Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2006; 1(2): 143-164
DOI: 10.1055/s-2005-921202
Beckengürtel und untere Extremität
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Degenerative Erkrankungen des Vorfußes - Hallux valgus und Kleinzehendeformitäten

R.  A.  Fuhrmann1
  • 1Lehrstuhl für Orthopädie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Publication Date:
01 March 2006 (online)

Die Spreizfußdeformität mit ihren konsekutiven Zehendeformitäten (Hallux valgus, Krallenzehe, Klauenzehe, Digitus quintus varus) stellt in Abhängigkeit vom Ausmaß der Fehlstellung eine schwerwiegende Störung der Vorfußgeometrie mit deutlicher Einschränkung der Belastbarkeit des Fußes dar. Die Ursachen (z. B. Rückfußfehlstellung) können vielfältig sein und müssen in die therapeutische Planung miteinbezogen werden.

Prinzipiell kommen zur Behandlung der symptomatischen Spreizfußdeformität konservative (individuell angefertigte Schuhe) oder operative Therapiemaßnahmen infrage. Die Operationsindikation wird anhand definierter klinischer und röntgenologischer Kriterien sowie der geschilderten Beschwerdesymptomatik und der individuellen Anforderung an die Belastung des Fußes gestellt.

Grundlage der konservativen Behandlung ist die Bettung des Vorfußes in einem Schuh mit ausreichender Vorfußbreite und -höhe. Neben der Unterstützung der Längs- und Querwölbung wird die Weichbettung der Mittelfußköpfe angestrebt. Je nach Ausmaß der Deformität kann dies durch Einlagen oder orthopädisches Schuhwerk realisiert werden.

Ziel der Operation ist die Wiederherstellung der physiologischen Vorfußkonfiguration mit orthograder Ausrichtung der Zehen. Eine Korrekturosteotomie des ersten Mittelfußstrahles zur Behandlung der Spreizfußdeformität unter Erhalt des Großzehengrundgelenkes stellt dabei die Grundlage für den rekonstruktiven Eingriff dar. Geeignete Weichteilmaßnahmen zur Rebilanzierung der periartikulären Strukturen des Großzehengrundgelenkes sind unverzichtbarer Bestandteil der operativen Maßnahme. Begleitende degenerative Erkrankungen des Großzehengrundgelenkes können eine Indikation zur Arthrodese darstellen. Resektionsarthroplastiken bleiben hingegen wegen ihrer ungünstigen Auswirkung auf die Vorfußstatik Ausnahmeindikationen vorbehalten.

An den Kleinzehen steht bei vorliegender Klauenzehendeformität die Reposition des Grundgelenkes im Vordergrund. Dies ist nur selten durch isolierte Weichteileingriffe (z. B. Sehnentransfer) möglich, sodass zusätzlich meist verkürzende Osteotomien der Mittelfußstrahlen erforderlich sind. Beugekontrakturen der Mittelgelenke lassen sich, solange sie flexibel sind, mittels Sehnentransfer behandeln. Kontrakte Fehlstellungen erfordern eine Arthrodese oder eine Resektionsarthroplastik. Eine Osteotomie des Mittelfußknochens am fünften Strahl dient der Reduktion des Spreizfußes.

Postoperativ ist eine frühfunktionelle Behandlung mit sofortiger Belastung des Fußes möglich. Allerdings ist eine suffiziente Nachbehandlung (redressierende Verbände, Physiotherapie) erforderlich, um das intraoperativ erreichte Korrekturergebnis zu stabilisieren.

Die operative Korrektur einer fortgeschrittenen Spreizfußdeformität mit Zehenfehlstellungen stellt einen komplexen und technisch anspruchsvollen Eingriff dar. Weichteilschwellungen, behandlungsbedürftige Bewegungseinschränkungen in den Zehengrundgelenken und eine mehrwöchige Rehabilitation müssen dem betreffenden Patienten zuvor ausführlich erläutert und in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.

Der langfristige Behandlungserfolg einer operativen Spreizfußkorrektur wird neben der technischen Durchführung des Eingriffes und der Korrektur aller Fehlstellungskomponenten maßgeblich durch die Stabilität des tarsometatarsalen Überganges und die Position des Rückfußes determiniert.

Priv.-Doz. Dr. med. Renée A. Fuhrmann

Lehrstuhl für Orthopädie der Friedrich-Schiller-Universität Jena (Prof. Dr. med. R. A. Venbrocks) · Rudolf-Elle-Krankenhaus Eisenberg

Klosterlausnitzerstr. 81 · 07607 Eisenberg

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