Rofo 2006; 178(1): 128-130
DOI: 10.1055/s-2005-926171
Mitteilungen der DRG

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Von der AG Muskuloskelettale Diagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft empfohlene Protokolle für MRT-Untersuchungen der Gelenke und Wirbelsäule

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Publication Date:
04 January 2006 (online)

 
Table of Contents #

Präambel

Die im Folgenden von der Arbeitsgemeinschaft Muskuloskelettale Diagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft erarbeiteten Standardprotokolle sollen als Vorschlag für Universalprotokolle für die jeweilige anatomische Region verstanden werden, sofern nicht eine spezielle klinische Fragestellung, eine Sequenzfolge oder Schichtrichtung vorgegeben sind. Keinesfalls sollen die vorgeschlagenen Protokolle bindend sein. Die Arbeitsgemeinschaft Muskuloskelettale Diagnostik ist jedoch der Meinung, dass die empfohlenen Protokolle und Untersuchungsgrundsätze die meisten klinischen Fragestellungen in den entsprechenden Organregionen gut abdecken und bei ihrer Anwendung zu qualitativ hochwertigen Untersuchungen führen.

Sequenzen: Es besteht Einigkeit, dass die Basis der muskuloskelettalen MRT-Diagnostik die Anwendung wassersensitiver Sequenzen darstellt. Hierzu ist die Elimination des Fettsignals erforderlich. Die häufigsten Verfahren sind die relaxationszeitabhängige (STIR) und die frequenzselektive (FS = fatsat, SPIR) Fettsignalunterdrückung.

STIR: Die STIR-Sequenz ist die Sequenz mit der höchsten Wassersensitivität. Diese wird durch den Nachteil eines vergleichsweise schlechteren Signal-zu-Rauschverhältnisses und somit bei vertretbaren Messzeiten mit einer schlechteren Auflösung und einer erhöhten Schichtdicke erkauft. Die Sequenz erfordert in der Regel die zusätzliche Anwendung einer anatomisch höher auflösenden (SE)-Sequenz.

PD FS (Protonendichte-gewichtete Sequenz mit frequenzselektiver Fettsignalunterdrückung): Im Gegensatz zur "klassischen" Protonendichtewichtung mit kurzen Echozeiten sollte eine auf 35- 45 ms verlängerte Echozeit eingesetzt werden. Neben der verbesserten Wassersensitivität durch stärkere T2-Gewichtung und einem für die Gelenkdarstellung optimalen Bildkontrast werden "magic angle"-Artefakte unterdrückt, die bei Echozeiten oberhalb von 33-35 ms nicht mehr auftreten sollen. Mit dieser Sequenzform ist auch ein Doppel-Echo möglich. Die Sequenzen werden als Turbo-/Fast-Spinechosequenz (TSE/FSE) mit Echozug ausgeführt.

Auflösung: Grundsätzlich sollte in der Abklärung muskuloskelettaler Fragestellungen eine erweiterte Matrix (320, 384, 448, 512) angestrebt werden. Ziel sollte eine Pixelgröße von £ 0,4 mm sein. Die Schichtdicke für muskuloskelettale Fragestellungen sollte 3 mm nicht überschreiten (Ausnahme: ausgedehnte Tumoren, Pseudotumoren). Grundsätzlich ist einer größeren Schichtlücke der Vorzug gegenüber einer größeren Schichtdicke zu geben. Da sowohl eine Vergrößerung der Matrix als auch eine Reduktion der Schichtdicke zur Verschlechterung des Signal-zu-Rauschverhältnisses führen, ist eine höhere Magnetfeld B0 wegen der linearen Verbesserung der Signalausbeute mit der Magnetfeldstärke für muskuloskelettale Untersuchungen vorteilhaft. Bei den vorgegebenen Angaben zur Auflösung handelt es sich um Empfehlungen.

T1-Wichtung: Bei allen Knochenmarkveränderungen ist die Anfertigung einer nativen T1-gewichteten SE-Sequenz erforderlich. Bei den meisten anderen Fragestellungen kann sie entbehrlich sein (Ausnahmen: z.B. Knie koronar bei Tractus iliotibialis Friktionssyndrom, Knie koronar bei früher Meniskusdegeneration/Quetschung, Schulter schräg koronar bei adhäsiver Kapsulitis, wenn ohne KM untersucht wird, Handgelenk koronar bei Scaphoidfraktur bzw. bei zahlreichen anderen Frakturen anderer Lokalisationen - gilt nicht für Knochenkontusionen).

T2* 2D GRE: Zweidimensionale T2*-gewichtete GRE-Sequenzen können bei speziellen Fragestellungen hilfreich sein (z.B. zur Darstellung von Blutabbauprodukten (Hämosiderin) bei synovialen Erkrankungen). Allgemein wird dieser Sequenztyp in der muskuloskelettalen Diagnostik aufgrund seiner relativ geringen Pathologiesensitivität jedoch nicht mehr empfohlen.

Gadolinium (Gd) i.v.: Bei allen Sehnenerkrankungen zur Darstellung peritendinöser Veränderungen. Bei Kapsel-, Faserknorpel- und Banderkrankungen/-verletzungen zur Darstellung von fibrovaskulärem Gewebe. Hilfreich besonders an Fuß, Handgelenk und Schulter. Bei allen synovialen Erkrankungen und muskuloskelettalen Tumoren.

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Schultergelenk

Protokoll:

1) parakoronar T1 SE (kein GRE, Turbofaktor bis 3)

2) parakoronar wassersensitive Sequenz (PD/T2 FS oder STIR, PD FS wird der Vorzug gegeben)

3) axial PD FS (ist T2* GRE (FLASH/MEDIC/FFE) überlegen)

4) parasagittal T2 SE (bis Mitte fossa supraspinata inkl. SSP-Muskelbauch)

Parameter:

Schichtdicke 3 mm, FOV 160 mm

Anmerkungen:

Bei chronischen Beschwerden ohne Rotatorenmanschettenruptur ist eine Gd-Applikation (T1 FS koronar, axial) hilfreich (z.B. bei adhäsiver Kapsulitis, Kalkschulter, lokalisierter Bursitis, intrinsischem Impingement, SLAP-Läsion). In der Parasagittalebene wird T2w-Aufnahmen wegen der besseren Darstellung von RM-Rupturen in ap-Ausdehnung der Vorzug gegenüber T1w-Aufnahmen gegeben. Muskelvolumen und fettige Degeneration sind auch auf T2w-Aufnahmen beurteilbar.

Instabilitäten werden am besten mittels direkter MR-Arthrographie (s.u.) untersucht (außer unmittelbar nach Luxation, da hier Gelenkerguß/Hämartros als "natürliches" Kontrastmittel dient). Eine "indirekte Arthrographie" verbessert das S/R-Verhältnis, kann die direkte MR-Arthrographie aber nicht ersetzen.

MR-Arthrographie

Protokoll:

1) parakoronar T1 SE (FS)

2) axial T1 SE (FS)

3) parasagittal T1 SE

4) parakoronar PD/T2 FSE FS

Parameter:

Schichtdicke 3 mm, FOV 160 mm

Anmerkungen:

Besonders bei Schulterinstabilität, Rotatorenmanschetten-Läsion, SLAP-Läsion, Pulley-Läsion. Fettsättigung bei T1w fakultativ, zumindest in einer Ebene sollte jedoch eine Fettsignalsättigung erfolgen. Injektion von 12-20 ml einer 1:200 mit NaCl verdünnten 0,5-molaren Gd-Lösung intraartikulär. Alternativ kann z.B. 0,1 ml Gd in 1:10 mit Kochsalz verdünntem, nicht-ionischem Röntgenkontrastmittel appliziert werden (ermöglicht bei Klaustrophobie eine sofortige CT-Arthrographie).

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Ellbogengelenk

Protokoll:

1) koronar T1 SE

2) koronar wassersensitive Sequenz (PD FSE FS, STIR)

3) axial PD FSE FS

4) fakultativ PDw FSE FS sagittal

Parameter:

Schichtdicke 2 mm, FOV 80-120 mm

Anmerkungen:

Die sagittale Ebene ist bei "rotatorischer posterolateraler Instabilität" (Z.n. Luxation) zur Darstellung der Zentrierung (oder der dorsalen Subluxation) des Radiusköpfchens und bei Veränderungen am Olekranon (inkl. Trizepssehenveränderungen) von Bedeutung.

Eine Kontrastmittelgabe kann bei Epikondylitis und seltenen Überlastungssyndromen hilfreich sein.

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Handgelenk

Protokoll:

1) koronar T1 SE

2) koronar wassersensitive Sequenz (PD FSE FS, STIR)

3) axial PD FSE FS

4) fakultativ PDw FSE FS sagittal

Parameter:

Schichtdicke 2 mm, FOV 80-120 mm

Anmerkungen:

Falls kein akutes Trauma vorliegt, können koronare und axiale T1w FS-Aufnahmen nach Gd-Applikation zur Darstellung einer pathologischen Vaskularisation der Kapsel und der intrinsischen Bänder hilfreich sein. Bei Osteonekrose des Lunatum nach Gd-Applikation statt axialen Aufnahmen sagittale Aufnahmen. GRE-Sequenzen sind zur Beurteilung des Discus articularis nicht hilfreich. Sagittale Sequenzen sollten bei Lunatumnekrose, dist. Radiusfraktur, Scaphoidfraktur, Instabilität eingesetzt werden und können in der Diskus-Diagnostik hilfreich sein (cave: Gefahr der fehlerhaften Diagnose einer DISI-Instabilität bei Ulnarabduktion des HG während der Untersuchung).

MR-Arthrographie

Protokoll:

1) koronar T1 SE FS

2) sagittal T1 SE

3) axial T1 SE FS

4) koronar PD o. T2 FSE FS

Parameter:

Schichtdicke 2 mm, FOV 80-120 mm

Anmerkungen:

Besonders bei Läsionen des Discus articularis und bei Läsionen der intrinsischen HG-Bänder.

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Hüftgelenk

Protokoll:

1) koronar T1 SE

2) koronar wassersensitive Sequenz (PD FS oder STIR)

3) axial PD FS

4) sagittal PD FS, ggf. T2* GRE

Parameter:

Schichtdicke 3 mm, FOV 160-180 mm (einzelne Hüfte) bzw. < 450 mm (bd. Hüften)

Anmerkungen:

Das Hüftgelenk muss nicht grundsätzlich im Seitenvergleich untersucht werden (kleineres FoV möglich). Bei Labrumläsionen, adhäsiver Kapsulitis, Bursitis trochanterica etc. kann Gd hilfreich sein (T1 FS koronar, axial). Der Ausschluss bzw. die Untersuchung einer Hüftkopfnekrose erfordert nicht obligat eine Gd-Applikation.

MR-Arthrographie

Protokoll:

1) axial T1 SE (FS)

2) parakoronar T1 SE (FS)

3) parasagittal T1 SE (FS)

4) parakoronar PD FSE FS bzw. sternförmig senkrecht auf den Pfannenrand. Bezugsebene ist die Pfanneneingangsebene.

Parameter:

Schichtdicke 3 mm, FOV 160-180 mm

Anmerkungen:

Besonders bei Labrumläsionen, freien Gelenkkörpern, Osteochondrosis dissecans, Knorpelschaden, femoroazetabulärem Impingement. Fettsignalsuppression bei T1w-Aufnahmen fakultativ.

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Kniegelenk

Protokoll:

1) koronar oder sagittal T1 SE

2) koronar PD FSE FS

3) sagittal PD FSE FS

4) axial PD FSE FS

Parameter:

FOV 160 mm, Schichtdicke 3 mm (2D) bzw. 1,5 mm (3D)

Anmerkungen:

"Knorpelsequenzen" fakultativ: sagittal T1w 3D SPGR/FLASH/FFE FS/WE o. z.B. 3D DESS WE. Die koronare oder sagittale T1w-Sequenz ist ggf. verzichtbar (siehe Präambel). STIR kann sehr diskrete Überlastungsödeme ggf. sensitiver als PD FS darstellen. Doppelt angulierte Sequenzen für das VKB sind nur in seltenen, unklaren Fällen hilfreich. Für die Meniskusdiagnostik sind PD SE-Sequenzen ohne FS mit 1,8-2,0 mm Schichtdicke vorteihaft (z.B. Ersatz der sagittalen PD FS durch PD 2 mm). Gd-Applikation am Kniegelenk nur bei seltenen, speziellen Fragestellungen hilfreich.

MR-Arthrographie

Protokoll:

1) sagittal T1 SE (FS)

2) koronar T1 SE (FS)

3) axial T1 SE (FS)

4) sagittal PD FSE FS

Parameter:

Schichtdicke 3 mm, FOV 160-180 mm

Anmerkungen:

z.B. bei postoperativem Meniskus, Knorpelläsionen, Stabilitätsdiagnostik bei Osteochondrosis dissecans. Fettsignalsuppression bei T1w-Aufnahmen fakultativ.

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OSG

Protokoll:

1) koronar T1 SE

2) koronar wassersensitive Sequenz (PD FSE FS, STIR)

3) sagittal PD FSE FS

4) axial T2 FSE

Parameter:

Schichtdicke 3 mm, FOV 120-160 mm

MR-Arthrographie

Protokoll:

1) koronar T1 SE (FS)

2) sagittal T1 SE (FS)

3) axial T1 SE (FS)

4) koronar/sagittal PD/T2 FSE FS

Parameter:

Schichtdicke 3 mm, FOV 120-160 mm

Anmerkungen:

Seltene Indikation; Osteochondrosis dissecans zur Stabilitätsprüfung, freie Gelenkkörper. Fettsignalsuppression bei T1w-Aufnahmen fakultativ.

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Knochen-/Weichteiltumor

Protokoll:

1) koronar oder sagittal T1 SE

2) axial T2 FSE FS (Knochentumor) axial T2 FSE (Weichteiltumor)

3) sagittal oder koronar T1 SE n. Gd (gleiche Ebene wie nativ)

4) axial T1 SE FS n. Gd

Parameter:

FOV angepasst, Schichtdicke angepasst

Anmerkungen:

Spulenwahl nach Lokalisation und Ausdehnung des Tumors (Röntgenbild obligat!). Bei Osteo- und Ewing-Sarkom zunächst koronar T1 SE über gesamten tumortragenden Knochen (Bodyspule, Body-Phased-Array-Spule) zum Ausschluss/Nachweis von "Skip"-Läsionen, dann möglichst auf höher auflösende Spule wechseln und nach oben aufgeführtem Protokoll untersuchen.

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Wirbelsäule

Protokoll:

1) sagittal T1 SE/FSE

2) sagittal T2 FSE

3) sagittal STIR-FSE

4) axial T2* GRE (HWS) bzw. T2 FSE (BWS, LWS)

Parameter:

FOV angepasst, Schichtdicke 3-4 mm

Bemerkung:

Gd-Applikation (T1 FS sagittal, axial) bei Spondylodiszitis, bei erosiv verlaufender Osteochondrose, wenn Wurzelirritation durch fibrovaskuläres Gewebe vermutet wird, bei Tumorbefall bei V.a. extraossäre Tumorkomponente oder V.a. diffusen Befall sowie generell postoperativ. Koronare Aufnahmen können helfen, Übergangsanomalien zu erkennen und stellen Bandscheibenvorfälle/Sequester gut in kraniokaudaler Ausdehnung dar (Sequenz: z.B. PDw FSE). Durch eine koronare STIR-Sequenz kann ISG-Pathologie miterfasst werden. Axiale T1w-Sequenz nur als zusätzliche Sequenz bei unklaren Fällen, nicht als primäre axiale Schichtung. Auf die STIR-Sequenz sollte nicht verzichtet werden, da sie aktivierte Spondylarthrosen, Frakturen, erosive Osteochondrosen, etc. erfasst.

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