Rofo 2005; 177(10): 1455-1456
DOI: 10.1055/s-2005-915979
Mitteilungen der DRG
Radiologie und Recht
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Bedarfsprüfung bei MRT-Ermächtigung - Anmerkung zum Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen von 09.2.2005 (Az.: L 3 KA 253/02)

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Rechtsanwälte Wigge Kleinke Frehse

Rechtsanwalt Michael Frehse

Münster/Westfalen

Email: kanzlei@ra-wigge.de

URL: http://www.ra-wigge.de

Publication History

Publication Date:
16 September 2005 (online)

 
Table of Contents

Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung können mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden (§ 116 SGB V, § 31 a Abs. 1 Ärzte-ZV). Die Ermächtigung ist bekanntlich unter anderem dann zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse des Krankenhausarztes nicht sichergestellt wird (sog. qualitativ-spezieller Bedarf). Hinsichtlich der Frage, ob ein entsprechender Bedarf für die von der beantragten Ermächtigung umfassten besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden besteht, haben die Zulassungsgremien einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich hierbei auf die Überprüfung, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Zulassungsgremien die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.

Die Einhaltung der Grenzen dieses Beurteilungsspielraumes war Gegenstand eines für Radiologen äußerst relevanten Berufungsurteils des LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.2.2005 (Az.: L 3 KA 253/02). Das LSG hat festgestellt, dass für die Bedarfsprüfung einer Ermächtigung auch für MRT-Leistungen auf den Planungsbereich abzustellen ist und Versorgungskapazitäten in benachbarten Planungsbereichen nicht zu berücksichtigen sind.

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Sachverhalt

Dem Fall lag ein Antrag eines radiologischen Chefarztes zugrunde, der unter anderem die Ermächtigung zur Erbringung von MRT-Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung beantragt hatte, da in dem maßgeblichen Planungsbereich kein anderer Radiologe MRT-Leistungen erbrachte und die Klinik Besitzerin des einzigen MRT-Gerätes im Planungsbereich war. Lediglich in angrenzenden Städten anderer Planungsbereiche waren weitere Radiologen niedergelassen, die ebenfalls MRT-Leistungen angeboten haben.

Der beklagte Berufungsausschuss hatte sich bei der Überprüfung des Antrages zunächst mit der Vorfrage der Festlegung des räumlichen Versorgungsgebietes für die Bedarfsprüfung zu befassen. Der Ausschuss hat sich hierbei auf den Standpunkt gestellt, dass bei der Prüfung des Sicherstellungsbedürfnisses für aufwendige und teure Großgeräteleistungen nicht auf die Grenzen des einzelnen Planungsbereiches abgestellt werden könne, zumal dieser lediglich 110 000 Einwohner aufweise. In diesem Fall müsse vielmehr auch die Leistungserbringung in angrenzenden Planungsbereichen Berücksichtigung finden. Insoweit haben auch die bis 1997 gültigen Großgeräte-Richtlinien ein MRT-Gerät für jeweils 750 000 Einwohner vorgesehen, womit sowohl der Bedarf im ambulanten als auch im stationären Bereich erfasst worden sei. Im Übrigen sei es üblich und zumutbar, Patienten zur Inanspruchnahme aufwändiger medizinischer Spezialleistungen auch auf weitere Anfahrtswege zu verweisen. Gegen diese Entscheidung des Ausschusses hat sich der klagende Radiologe gewandt und sich zur Begründung unter anderem darauf berufen, dass die Großgeräte-Richtlinien nicht mehr anwendbar seien und das ärztliche Zulassungsrecht auch sonst keine Zusammenfassung verschiedener Planungsbereiche bei der Bedarfsprüfung vorsehe. Nachdem die Klage vom Sozialgericht Hannover zunächst abgewiesen wurde, hat der Radiologe vor dem Landessozialgericht nunmehr Recht bekommen.

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Versorgungssituation im Planungsbereich maßgeblich

Das Gericht hat festgestellt, dass der beklagte Berufungsausschuss den von Gesetzes wegen vorgegebenen regionalen Bezugsrahmen missachtet habe. Für die Beurteilung eines Ermächtigungsbegehrens sei auch bei MRT-Leistungen grundsätzlich auf die örtliche Versorgungssituation in dem jeweiligen Planungsbereich abzustellen. Daher könne bei einem im einzelnen Planungsbereich festzustellenden Versorgungsbedarf dieser nicht aufgrund freier Versorgungskapazitäten in anderen benachbarten Bereichen seine Relevanz verlieren. Nach Ansicht des Landessozialgerichtes dürfen die Zulassungsgremien von diesem Grundsatz auch nur in besonderen Ausnahmefällen abweichen.

Ein entsprechender Ausnahmefall liege nach Ansicht des LSG unter anderem dann vor, wenn spezielle Leistungen in Frage stehen, die nur von einer auch zahlenmäßig kleinen Minderheit der Ärzte der betroffenen Facharztgruppe erbracht werden, so dass eine planungsbereichsübergreifende Inanspruchnahme dieser Spezialisten üblich und ein wohnortnahes Angebot nicht zu erwarten ist. Dies entspreche auch der Rechtslage bei Sonderbedarfszulassungen, bei denen die Zulassungsgremien in analoger Anwendung der Vorschrift des § 12 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV auch nur bei der Prüfung von Sonderbedarfszulassungsanträgen für eine Subspezialisierung innerhalb des einzelnen Fachgebietes die Bedarfssituation in benachbarten Planungsbereichen berücksichtigen sollen. Die Seltenheit der betroffenen Leistungen müsse sich schließlich auch belegen und objektivieren lassen, um eine Ausnahme vom Grundsatz der planungsbereichsbezogenen Beurteilung des Versorgungsbedarfs zu rechtfertigen.

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Kein Ausnahmefall bei MRT-Leistungen

Eine entsprechende Seltenheit der betroffenen Leistungen in Bezug auf MRT-Leistungen lasse sich nach Ansicht der Richter vorliegend jedoch gerade nicht belegen, da zum maßgeblichen Zeitpunkt 127 niedergelassene Radiologen MRT-Leistungen in Niedersachsen abgerechnet haben und damit auf jeweils 62 195 Einwohner ein niedergelassener Radiologe entfalle, der MRT-Leistungen erbringt. Gegen die Annahme einer seltenen Leistung im vorstehend erläuterten Sinne spreche nach Ansicht der Richter allerdings auch, dass mehr als die Hälfte der niedergelassenen Radiologen MRT-Leistungen erbringen.

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Konkrete einzelfallbezogene Prüfung erforderlich

Das Landessozialgericht weist im Rahmen der Urteilsbegründung zwar darauf hin, dass solche generellen Feststellungen nicht die konkrete einzelfallbezogene Prüfung der Seltenheit einer Leistung und des örtlichen Versorgungsbedarfes ersetzen können. In dem entschiedenen Fall habe der beklagte Ausschuss jedoch keine sonstigen besonderen Umstände aufgezeigt, aufgrund derer er sich als berechtigt ansehen durfte, abweichend von den erläuterten Grundsätzen das Vorliegen eines qualitativen-speziellen Bedarfs unter Berücksichtigung eines überregionalen Bereichs zu beurteilen. Insbesondere die angeführte gute Verkehrsverbindung zu den Radiologen in angrenzenden Planungsbereichen müsse hier unberücksichtigt bleiben, da die Zulassungsgremien nur innerhalb des Planungsbereiches bei Bedarf die örtlichen Verkehrsverhältnisse zu berücksichtigen haben. Eine gute Verkehrsanbindung könne daher nicht dazu führen, dass anstelle des einzelnen Planungsbereiches ein größerer überregionaler Bereich der Bedarfsprüfung zugrunde zu legen ist.

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BSG entscheidet über die Revision

Das LSG hat die divergierenden Interessen, also einerseits das Interesse der Versicherten an einer wohnortnahen Versorgung und andererseits das öffentliche Interesse an einer Begrenzung der an der vertragsärztlichen Versorgung mitwirkenden Ärzte, bei seiner Entscheidung berücksichtigt und gegeneinander insbesondere unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertungen umfassend abgewogen.

Auch die von dem beklagten Berufungsausschuss und der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung angeführten Argumente hat das LSG plausibel widerlegt. Es ist daher davon auszugehen, dass das Bundessozialgericht im Rahmen der zugelassenen Revision diese in Ermächtigungsverfahren von Radiologen regelmäßig relevante Frage im Sinne des Landessozialgerichts bestätigt und die Festlegung des räumlichen Versorgungsgebietes im Rahmen der Überprüfung des Bedarfes für eine Ermächtigung nicht über den maßgeblichen Planungsbereich hinaus festlegt. Bereits unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25.11.1998, SozR 3-2500, §97 Nr. 2) lässt sich bei genauer Betrachtung die Schlussfolgerung ziehen, dass das Leistungsangebot in angrenzenden Planungsbereichen weiterhin nur in begründeten Ausnahmefällen Berücksichtigung finden kann.

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Rechtsanwälte Wigge Kleinke Frehse

Rechtsanwalt Michael Frehse

Münster/Westfalen

Email: kanzlei@ra-wigge.de

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