Einleitung
Einleitung
Die primäre Alveolarproteinose wurde erstmals von Rosen u. Mitarb. 1958 beschrieben
[1]. Hierbei handelt es sich um eine diffuse Lungenerkrankung mit einer Akkumulation
von Phospholipoproteinen in den Alveolen. Eine sekundäre Ursache, wie die Inhalation
von Chemikalien, kann vorkommen. Des Weiteren gibt es kongenitale Formen der Alveolarproteinose.
Epidemiologisch ist die Erkrankung äußerst selten; die Inzidenz wird auf 1 : 2 Millionen
geschätzt, wobei Männer im Verhältnis 3 : 1 häufiger betroffen zu sein scheinen [2]
[3]
[4]. Die Mehrzahl der Alveolarproteinose-Patienten sind Raucher [1]
[5]. Eine Altershäufung ist mit über 80 % der Fälle in der dritten und vierten Lebensdekade
dokumentiert [2]
[3]
[4].
Die sich manifestierenden klinischen Zeichen wie Dyspnoe, meist unter Belastung, seltener
in Ruhe, und Husten sind eher unspezifisch [1]
[4]
[5]
[6]
[7]. Bei der klinischen Untersuchung fallen inspiratorisches Knistern und Zeichen der
Sauerstoffmangelversorgung wie z. B. Zyanose und Uhrglasnägel (in 30 % der Patienten)
auf; letztgenannte aber erst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium [1]
[5]
[7]
[8]
[9]. Im Labor können erhöhte Werte für LDH, Tumormarker, Glykoprotein KL-6 und die Surfactantproteine
A und D festgestellt werden [10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]. Im Lungenfunktionstest zeigt sich meist eine restriktive Funktionsstörung mit einer
Reduktion der Diffusionskapazität [5]. Eine respiratorische Partialinsuffizienz mit einem Abfall des pO2 unter Belastung rundet das klinische Bild ab [2]
[3]
[4]
[17]. Dies wird mit einer großen Anzahl von nicht ausreichend ventilierten Alveolen,
welche mit Lipoproteinen gefüllt sind und somit nicht an der Oxygenierung des Blutes
teilnehmen können, erklärt [5].
Im Röntgen-Thorax zeigen sich unspezifische Veränderungen [18]. Die Akkumulation von Phospholipoproteinen in den Alveolen führt zu Infiltraten,
welche meist beidseitig und mit unterschiedlichen bildmorphologisch ausgeprägten Stadien
auftreten. Diese sind nicht proportional zur klinischen Symptomatik [19]
[20]. Das Verteilungsmuster dieser Verdichtungen kann von perihilär (Fledermaus-Zeichen)
[1]
[4] bis hin zu peripheren basalen Veränderungen reichen [20]
[21]. In den Abb. [1] und [2] sind Röntgen-Thoraxbefunde von Patient 1 vor und nach der Therapie zu sehen.
Abb. 1 Röntgen-Thorax von Patient 1 mit Alveolarproteinose am Anfang der Therapiesitzungen.
Abb. 2 Röntgen-Thorax des Patienten in Abb. 1 nach Ende der Therapie mittels „Ambu-Lavage”.
Mittels CT sind einige bildmorphologische Veränderungen zu diagnostizieren. Insbesondere
sind hier Milchglasmuster und verdickte Interlobärsepten in geografischer Verteilung
zu nennen [22]. Die Verdichtungsareale muten häufig „pflastersteinartig” an („crazy-paving”-Muster)
[23]. Die Abb. [3] zeigt einen CT-morphologischen Befund des Patienten 1 bei primärer Alveolarproteinose.
Die CT zur alleinigen Diagnostik der Erkrankung ist nicht ausreichend.
Abb. 3 Darstellung einer CT-Thoraxuntersuchung bei primärer Alveolarproteinose.
In der bronchoalveolären Lavage wird meist eine milchig trübe Spülflüssigkeit bei
der Spülung des betroffenen Segmentes gefunden [24]. Durch zytologische Färbemethoden (PAS, GIEMSA) können die charakteristischen Phospholipoproteine
in der BAL lichtmikroskopisch dargestellt werden. In der Histologie findet man klassischerweise
in der PAS-Färbung rosa darstellende, lipoproteinreiche Substanz [1].
Zur Therapie der Alveolarproteinose wurden bisher verschiedene Wege beschritten.
Weit verbreitet ist momentan die Lungen-Lavage in diversen Modifikationen als Therapie
der Wahl. Hier sind die Verbesserung der Belastungsdyspnoe, [2] objektive Verbesserungen der Lungenfunktionstests und der Oxygenierung des Blutes
[4] zu nennen. Durch die Lavage können Verbesserungen der Makrophagenfunktionen erreicht
werden [25]. Des Weiteren ist eine Abnahme von opportunistischen Erkrankungen beobachtet worden
[26]. Die Indikation zur Therapie der Alveolarproteinose mittels Lungen-Lavage ist in
der Einschränkung des täglichen Lebens der Patienten aufgrund von Dyspnoe zu sehen.
Patienten und Methode
Patienten und Methode
Über zwei männliche Patienten im Alter von 48 (Patient 1) und 35 (Patient 2) Jahren
wird berichtet. Beide Patienten waren Raucher mit 23 py bzw. 16 py. Eine weitere Risikostoffexposition
konnte jeweils nicht nachgewiesen werden. In der initialen Klinik fanden sich Dyspnoe,
verstärkt unter Belastung, und eine allgemeine Leistungsminderung. Durch das Zusammenspiel
der im oberen Abschnitt genannten diagnostischen Mittel konnte jeweils die Diagnose
einer primären Alveolarproteinose gestellt werden.
Als Therapie wurde eine von Schröter und Kronenberger als abstract vorgestellte modifizierte
BAL, die „Ambu-Lavage”, durchgeführt [27].
Nach Intubation mittels Doppellumentubus und Einleitung einer Vollnarkose wird bei
dieser Methode in Seitenlage (Pat. liegt auf der zu spülenden Seite) initial die zu
lavagierende Lunge mit warmer (37 °C) NaCl-Flüssigkeit komplett aufgefüllt (Menge
1 - 2 l). Dann wird an den Tubus der gefüllten Lunge ein Ambu-Beutel angeschlossen
und die Lunge 3 Minuten lang bebeutelt und dabei die Flüssigkeit in der Lunge „verquirlt”,
und danach abgelassen. Es folgen weitere Zyklen mit 500 ml Spülflüssigkeit (ebenfalls
warme NaCl-Lösung) bis zum Erreichen der Gesamtmenge von 5 l. Nach 5 l Spülung war
die rücklaufende Flüssigkeit in allen Sitzungen klar. Insgesamt wurde jede Lungenhälfte
2 - 3-mal lavagiert. Die Proteinkonzentration jeder Spülfraktion wurde mit der Biuret-Methode
bestimmt, was in der Routine nicht zwingend notwendig ist, da man sich an hierbei
auch am Aussehen der klar werdenden zurücklaufenden Flüssigkeit orientieren kann.
Es folgte eine Nachbeatmungsphase von ca. 2 Std. auf der Intensivstation zur Überwachung.
Danach erfolgt die Extubation des Patienten.
Ergebnis
Ergebnis
Beide Patienten tolerierten die in Narkose mit Doppellumentubus durchgeführten Therapiesitzungen
gut. Wesentliche Komplikationen traten nicht auf. Klinisch konnte eine deutliche Verbesserung
der oben beschriebenen Symptomatik erreicht werden. Subjektiv besserte sich die anfänglich
bestehende Belastungsdyspnoe.
Die Lungenfunktionsprüfungen und arteriellen Blutgase konnten signifikant gebessert
werden. In der arteriellen BGA konnte ein Anstieg des pO2 von 63,2 und 66,8 mm Hg auf 71,4 und 93,7 mm Hg dokumentiert werden. Die Spirometrie
lag nach Therapie im Normbereich, die TLCO konnte von 6,04 mmol/kP/m (64 %) vorher
auf 7,00 mmol/min/kPa (70 %) gesteigert werden (siehe Tab. [1]). Der Protein-washout wurde ermittelt. Durch die Verquirlung der Spülflüssigkeit
konnte ein hoher Protein-washout erreicht werden. Die hierbei festgestellten Werte
sind der Tab. [2] zu entnehmen. Die Interventionsdauer, die mit dem Einleiten der ersten Spülflüssigkeit
begann und mit dem Ausleiten der letzten Spülung endete, wurde ermittelt. Hier konnte
eine durchschnittliche Interventionszeit von 87 min (71 - 110 min) erreicht werden.
Tab. 1 BGA und DLCO vor und nach Therapie der Alveolarproteinose mittels Ambu-Lavage.
|
vorher |
nachher |
|
Patient 1 |
Patient 2 |
Patient 1 |
Patient 2 |
pO
2
(mmHg)
|
63,2 |
66,8 |
71,4 |
93,7 |
pCO
2
(mmHg)
|
40,8 |
35,0 |
38,4 |
37,3 |
TLCO (mmol/min/kPa)
|
6,04 (64 %) |
|
7,00 (70 %) |
|
Tab. 2 Protein-Auswaschungen bei der Ambu-Lavage in g/l (Gramm/Liter).
|
Patient 1 |
Patient 2 |
|
1. Sitzung |
2. Sitzung |
3. Sitzung |
4. Sitzung |
1. Sitzung |
2. Sitzung |
1. |
4,9 |
1,1 |
3,1 |
3,1 |
6,7 |
8,7 |
2. |
3,5 |
1,7 |
2,9 |
2,1 |
0,3 |
3,6 |
3. |
0,9 |
0,7 |
2,3 |
1,0 |
4,9 |
3,4 |
4. |
1,1 |
0,2 |
1,6 |
0,2 |
4,0 |
2,5 |
5. |
0,5 |
0,1 |
0,4 |
0,2 |
2,5 |
1,8 |
6. |
0,3 |
0,3 |
0,8 |
0,2 |
2,9 |
0,8 |
7. |
0,5 |
0,1 |
0,6 |
0,2 |
2,3 |
2,4 |
8. |
0,5 |
0,5 |
0,2 |
0,2 |
1,9 |
1,4 |
9. |
1,0 |
0,1 |
0,5 |
0,2 |
1,4 |
0,1 |
Diskussion
Diskussion
Für die sehr selten auftretende Krankheit Alveolarproteinose gilt bisher die symptomatische
Therapie der Ganzlungenspülung als Therapie der Wahl. Hierbei wurde in der Literatur
meist die so genannte konventionelle Methode verwendet. Hiermit kann in der Mehrzahl
der Fälle eine deutliche Besserung der Symptome und des Befundes erreicht werden [4]
[28]. Auch ist die Ganzlungen-Lavage mit einer verbesserten Funktion der Alveolarmakrophagen
und damit einhergehend einem verminderten Auftreten von opportunistischen Infektionen
verbunden [26]. In einigen Fällen wird von verbesserten Ergebnissen berichtet, wenn die Patienten
während der Lavage manuelle Lungen-Klopfmassagen auf der zu spülenden Lungenseite
erhalten [29]. Waren die Patienten beschwerdefrei, konnte in einigen Fällen auf eine erneute Therapie
verzichtet werden.
Als Nachteil der hier erwähnten konventionellen Therapie ist der lange Therapiesitzungsverlauf
und die Verwendung von bis zu 50 l Spülflüssigkeit zu nennen [30]. Hierbei werden jeweils die zu spülenden Lungenhälften komplett mit erwärmter Flüssigkeit
(meist NaCl) befüllt und dann direkt der Schwerkraft folgend wieder passiv ausgeleitet.
Dieses Prozedere wird solange wiederholt, bis die sich entleerende Flüssigkeit klar
geworden ist. Dieser Vorgang kann für eine Therapiesitzung bis zu 5 Stunden dauern.
Hiermit verbunden ist ein nicht unerhebliches Narkoserisiko. Das große Risiko der
Lungenspülung ist die Hypoxämie, welche durch eine Beatmung mit hohem Sauerstoffgehalt
vermieden werden kann [31]. Die Entleerungsphase bei der Lungen-Lavage ist eine der kritischen Phasen, da hier
durch den sinkenden Druck in den Alveolen und der Perfusion das Blut in die zu spülende
Lungenhälfte vermehrt fließt und somit weniger Sauerstoff aufgenommen werden kann.
Ein Absinken des pO2 ist die Folge.
In einigen Fällen werden Segmentspülungen mittels Bronchoskopie durchgeführt, insbesondere
wenn der Patient eine komplette Lungen-Lavage nicht tolerieren würde. Hiermit kann
eine Vollnarkose vermieden werden. Allerdings sind mehrere Therapiesitzungen notwendig
und die Spülmenge meist nur unzureichend [32].
Über 60 % der Patientin mit Alveolarproteinose können nach jeweils 2 Ganz-Lungen-Spülungen
wieder ein normales Leben mit normaler Belastbarkeit führen [4]
[26]. Nur in seltenen Fällen mussten bei einigen Patienten bis zu 6 Lungenspülungen durchgeführt
werden, um ein zufrieden stellendes Ergebnis zu bekommen.
Die von uns verwendete Ambu-Lavage-Methode verkürzt deutlich die Interventions- und
damit auch die Narkosedauer. Diese Methode wurde in einem Abstract von Kronenberger
u. Mitarb. beschrieben [27]. Bei Verwendung von erheblich weniger Spülflüssigkeit ist der erreichte Protein-washout
hoch. Die Bestimmung des Proteingehaltes ist in der klinischen Routine nicht notwendig,
da bereits optisch ein Therapieerfolg sichtbar ist. Die Anzahl der Therapiesitzungen
befindet sich im Bereich der konventionellen Ganzlungen-Lavage. Daher ist die Ambu-Lavage
von uns der konventionellen Methode vorgezogen worden.
Neuerdings wird in der Literatur verstärkt auf das Thema GM-CSF eingegangen. In der
Erforschung der Pathogenese konnte an Tiermodellen durch Ablation des GM-CSF-Gens
eine Alveolarproteinose induziert werden. Ebenso konnte an diesen Tiermodellen gezeigt
werden, dass durch die Gabe von GM-CSF eine zuerst induzierte Alveolarproteinose sich
bessern lässt [5].
Diese Therapieform ist allerdings bisher rein experimenteller Natur und mit einem
hohen Kostenaufwand verbunden [7].
Momentan wird ihr Einsatzschwerpunkt nur im Rahmen von Studien gesehen [5]
[7]. Insgesamt scheinen jedoch bisher nur 40 % der mit diesem Medikament behandelten
Patienten auf die Therapie anzusprechen. Die therapeutische Ganzlungen-Lavage ist
und bleibt die Therapie der Wahl.
Schlussfolgerung
Schlussfolgerung
Die Ambu-Lavage ist eine sichere, effektive und zeitsparende Therapievariante der
primären Alveolarproteinose.
Anmerkung
Anmerkung
Inhalte dieser Arbeit wurden in Auszügen auf dem Pneumologen-Kongress 2005 in Berlin
vorgetragen.