sowie anatomische oder technische Besonderheiten können dies im Einzelfall begründen. Die Rate an explorativen Eingriffen ohne die Chance einer Kuration oder Palliation liegt bei adäquatem Einsatz und korrekter Interpretation bildgebender und invasiver diagnostischer Verfahren unter 5 %.

Nach der Öffnung des Thorax wird durch sorgfältige Inspektion und Palpation der Lokalbefund ermittelt. Voraussetzung dafür ist die Aufhebung sämtlicher Adhäsionen (sofern diese nicht mit dem Tumor in Zusammenhang stehen). Darüber hinaus erleichtert die Durchtrennung des Ligamentum pulmonale die Exposition des Unterlappens.

Über die technische Resektabilität gibt die Tatsache Auskunft, ob der Primärtumor in Kenntnis der Funktionsdaten und unter Berücksichtigung vitaler Strukturen vollständig (R0) zu entfernen ist. Ebenso wichtig ist es, die onkologische Operabilität zu beurteilen, also gegebenenfalls makroskopisch erkennbare Tumormanifestationen innerhalb der Pleurahöhle, wie etwa Tumorinfiltrationen mehrerer mediastinaler Lymphknotenstationen oder eine perikardiale Tumoraussaat, auszuschließen.

Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Lymphknotendissektion im Zweifelsfall vor einer Parenchymresektion durchzuführen oder fragliche Tumorinfiltrationen an anderer Stelle durch Gefrierschnitt zu klären, wenn zu befürchten ist, dass allein mithilfe chirurgischer Verfahren keine Tumorfreiheit zu erzielen ist. In derartigen Situationen muss verantwortungsvoll abgewogen werden, ob dem Patienten ein resezierender Eingriff zugemutet werden kann.

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Standardresektion

Der operative Standardzugang für eine Lungenresektion ist die laterale Thorakotomie im vierten oder fünften Interkostalraum. Dieser Eingriff erfolgt in Allgemeinanästhesie und nach Intubation über einen Doppellumentubus, was bei Einlungenventilation und vollständiger Atelektase der Operationsseite die beste Übersicht und größtmögliche Gewebeschonung bei Exploration und Präparation des befallenen Organs erlaubt.

Steht fest, dass die Möglichkeit einer Resektion besteht, muss das erforderliche Resektionsausmaß festgelegt werden. Ist die Ausbreitung der Tumoren auf das Parenchym eines Lungenlappens beschränkt, ist die Lobektomie das Verfahren der Wahl. Sie erlaubt die komplette Entfernung des malignen Gewebes en bloc mit den pleuralen und zentralen Lymphabflussgebieten. Die Patienten tolerieren eine Lobektomie in der Regel gut, die verbleibende Restlunge füllt die Pleurahöhle nahezu vollständig aus. Der Funktionsverlust der Lunge beträgt im Langzeitverlauf weniger als 10 % der präoperativen Einsekundenkapazität (FEV1) und ist somit auch für den Patienten kaum wahrnehmbar.

Eine Bilobektomie umfasst die Resektion des rechten Oberlappens und Mittellappens (obere Bilobektomie) oder des rechten Unterlappens einschließlich des Mittellappens der Lunge (untere Bilobektomie). Derartige kombinierte Eingriffe sind erforderlich, falls der Tumor den Lappenspalt überschreitet oder ein interlobärer Lymphknotenbefall vorliegt. Morbidität und Letalität nach einer Bilobektomie sind geringfügig höher als nach einer Lobektomie, aber signifikant geringer als nach einer Pneumonektomie.

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Pneumonektomie

Wenn auf anderem Weg - insbesondere unter Erwägung bronchoplastischer Techniken - keine vollständige Resektion möglich ist, ist bei zentralem Sitz des Tumors eine Pneumonektomie indiziert. Dies ist häufig bei großen Tumoren mit lappenüberschreitendem Wachstum oder bei langstreckigem Tumorbefall des Hauptbronchus gegeben.

Eine zentrale Ausbreitung des Tumors entlang der großen Gefäße kann eine Erweiterung der Pneumonektomie durch eine Perikardiotomie bzw. -resektion und eine intraperikardiale Gefäßabsetzung erforderlich machen. Eine technisch aufwändigere und riskantere Form der erweiterten Pneumonektomie ist die Entfernung einer Lunge unter Einschluss der Bifurkation (Manschettenpneumonektomie). Dabei wird die Kontinuität des zentralen Bronchialsystems durch eine Anastomosierung von distaler Trachea und Hauptbronchus der Gegenseite wiederhergestellt. Indiziert sind diese eher seltenen Eingriffe, wenn der proximale Hauptbronchus und die Karina befallen sind und so eine komplette Tumorfreiheit zu erreichen ist.

Operationen nach vorangegangener Chemotherapie im Rahmen eines multimodalen Behandlungsprotokolls sind aufgrund von Vernarbungen und mitunter des Verlustes anatomischer Schichten technisch anspruchsvoll. Daraus resultiert ein höherer Operationsaufwand. In der Hand des Erfahrenen sind diese Eingriffe jedoch nicht zwangsläufig mit einer höheren Morbidität und Letalität verbunden.

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Erweiterte Resektion

Unter einer erweiterten Resektion versteht man die Einbeziehung aller Strukturen außerhalb der Lunge, die eine Tumoradhärenz oder -infiltration aufweisen. Die Respektierung onkologischer Prinzipien verpflichtet stets zur En-bloc-Resektion des Primärtumors mit angrenzenden Strukturen. Während eine direkte Infiltration der Thoraxwand in der Regel keine Probleme aufwirft, ist die Infiltration mediastinaler Strukturen wie beispielsweise Pleura, Nervus phrenicus, Perikard oder intraperikardialer Gefäßabschnitt eine Grenzindikation zu einer primär chirurgischen Therapie. Die in der Literatur angegebenen Fünf-Jahres-Überlebensraten liegen für diese Konstellation zwischen 7 und 25 % [1] [7] [13] [15].

Nach einer retrospektiven Untersuchung am eigenen Patientengut [2] war eine kurative Resektion nur bei jedem zweiten Patienten mit Mediastinalinfiltration und bei 70 % der Patienten mit Thoraxwandinfiltration möglich. Postoperative Morbidität und Letalität nach erweiterter Resektion sind höher als nach vergleichbarer einfacher Resektion. In unserer Klinik betrug die postoperative Letalität 9 %, die Angaben in der Literatur reichen von 2-16 % [7] [10] [15].

Die Gesamtprognose der Patienten nach kurativer erweiterter Resektion hängt vom Ausmaß des Lymphknotenbefalls ab [2] [10]. Ist bereits präoperativ ein mediastinaler Lymphknotenbefall bekannt, sollte die Operationsindikation zur erweiterten Resektion daher nur im Rahmen einer multimodalen Strategie oder unter dem Diktat der Palliation gestellt werden.

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Lymphknotendissektion

Die Lymphknotendissektion als obligater Bestandteil der Operation dient in erster Linie dem Staging [4] [6]. Ein korrektes Staging setzt naturgemäß eine vollständige ipsilaterale Lymphknotendissektion voraus, während eine Erweiterung des Eingriffs zu einer kontralateralen Lymphknotendissektion nicht gerechtfertigt erscheint. Allerdings kann der Lymphknotendissektion kein unmittelbarer therapeutischer Effekt unterstellt werden, da ein Lymphknotenbefall in erster Linie Ausdruck einer Generalisation der Erkrankung ist. Allenfalls wird durch eine Resektion der befallenen Lymphknoten des Mediastinums eine zeitlich begrenzte lokale Tumorkontrolle möglich.

Zum Ausmaß der mediastinalen Lymphknotenexploration bzw. -dissektion finden sich in der Literatur sehr unterschiedliche Angaben und Empfehlungen. Sie reichen von der Inspektion und Entnahme lediglich auffällig vergrößerter Lymphknoten bis hin zur Doppelthorakotomie mit der Möglichkeit der kontralateralen Dissektion [8]. Der Begriff „Lymphknotensampling” beschreibt die eher willkürliche Entnahme nur jener Lymphknoten, die dem Operateur auffällig erscheinen. Makroskopisch und palpatorisch unauffällige Lymphknoten verbleiben im Situs. Da eine Überprüfung belassener Lymphknoten durch den Pathologen zwangsläufig entfällt, erfüllt das Sampling nicht die Anforderungen an ein korrektes Staging.

Diesem Anspruch wird lediglich die systematische Dissektion nach Martini [9] gerecht. Diese beinhaltet die En-bloc-Ausräumung definierter mediastinaler Kompartimente unabhängig von der intraoperativen Einschätzung des Lymphknotenbefalls durch den Operateur.

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Ergebnisse der chirurgischen Therapie Letalität

Die postoperative Letalität und das Langzeitüberleben nach der Resektion sind die Parameter, welche die Ergebnisse der chirurgischen Therapie bestimmen. Patientenseitige Faktoren (z.B. Alter oder Komorbidität) haben dabei den größten Einfluss auf die operationsbedingte Letalität. Dagegen sind tumorabhängige Faktoren nur insoweit von Bedeutung, als sie die Größe des Eingriffs bestimmen.

Die Hospitalletalität nach Lobektomie beträgt nach Angaben in großen Serien etwa 2 % [5] [14] und ist somit deutlich niedriger als nach einer Pneumonektomie [5]. In einer Untersuchung an 1702 operierten Patienten mit nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom betrug die Krankenhausletalität nach Lobektomie in unserer Klinik 1,8 % (14 von 847 Patienten). Die Krankenhausletalität nach einer Pneumonektomie dagegen lag bei 7,5 % (33 von 442 Patienten), wobei palliative Eingriffe bei Hämoptoe oder Retentionspneumonie mit in die Analyse einbezogen wurden.

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Postoperative Morbidität

Nach einer Lungenresektion bzw. Pneumonektomie leiden bis zu 30 % der Patienten an atrialen und ventrikulären Arrhythmien. Als auslösende Faktoren gelten unter anderem eine Volumenüberladung, ein Eingriff am Perikard, Elektrolytverschiebungen, eine vorbestehende koronare Herzerkrankung und Hypoxie. Dementsprechend beobachtet man Arrhythmien bevorzugt nach ausgedehnten Eingriffen mit intraperikardialer Gefäßversorgung, nach größerem Volumenverlust und bei älteren Patienten. Am häufigsten sind Rhythmusstörungen am zweiten und dritten postoperativen Tag, weshalb bei Risikopatienten die postoperative Monitorüberwachung über 24-48 Stunden zu empfehlen ist.

Bronchopleurale Fisteln beruhen auf einer gestörten Heilung des Bronchusstumpfes und treten in weniger als 2 % der Fälle nach Lobektomie auf. Nach Pneumonektomie dagegen sind bis zu 10 % der Patienten betroffen. Da die Bronchusstumpfinsuffizienz nach Pneumonektomie wiederum mit einer Letalität von bis zu 50 % belastet ist, kommt der Prävention einer Fistel größte Bedeutung zu. In Kenntnis der Risikofaktoren für eine Bronchusstumpfinsuffizienz empfiehlt sich daher, den Bronchusstumpf mit vitalem Gewebe wie Interkostalmuskel, Zwerchfell oder Thoraxwandmuskulatur zusätzlich abzusichern.

Trotz größtmöglicher Sorgfalt und unabhängig vom Umfang der Operation können nach intrathorakalen Eingriffen allgemeine Komplikationen wie Blutungen, Wundheilungsstörungen, Atelektase und Parenchymfisteln auftreten. Spätfolgen lassen sich jedoch durch entsprechende klinische und radiologische Überwachung in der frühen postoperativen Phase und zielgerichtetes Handeln bei entsprechenden Komplikationen vermeiden.

Ein sehr seltenes Ereignis nach unkomplizierter Lobektomie ist das Pleuraempyem, das zumeist auf einem zu langen Belassen von Pleuradrainagen oder dem Tolerieren von Parenchymfisteln beruht. Es empfiehlt sich, die Platzierung von Pleuradrainagen unter videoassistierter Thorakoskopie durchzuführen und gleichzeitig ein Débridement der Pleurablätter vorzunehmen, um eine maximale Ausdehnung der Restlunge zu erzielen. Über die einliegenden Drainagen wird eine Ringspülung vorgenommen, bis Keimfreiheit belegt werden kann.

Entsteht in den ersten postoperativen Tagen nach Pneumonektomie ein Pleuraempyem, ist dies nahezu ein Beweis für eine Bronchusfistel. Bereits der Verdacht auf eine derartige Komplikation muss Anlass zu einer Kontrollbronchoskopie sein. Je nach Ausmaß und Zeitpunkt des Befundes sind unterschiedlich invasive Revisionseingriffe angezeigt, die von der einfachen Bronchusübernähung und Pleurahöhlenspülung bis hin zur Aufhebung der Pleurahöhle mittels Thorakoplastik reichen.

Als postoperative Spätfolgen resultieren in unterschiedlich starkem Ausmaß - häufiger nach Pneumonektomie als nach Lobektomie:

  • Thoraxdeformitäten

  • Verziehung der Mediastinalorgane

  • hämodynamische Anpassung in Gestalt des Cor pulmonale.

Derartige Vorgänge sind nicht nennenswert zu beeinflussen und bedürfen allenfalls einer symptomatischen Therapie, wie auch die selten über mehr als ein Jahr anhaltende Interkostalneuralgie nach Thorakotomie.

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Prognose

Dominierender prognostischer Faktor für das Langzeitüberleben ist die Radikalität der Resektion [4]. Im eigenen Patientengut zeigt sich ein hochsignifikanter Unterschied der Überlebenswahrscheinlichkeit nach Operation bei nichtkleinzelligem Bronchialkarzinom zwischen radikal und nichtradikal operierten Patienten [Tab. 1]. Die Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit nach einer R0-Resektion beträgt 40,4 %, nach einer R1-Resektion nur 16,9 % und nach einer R2-Resektion 5,8 %.

Neben der Radikalität sind das Tumorstadium und innerhalb des Stadiums der T- und N-Faktor die entscheidenden Parameter. Das Langzeitüberleben (fünf Jahre) beträgt nach Angaben in großen Studien im Stadium I A (T1N0) zwischen 67 und 75 % und im Stadium I B 57 % (T2N0) [11] [12]. Im Stadium II sind nach kurativer Resektion Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeiten von 52-55 % im Stadium II A und 33-38 % im Stadium II B zu erwarten. Bei mediastinalem Lymphknotenbefall (T1-3N2) im Stadium III A liegt die Fünf-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit nach chirurgischer Therapie um 15-25 %. Die Daten des eigenen Patientengutes der Jahre 1988 bis 1997 sind in [Tabelle 2] zusammengefasst.

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Kleinzelliges Bronchialkarzinom

Das kleinzellige Bronchialkarzinom ist die Domäne der Chemotherapie. Etwa 5 % aller kleinzelligen Bronchialkarzinome werden jedoch als zufallsbefundliche Rundherde angetroffen und demzufolge in der Regel der operativen Abklärung überlassen. Auch wenn der Nachweis eines kleinzelligen Karzinoms durch perkutane Punktion oder transbronchiale Biopsie erbracht worden ist und die Umfelddiagnostik ein klinisches Stadium I erwarten lässt, ist die chirurgische Therapie entsprechend einem nichtkleinzelligen Karzinom - gefolgt von adjuvanter Chemotherapie - indiziert.

Die Rolle der Chirurgie nach einer Induktionschemotherapie des zentralen Karzinoms oder des Lokalrezidivs lässt sich noch nicht sicher abschätzen. Für ein chirurgisches Eingreifen im Sinne einer Salvageoperation bei Nicht-Ansprechen der Chemotherapie spricht die Tatsache, dass bis zu 20 % der kleinzelligen Bronchialkarzinome auch nichtkleinzellige Anteile aufweisen. In jedem Fall handelt es sich aber um Einzelfallentscheidungen, die eine enge Interdisziplinarität voraussetzen.

Tab. 1 Langzeitüberleben nach(nicht)kurativer Operation[*]

Radikalität

kurativ

nichtkurativ

R0

R1

R2

n = 1750

n = 181

n = 206

1 Jahr

75 %

54 %

35 %

3 Jahre

51 %

22 %

11 %

5 Jahre

40 %

16 %

5 %

7 Jahre

33 %

12 %

n.d.

median (Monate)

38

14

8

R0 versus R1: p < 0,001; R1 versus R2: p < 0,001)

1 Patientengut der Thoraxklinik Heidelberg 1988-1997

Tab. 2 Langzeitüberleben nach kurativer Operation*, abhängig vom Tumorstadium

p-Stadium

I

II

III A

III B

n

684

415

299

273

1 Jahr

88 %

79 %

65 %

57 %

3 Jahre

70 %

51 %

37 %

26 %

5 Jahre

57 %

41 %

25 %

20 %

7 Jahre

48 %

36 %

17 %

14 %

median (Monate)

82

38

22

16

Stadium I versus II, II versus III A: p < 0,001

Stadium III A versus III B: p = 0,04

1 Patientengut der Thoraxklinik Heidelberg 1988-1997

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Literatur

  • 1 ME Burt, AH Pomerantz, MS Bains, al. et. Surg Clin N Am. 1987;  67 987-1000
  • 2 H Dienemann, H Hoffmann, A Mewes, al. et. Zentralbl Chir. 1993;  118 539-542
  • 3 H Dienemann, H Hoffmann, HG Koebe. Chirurg. 1998;  69 412-417
  • 4 H Dienemann, C Trainer, H Hoffmann, al. et. Chirurg. 1997;  68 1014-1019
  • 5 RJ Ginsberg, LD Hill, RT Eagan. J Thorac Cardiovasc Surg. 1983;  86 654-658
  • 6 H Hoffmann, H Dienemann. Zentralbl Chir. 1999;  124 115-119
  • 7 MPG Jamieson, PR Walbaum, RJM McCormack. Thorax. 1979;  34 612-615
  • 8 SM Keller. In: Pearson FG, Deslauriers J et al. (eds). Thoracic Surgery. New York, Edinburgh: Churchill Livingstone 1995: 545-555
  • 9 N Martini, P McCormack. Semin Oncol. 1983;  10 95-110
  • 10 BC McCaughan, N Martini, MS Bains, PM McCormack. Thorac Cardiovasc Surg. 1985;  89 836-841
  • 11 CF Mountain. Chest. 1997;  111 1710-1717
  • 12 T Naruke, T Goya, R Tsuchiya, K Suemasu. J Thorac Cardiovasc Surg. 1988;  96 440-447
  • 13 G Specht. In: Jepsen O, Scerenson HR (eds). Mediastinoscopy. Denmark: Odense University Press 1971: 130
  • 14 Wada H, Nakamura T, Nakamoto K. J Thorac Cardiovasc Surg. 1998;  115 70-73
  • 15 Watanabe Y, Shimizu J, Oda M. et al. . Thorac Cardiovasc Surg. 1991;  39 50-54
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Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. Hendrik Dienemann

Chirurgische Abteilung

Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Amalienstr. 5

69126 Heidelberg

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Literatur

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  • 15 Watanabe Y, Shimizu J, Oda M. et al. . Thorac Cardiovasc Surg. 1991;  39 50-54
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Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. Hendrik Dienemann

Chirurgische Abteilung

Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Amalienstr. 5

69126 Heidelberg