Projektleiter und Institution
Prof. Dr. Wolfgang Kummer, Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Anatomie
und Zellbiologie
Stipendiatin
Maike Klein
Azetylcholin (ACh) ist ein weit verbreitetes, funktionell hoch relevantes Signalmolekül.
ACh-Rezeptoren werden nach ihrer Affinität für zwei Modellagonisten in nikotinische
und muskarinische Rezeptoren eingeteilt. In der Lunge und den Atemwegen sind insbesondere
die muskarinischen Rezeptoren von besonderer klinischer Relevanz. Diese werden in
die Subtypen m1 bis m5 eingeteilt, die jeweils auf einem eigenen intronlosen Gen kodiert
sind. In der Peripherie wird ACh nicht nur als wichtigster Neurotransmitter von parasympathischen
Nervenendigungen, sondern auch von verschiedensten non-neuronalen Zellen, darunter
die Atemwegsepithelien, synthetisiert und freigesetzt [1]
[2]. Dieses non-neuronale ACh wirkt auto- und parakrin.
Die akuten Wirkungen des neuronal freigesetzten ACh in den Atemwegen - Bronchokonstriktion,
Stimulation von Drüsenzellen - sind weitgehend bekannt, weniger hingegen die langsam
eintretenden auto- und parakrinen. Aus epithelialen Systemen sind eine cholinerge
Steuerung der Proliferation, Differenzierung, Ausbildung von Zell-Zell-Kontakten,
Organisation des Zytoskeletts, Stimulation der Zilienschlagfrequenz und Regulation
der Zytokinproduktion bekannt [2]
[3]
[4]
[5]
[6]. Detaillierte Kenntnisse zur Beteiligung der einzelnen Rezeptorsubtyen sind einerseits
zum Verständnis der Pathogenese von Umbauvorgängen im Verlauf chronischer Erkrankungen,
z. B. COPD, andererseits auch zur gezielten therapeutischen Nutzung erforderlich.
Im respiratorischen Epithel sind vor allem die muskarinischen Rezeptorsubtypen m1,
m2 und m3 vorhanden. Im vorliegenden Projekt wird ihre derzeit nur unzulänglich bekannte
spezifische Rolle in der epithelialen Differenzierung, Ausprägung von Zell-Zell-Kontakten
und Regulation des mukoziliären Transports in den Atemwegen untersucht werden. Hierzu
wird die Trachea von gendefizienten Mäusestämmen, die jeweils einen dieser Rezeptorsubtypen
nicht ausbilden, im Vergleich zu ihrem korrespondierenden Wildtyp untersucht. Messparameter
sind relative Häufigkeit und subzellulärer Phänotyp der individuellen Epithelzelltypen
(Immunhistochemie, Ultrastruktur), Ausmaß und Struktur der Zell-Zell-Kontakte (Immunhistochemie,
Ultrastruktur) sowie Geschwindigkeit und Koordination des mukoziliären Transportes
(Videomikroskopische Analyse des Partikeltransports).
Von den Ergebnissen werden Erkenntnisse über die Funktion und Bedeutung der individuellen
muskarinischen Rezeptorsubtypen m1 - m3 im non-neuronalen cholinergen System der Atemwege
erwartet, die Möglichkeiten ihrer selektiven therapeutischen Nutzung in chronischen
Erkrankungen, die mit Umbauvorgängen der Atemwegswand einhergehen, eröffnen sollen.