Rofo 2006; 178(4): 452
DOI: 10.1055/s-2006-939471
Mitteilungen der DRG

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Zertifizierung von Gefäßzentren

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Publication Date:
10 April 2006 (online)

 
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    Die Idee von fachübergreifenden, interdisziplinären Zentren zur Optimierung von Diagnose- und Behandlungsprozessen ist nicht neu, allerdings findet derzeit in vielen Bereichen eine intensive Diskussion um die konkrete Bildung von verschiedenartigen Zentren statt. Insbesondere vor dem Hintergrund eingeschränkter wirtschaftlicher Ressourcen und einem neuen Vergütungssystem im Krankenhausbereich, das sich ausschließlich an Diagnosen und Prozeduren orientiert und kaum noch fachabteilungsspezifische Kriterien beinhaltet, müssen interdisziplinäre Kooperationen neu bewertet werden.

    Bereits Ende der 60er Jahre wirkten in der Aggertalklinik Radiologen (E. Zeitler), Gefäßchirurgen (H. Giessler), Angiologen (W. Schoop) erfolgreich zusammen. Die Organisationsstrukturen waren damals aber noch sehr abteilungsbezogen und vertikal geordnet. Die Reorganisation der Krankenhausstrukturen sowie der ambulanten Medizin befand sich noch in den Kinderschuhen.

    Ende der 90er Jahre wurde dann in verschiedenen Fachgesellschaften eine verstärkte Diskussion um die Sinnhaftigkeit von interdisziplinären Zentren geführt. Folgerichtig hat dann die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie als erste Fachgesellschaft konkrete Empfehlungen zur Bildung von interdisziplinären Gefäßzentren publiziert und Zertifizierungskriterien definiert.

    Anträge auf eine Zertifizierung durch die Deutsche Röntgengesellschaft können bei der DRG-Geschäftsstelle in Berlin abgefordert werden.

    Wichtige Innovationen der letzten Jahre, den Gefäßsektor betreffend, beziehen sich auf neue diagnostische Verfahren sowie immer komplexere interventionelle Techniken. Dies verdeutlicht, dass der diagnostischen und interventionellen Radiologie innerhalb eines Gefäßzentrums eine wichtige Rolle zukommt, die sie am besten in enger Kooperation mit der Gefäßchirurgie sowie der Angiologie und den übrigen assistierten Fachgebieten ausfüllen kann.

    Nicht der Patient hat sich an den vorgegebenen Organisationsstrukturen zu orientieren, vielmehr rücken die beteiligten Ärzte über die Fachgrenzen hinweg den Patienten in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen. Klare Vorgaben und strukturierte klinische Prozessabläufe garantieren eine Qualität auf gleichbleibend hohem Niveau. Von den Beteiligten wird erwartet, dass sie einen ganzheitlichen Ansatz zur Lösung des individuellen Gefäßproblems des einzelnen Patienten erarbeiten.

    Im zertifizierten Gefäßzentrum soll eine sachgerechte, serviceorientierte Arbeitsteilung ermöglicht werden, um so den zukünftigen Anforderungen noch flexibler und effizienter gerecht zu werden. Von Mitgliedern der Deutschen Röntgengesellschaft wurden in enger Anlehnung an die bereits existierenden Vorschläge - insbesondere der DGG - eigene Zertifizierungskriterien erarbeitet und den Anforderungen unseres Fachgebietes angepasst. Anträge auf eine entsprechende Zertifizierung durch die DRG können jetzt bei der Geschäftsstelle in Berlin abgefordert werden. Wenngleich formal gesehen Zertifizierungen auch alleine durch die DRG möglich sind, empfiehlt sich jedoch von vornherein eine Zertifizierung auch durch andere Fachgesellschaften, z.B. die DGG, um so den gemeinsamen Ansatz noch deutlicher werden zu lassen.

    Die demographischen und epidemiologischen Daten lassen zweifelsfrei erkennen, dass Diagnose und Therapie von Gefäßerkrankungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine enorme medizinische und soziale Bedeutung haben werden. Vor diesem Hintergrund fordern Patientenvertretungen, Politik und Kostenträger leistungsfähige, qualitätsorientierte und innovative Ansätze, wie sie beispielhaft mit der Bildung von zertifizierten Gefäßzentren verfolgt werden.

    Prof. W. Gross-Fengels, Hamburg