Pneumologie 2005; 59(10): 717-719
DOI: 10.1055/s-2005-915561
Preisarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nasale und bronchiale Allergenprovokation bei Patienten mit mildem Asthma und allergischer Rhinitis - Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Nasal and Bronchial Provocation with Allergen in Patients with Mild Asthma and Allergic Rhinitis - Similarities and DifferencesS.  Korn1
  • 1Schwerpunkt Pneumologie, III. Medizinische Klinik, Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
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Cand. med. Stephanie Korn

Am Wäldchen 14

55270 Klein-Winternheim ·

Email: Stephanie.Korn@shksys.de

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12 October 2005 (online)

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Cand. med. Stephanie Korn

Einleitung

Asthma bronchiale und allergische Rhinitis sind häufige chronische Erkrankungen des Respirationstraktes. Die beiden Erkrankungen treten überzufällig häufig gemeinsam auf [1] [2] [3] [4]. So leiden 28 - 78 % der Asthmatiker zusätzlich an einer Rhinitis und umgekehrt 19 - 38 % der Patienten mit allergischer Rhinitis zusätzlich an einem Asthma bronchiale [3] [4] [5]. Eine attraktive Hypothese („united airways”) spricht Asthma und Rhinitis daher als Manifestationsformen einer gemeinsamen Grunderkrankung („Atopie”) an. Dies gilt um so mehr, als obere und untere Atemwege in vielerlei Hinsicht ein gemeinsames Erfolgsorgan bilden, dessen entzündliche Schleimhautveränderungen durch interagierende Mechanismen unterhalten und verstärkt werden. Allerdings bestehen noch zahlreiche Lücken im Wissen um die Beziehung der mukosalen Antwort auf ein Allergen in Nase und Lunge zueinander.

Bislang wurden allergische Entzündungsmuster und funktionelle Veränderungen nach Allergenprovokation (AP) an Nase und Lunge beim selben Individuum nur unzureichend untersucht. Insbesondere zum exhalierten Stickstoffmonoxid (NO) als etabliertem Marker der eosinophilen Entzündung liegen noch keine vergleichenden Untersuchungen zur Kinetik der NO-Produktion in Nase und Lunge nach Allergenexposition vor.

Fragestellung

Ziel dieser Arbeit war daher der Vergleich inflammatorischer Muster und funktioneller Phänomene in der Nase und im Bronchialsystem nach AP bei Patienten mit Asthma und komorbider allergischer Rhinitis. Die in dieser Arbeit erhobenen Ergebnisse sollen so das Verständnis um pathophysiologische Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen bronchialer und nasaler allergischer Entzündung erweitern.

Material und Methode

Es wurden 12 männliche Nichtraucher mit allergischer Rhinitis und mildem Asthma (FEV1 > 80 % des Sollwertes; PC20 Metacholin < 8 mg/ml, duale allergische Reaktion: Früh- und Spätreaktion) mit Allergien gegen saisonale oder perenniale Allergene untersucht. Die medikamentöse Behandlung der Patienten umfasste lediglich Beta2-Sympathomimetika bei Bedarf. Alle Patienten waren während der Untersuchungsperioden beschwerdefrei.

Die Patienten wurden zunächst einer bronchialen AP [6] unterzogen und nach einer Wash-out-Phase von mindestens drei Wochen erfolgte anschließend eine nasale AP [7]. Die funktionelle und inflammatorische Antwort des jeweiligen Kompartiments wurde untersucht und mit dem anderen Kompartiment in Beziehung gesetzt. Als Studienparameter wurden die allergische Früh- und Spätreaktion (nasaler und bronchialer Atemfluss) [7] [8] [9], die Zytologie (Nasensekret und induziertes Sputum vor und 24 Stunden nach AP) [10] [11] [12], inflammatorische Marker (Myeloperoxidase) durch ELISA-Tests und Stickstoffmonoxid im Exhalat (nasal und bronchial zum Gipfelwert der Früh- und Spätreaktion und 24 Stunden nach AP) [13] erfasst. Die funktionellen Messungen erfolgten spiro- bzw. rhinomanometrisch.

Ergebnisse

Alle Patienten zeigten nach bronchialer AP eine bronchiale Frühreaktion mit einem medianen FEV1-Abfall von 25 % (IQR: 24 - 35 %, p = 0,001). Ebenso kam es bei allen Patienten zu einer nasalen Frühreaktion nach nasaler AP mit einem max. Abfall des nasalen Flusses um 74 % (42 - 83 %, p = 0,002). Die Mehrzahl der Patienten zeigte zumindest qualitativ sowohl nach bronchialer als auch nasaler AP eine deutliche Spätreaktion in beiden Kompartimenten (FEV1-Abfall: 13 % (12 - 21 %), p = 0,004; nasale Flussabnahme: 63 % (51 - 84 %), p = 0,002). Bei den meisten Patienten waren bronchiale und nasale Spätreaktion zeitlich nicht korreliert. Während in der Lunge das Ausmaß der Früh- und Spätreaktion, gemessen am FEV1-Abfall, voneinander unabhängig waren, zeigten die rhinomanometrischen Messungen tendenziell einen positiven Zusammenhang, d. h. eine ausgeprägte Frühreaktion ließ auf eine ebenfalls stärker ausgeprägte nasale Spätreaktion schließen. Darüber hinaus war das Ausmaß der Frühreaktion in der Lunge tendenziell positiv mit dem Grad der Frühreaktion in der Nase korreliert, während sich für die Spätreaktion eher eine negative Korrelation fand.

Die Zellzusammensetzung von Sputum und Nasallavage unterschied sich teilweise signifikant. Im Sputum waren sowohl vor als auch nach AP höhere Makrophagen- (intraindividuelle Differenz Sputum - Nasallavage vor AP: 62,1 % (39,8 - 68,9 %), p = 0,031; nach AP: 45,8 % (28,2 - 68,5 %), p = 0,031) und niedrigere Neutrophilenzahlen (vor AP: - 58,4 % (- 64,1 - - 42,2 %), p = 0,031; nach AP: - 36,6 % (- 57,6 - - 1,6 %), p = ns) nachweisbar. Nach der AP wurden in der Zelldifferenzialzytologie keine gleichgerichteten Veränderungen in nasaler Lavage und induziertem Sputum beobachtet.

Im Sputum fanden sich etwa 10fach höhere Myeloperoxidase-Werte als in der Nasallavage. Nach AP stiegen die Werte in beiden Kompartimenten leicht an (Lunge: 32,9 % (- 2,8 - 81,4 %), p = ns; Nase: 4,4 % (- 31,7 - 24,3 %), p = ns).

Das bronchiale NO nahm während der Frühreaktion um mediane 8 % (- 22 - 5 % vom Ausgangswert, p = ns) und während der Spätreaktion um 13 % (- 26 - 2 %, p = ns) ab. Erst 24 Stunden nach AP stieg das bronchiale NO signifikant über den Ausgangswert an (22 % (11 - 93 %), p = 0,039). In gleicher Weise sank das nasale NO während der Frühreaktion um mediane 14 % (- 36 - - 4 %, p = 0,039), allerdings kam es in der Nase bereits zum Zeitpunkt der Spätreaktion zu einem geringen Anstieg über den Ausgangswert (9 % (- 5 - 45 %), p = ns). 24 Stunden nach AP waren wieder NO-Konzentration im Bereich der Ausgangswerte nachweisbar (0 % (- 20 % - 31 %), p = ns).

Diskussion

Gängige Empfehlungen [7] sprechen einer nasalen Provokation und rhinomanometrischen Messungen die Eignung zum Nachweis einer nasalen Spätreaktion ab. Im Gegensatz dazu belegen unsere Ergebnisse, dass die nasale Spätreaktion nach AP mit Hilfe der aktiven anterioren Rhinomanometrie sehr gut detektierbar und dokumentierbar ist. Patienten mit allergischer Rhinitis und allergischem Asthma mit Früh- und Spätreaktion nach AP zeigten nicht nur in der Lunge, sondern auch in der Nase einen typischen dualen Verlauf.

Die Entwicklung einer bronchialen Spätreaktion in Abhängigkeit von der Stärke der Frühreaktion wird kontrovers diskutiert [14] [15]. In der in dieser Arbeit untersuchten Patientengruppe konnte keine Abhängigkeit der bronchialen Spätreaktion von der Stärke der Frühreaktion dokumentiert werden, bei aufgrund geringer Patientenzahl eingeschränkter Aussagekraft.

In dieser Untersuchung wiesen alle Patienten nach nasaler AP eine nasale Früh- und Spätreaktion auf, jedoch nur 9 von 12 Patienten nach bronchialer AP eine bronchiale Spätreaktion. Das letztgenannte Ergebnis ist in der Literatur breit dokumentiert [14]. Dagegen existieren bislang keine aussagekräftigen Untersuchungen zur Häufigkeit und zur Koinzidenz nasaler Früh- und Spätreaktionen nach nasaler AP.

In jedem Fall lassen die tendenziell positive Korrelation zwischen Lunge und Nase bei der Frühreaktion und die tendenziell negative Korrelation bei der Spätreaktion den Schluss zu, dass an der nasalen und bronchialen Spätreaktion nach AP möglicherweise unterschiedliche pathogenetische Mechanismen beteiligt sind. Diese Interpretation wird zusätzlich durch die seit langem bekannte, dennoch pathogenetisch nicht endgültig verstandene klinische Beobachtung gestützt, dass beispielsweise Antihistaminika einen akzeptablen Effekt auf nasale allergische Symptome aufweisen, gegen bronchiale allergische Symptome jedoch weitgehend wirkungslos sind [16].

Verschiedene Untersuchungen beschreiben sehr unterschiedliche Differenzialzytologien in Sputum und Nasallavage [17] [18] [19] [20] [21]. Tendenziell überwiegen jedoch in Übereinstimmung mit den dargestellten Ergebnissen die Makrophagen im Sputum und die neutrophilen Granulozyten in der Nasallavage. Der hohe Anteil der Neutrophilen in der Nasallavage im Vergleich zum Sputum stellt möglicherweise einen Erklärungsansatz für die generell stark ausgeprägte nasale Spätreaktion dar.

Die Abnahme des NO während der Frühreaktion in Nase und Lunge ist bereits dokumentiert [22] [23]. Zum einen könnte dies Folge der allergen-induzierten Reduktion des Atemflusses sein [24] [25] [26], zum anderen reflektieren niedrige NO-Spiegel während der Frühreaktion die schnelle Weiterreaktion von NO mit Bildung stabiler Stickstoffverbindungen (z. B. Peroxynitrit oder Nitrat) [23]. Die Unterschiede zwischen nasalem und bronchialem NO vor allem im Rahmen der Spätreaktion sind möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die eosinophile Schleimhautentzündung nach AP in der Lunge im Vergleich zur Nase erst zu einem späteren Zeitpunkt ihr volles Ausmaß erreicht.

Zusammenfassung

Nasale und bronchiale Parameter der allergischen Reaktion verhalten sich nach AP nicht kongruent. Insbesondere die allergische Spätreaktion weist deutliche Unterschiede sowohl in funktioneller Hinsicht, als auch im Hinblick auf das Profil inflammatorischer Marker auf. Es muss zunächst offen bleiben, inwieweit hierfür möglicherweise unterschiedliche pathogenetische Mechanismen verantwortlich gemacht werden können.

Literatur

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