Rofo 2006; 178(1): 138-139
DOI: 10.1055/s-2005-926175
Mitteilungen der ÖRG

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Ultra-Hochfeld-MR-Forschung an der Medizinischen Universität Wien - Das 7- und 3-Tesla-Projekt

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Publication Date:
04 January 2006 (online)

 
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Das Exzellenzzentrum "Hochfeld-MR" (med. Leiter: Univ.-Prof. Dr. Siegfried Trattnig; nat.-wiss. Leiter: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Ewald Moser) wurde als gemeinsame Einrichtung der Universitätsklinik für Radiodiagnostik (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. H. Imhof) und des Zentrums für biomedizinische Technik und Physik (Vorstand: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. H. Bergmann) der Medizinischen Universität Wien (MUW) im Jahre 2003 gegründet. Es vereinigt biomedizinische Grundlagenforschung und Methodenentwicklung im Bereich der Hochfeld-MR mit morphologisch, funktionell-metabolisch orientierter klinischer Forschung.

Aufbauend auf einer langjährigen Erfahrung an einem seit 1996 in Betrieb befindlichen Bruker 3-Tesla-Ganzkörper-Forschungs-MRT ermöglicht diese innovative, interdisziplinäre Forschungsplattform die Zusammenarbeit mehrerer Forschungsgruppen wie der Physikergruppe um Prof. Moser (Zentrum f. Biomedizinische Technik und Medizinische Physik) und klinischer Arbeitsgruppen (Prof. Beisteiner, Neurologie; Prof. Roden, Innere Medizin; Prof. Trattnig, Radiodiagnostik), die Kooperation mit der Industrie (Medizintechnik- und Pharmafirmen) und die Einbeziehung der stark forschungsorientierten Beiträge wichtiger Kliniken (Innere Medizin III, Neurologie, Neurochirurgie, Psychiatrie, Radiodiagnostik) am AKH Wien - einem der größten Spitäler Europas.

Seit Herbst 2003 wurde von den Leitern des Exzellenzzentrums Hochfeld-MR zusätzlich zum bestehenden 3-Tesla-Bruker-MRT die Anschaffung eines Ultrahochfeld-MR-Tomographen mit 7 Tesla angestrebt. Ein entsprechender Projektantrag wurde vom Rektorat der MUW für 2004, 2005 und 2006 top priorisiert, seit März 2004 vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur finanziell unterstützt und vertraglich mit einem Forschungskooperationsvertrag im Mai 2005 und einem Kaufvertrag im Juni 2005 mit Siemens Medical Solutions als Partner realisiert. Nach Errichtung eines eigenen Gebäudes ab Frühjahr 2006 soll im Sommer 2006 ein 3-Tesla-Forschungs-MR (TimTrio) als Ersatz für das alte Bruker-3-Tesla-MRT und Ende 2006 das 7-Tesla-Ganzkörper-MRT der Firma Siemens mit 45mT/m Gradientenstärke mit bis zu 32 Empfängerkanälen mit Avanto-Elektronik zur Verfügung stehen. Die Kombination 7T und 3T erlaubt einerseits den Wissenstransfer von 3T auf 7T, andererseits kann experimentelle Grundlagenforschung auf 7T in die klinisch orientierte Forschung auf 3T übertragen werden.

Das Exzellenzzentrum Hochfeld-MR der MUW strebt mit dem 7- und 3-Tesla-Projekt nicht nur national die Topposition an, sondern in der klinisch-angewandten Forschung auch europaweit und möchte sich weltweit unter den Top 3 bis 5 im jeweiligen Spezialsegment positionieren.

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Diabetes und funktionelle Hirnuntersuchungen als wesentliche Forschungsschwerpunkte

Geplante Forschungsschwerpunkte in der Forschungskooperation zwischen dem Exzellenzzentrum Hochfeld-MR der MUW und Siemens Medical Solutions:

  • Ein wesentlicher Schwerpunkt sind Stoffwechselerkrankungen, wie Diabetes, die, in Wien bei 7 Tesla weltweit einzigartig, unter Anwendung der Multikern-Spektroskopie in vivo an Leber und Muskel durchgeführt werden sollen.

  • Ein weiterer wesentlicher Schwerpunkt sind funktionelle Hirnuntersuchungen, die den dynamischen BOLD-Effekt nützen. Hier sind die in Wien sehr gut etablierten zeitlich und örtlich gut auflösenden EPI-Techniken mit maximaler Artefaktreduktion essenziell. Zudem soll auch der bei hohen Feldstärken in Wien erstmals eingesetzte statische BOLD-Effekt als suszeptibilitätsgewichtetes Imaging (SWI) weiterentwickelt werden. Einsatzgebiete sollen die neuropsychologischen Grundlagenforschung und die klinische Anwendung wie präoperative Diagnostik bei Hirntumoren, bei zerebralen Gefäßmissbildungen, bei neurodegenerativen Erkrankungen und bei psychiatrischen Kranheitsbildern sein.

  • Einen wichtigen Forschungsaspekt stellt das Studium der frühen Arthrose dar, wobei zentral die Visualisierung der frühen Knorpeldegeneration eine wesentliche Rolle spielt. Vorgesehen sind hier neben hochauflösenden, morphologischen Untersuchungen biochemische Untersuchungen mit T2-Mapping, T1-Mapping nach intravenöser Kontrastmittelgabe, T1rho-Imaging und Natriumbildgebung. Diese Studien sollen die Effizienz verschiedener konservativer Therapien objektivieren und ein aussagekräftiges Monitoring von Knorpeltransplantaten ermöglichen.

  • Aufbauend auf eigenen grundlegenden Arbeiten sollen Kontrastmittelstudien unter Hochfeldbedingungen von Standard-MR-Kontrastmitteln nach intravenöser Applikation und von Zellmarkierungs-Experimenten mittels MR-sensitiver Kontrastmittel (Stammzellen, Chondrozyten) fortgesetzt werden. Dazu gehört auch die bildgebende Therapieerfolgskontrolle mittels neuentwickelter hirnaffiner MR-Kontrastmittel.

  • Das "Molekulare Imaging" soll auf drei Säulen aufgebaut werden, nämlich auf

    1.) Multikernspektroskopie,

    2.) Zellmarkierungsstudien und

    3.) Studien der Mikro-Neoangiogenese im onkologischen Bereich.

Diese Projekte sollen in den nächsten 5-6 Jahren am Exzellenzzentrum für Hochfeld-MR schrittweise - in enger Kooperation mit dem Partner Siemens Medical Solutions - technisch-physikalisch und klinisch umgesetzt umgesetzt werden.

Eine wichtige Voraussetzung für die geplante klinisch orientierte Forschung im Neuro- und Non-Neurobereich stellte die europaweit erste Ethikkommissionsbewilligung für die Anwendung des 7-Tesla-MRT an Probanden und Patienten dar, die bereits im November 2004 bewilligt wurde.

Prof. Thomas Rand, AKH Wien