Einleitung
Das Granuloma anulare ist eine benigne, meist selbst-limitierende Erkrankung unbekannter
Ursache, gekennzeichnet durch dermale Papeln, die oft eine anuläre Konfiguration annehmen,
und die zu den granulomatösen entzündlichen Hauterkrankungen, die durch histomorphologisch
nachweisbare Granulome gekennzeichnet sind, zählt. Neben der lokalisierten Form gibt
es auch disseminierte Formen der Erkrankung. In etwa 15 % der Fälle liegt ein generalisiertes
oder disseminiertes Granuloma anulare vor, wobei oft ältere Patienten erkranken. Diese
Erkrankung äußert sich meist durch disseminierte anulär betonte erythematöse, plane
oder plaqueartige Hautveränderungen. Daneben kann sie selten auch primär durch Hunderte
von kleinen disseminierten hautfarbenen oder rötlichen Knötchen gekennzeichnet sein,
die dann erst später zu anulären, bis zu etwa 5 cm durchmessenden randbetonten Plaques
von weißlicher, rötlicher, livider oder bräunlicher Farbe konfluieren können. Im Gegensatz
zu der subjektiv oft weitgehend symptomlosen und meist binnen zwei Jahren spontan
abheilenden lokalisierten Erkrankung, die nicht in jedem Falle therapiert werden muss,
verlaufen die disseminierten Formen eher chronisch und neigen weniger zur Spontanheilung.
Wir stellen hier einen Patienten mit einer miliaren (hirsekorngroßen) kleinpapulös-lichenoiden
Variante des disseminierten Granuloma anulare vor.
Kasuistik
Uns wurde ein 46-jähriger Patient mit Hunderten exanthematisch ausgesäter Knötchen
im Bereich des Stammes und der proximalen Extremitäten vorgestellt. Der Patient gab
an, die allenfalls gering juckenden Hautveränderungen seien vor ca. 8 Monaten erstmals
simultan aufgetreten. Der Patient sah einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten
der Hauterscheinungen und einem vorherigen Zeckenbiss. Medikamenteneinnahmen wurde
negiert. Unter einer seitens der zuweisenden Dermatologin durchgeführten kombinierten
UV-A- und UV-B-Phototherapie sei es eher zu einem Progress, insbesondere an den Beinen,
gekommen.
Es fanden sich am gesamten Stamm und an den proximalen Extremitäten disseminiert Hunderte
von monomorphen erythematösen Knötchen von 1 - 2 mm Durchmesser. Diese hatten einen
lichenoiden Aspekt mit angedeutet polygonaler, scharfkantiger, flach erhabener Form
und aufliegender Hyperkeratose ([Abb. 1]). Striäre Anordnungen von Einzelherden im Sinne eines Köbner-Phänomens fanden sich
nicht. In der Diaskopie zeigte sich kein lupoides Infiltrat. Im Bereich der Wangen-Schleimhaut
fand sich angedeutet eine Wickhamsche Zeichnung. Das Genitale fand sich frei.
Abb. 1 a, b Schulter und Flanke eines 46-jährigen Patienten mit disseminiertem miliaren (kleinpapulös-lichenoiden)
Granuloma anulare: Hunderte von 1 - 2 mm durchmessenden erythematösen und lichenoiden
Papeln. Diaskopisch ohne apfelgeleeartigen Farbaspekt.
Klinisch erinnerten die Hautveränderungen trotz des kaum vorhandenen Juckreizes am
ehesten an einen Lichen ruber exanthematicus bzw. einen Lichen nitidus. In der Histologie
fanden sich aber Veränderungen im Sinne eines Granuloma anulare. Bei orthokeratotischer
Epidermis fand sich eine sternförmig umschriebene, unscharf begrenzte Nekrobiose mit
vermehrter Muzineinlagerung, umgeben von einer palisadierenden histiozytären Randreaktion.
Im Randbereich fanden sich paravasal auch lockere Rundzellaggregate. Eine Eosinophilie
fehlte ebenso wie Merkmale eines sarkoidalen Granuloms ([Abb. 2]). In der Labordiagnostik fanden sich die Borrelien-, TPHA- und Hepatitis-Serologie
negativ, das HbA1c fand sich normwertig.
Abb. 2 a,b HE-Präparat (a) und Alzianfärbung (b)eines biopsierten lichenoiden Knötchens: Sternförmig
umschriebene, unscharf begrenzte Nekrobiose mit vermehrter Muzineinlagerung (b) umgeben
von einer palisadierenden histiozytären Randreaktion. Im Randbereich fanden sich paravasal
auch lockere Rundzellaggregate.
Im weiteren Verlauf entwickelte der Patient nach einer weiteren Woche im Bereich der
Streckseite des linken Unterschenkels kontusiforme sehr stark schmerzhafte subkutane
Knotenbildungen im Sinne eines Erythema nodosum. In der Labordiagnostik zeigte sich
eine mäßige Monozytose von 13 %. ACE, Antistreptolysin, CRP und Rheumafaktor fanden
sich im Normbereich bzw. negativ. Ein durchgeführter Röntgen-Thorax in 2 Ebenen fand
sich ohne Hinweis auf ein Tumorgeschehen, eine aktive Tuberkulose oder pneumonische
Infiltrate und ohne Nachweis einer pulmonalen Sarkoidose.
Dem Patienten wurde zur Therapie des disseminierten Granuloma anulare eine Photochemotherapie
(orale oder Bade-PUVA-Behandlung) angeboten. Aufgrund des geringen subjektiven Leidensdrucks
wollte er hiervon zunächst jedoch Abstand nehmen.
Diskussion
Das Granuloma anulare (Wortstämme: „Körnchen” und „Ring”) ist eine benigne, meist
selbst-limitierende Erkrankung unbekannter Ursache, gekennzeichnet durch dermale Papeln,
die oft eine anuläre Konfiguration annehmen. Die Erkrankung wurde erstmals 1895 durch
Fox klinisch und 1902 durch Crocker als spezifische Entität beschrieben [3]. Sie zählt zu den granulomatösen entzündlichen Hauterkrankungen, die durch histomorphologisch
nachweisbare Granulome, knötchenförmige Zellansammlungen, die hauptsächlich aus Makrophagen
und Lymphozyten bestehen, gekennzeichnet sind. Klinisch werden neben der klassischen
lokalisierten Form, die perforierende, die subkutane, die erythematöse, die plaqueförmige
und die disseminierte Form des Granuloma anulare, histologisch die nekrobiotische
und die granulomatös-interstitielle Variante unterschieden [3].
In etwa 15 % der Fälle liegt ein generalisiertes oder disseminiertes Granuloma anulare
vor, wobei oft ältere Patienten erkranken. Bei der erythematösen Form können sich
besonders am Stamm aus disseminierten anulären Erythemen flache, unterschiedlich konfigurierte
Papeln entwickeln. Bei der Plaqueform entwickeln sich, besonders an den Unterschenkeln,
flächenhaft infiltrierte rötliche oder rötlich-bräunliche randbetonte Herde, ähnlich
wie bei der Necrobiosis lipoidica. Diese beiden Formen können auch als klinische Varianten
des disseminierten Granuloma anulare betrachtet werden. In einer seltenen weiteren
Variante tritt die Erkrankung meist am Stamm und an den Unterschenkeln auf und ist
gekennzeichnet durch Hunderte von kleinen disseminierten hautfarbenen oder rötlichen
Knötchen, die gelegentlich auch jucken können und später zu anulären, bis zu etwa
5 cm durchmessenden randbetonten Plaques von weißlicher, rötlicher, livider oder bräunlicher
Farbe konfluieren können. Die disseminierten Formen der Erkrankung verlaufen chronischer
und neigen weniger zu Spontanheilungen [3].
In unserem Fall fand sich ein Befall des Stammes und besonders der proximalen Extremitäten
mit Hunderten von hirsekorngroßen (miliaren) rötlichen Papeln mit deutlichem lichenoiden
Aspekt. Klinisch wurde zunächst an einen disseminierten Lichen ruber bzw. einen Lichen
nitidus gedacht, wobei gegen erstere Differenzialdiagnose der nur gering vorhandene
Juckreiz, gegen letztere die rötliche Farbe, die etwas zu großen Einzelherde und deren
Verteilung sprach. Erst die histopathologische Untersuchung eines biopsierten Knötchens
zeigte eine nekrobiotische Form eines Granuloma anulare. Trotz des späteren Auftretens
eines Erythema nodosum fanden sich weder klinisch, histologisch, laborchemisch noch
radiologisch Anhaltspunkte für eine Sarkoidose.
Der kleinpapulös-lichenoide Typ des disseminierten Granuloma anulare als atypische
Manifestation der Erkrankung wurde erstmals von Pachinger und Kerl [5] in ihrer Einteilung klinischer Erscheinungsformen des Granuloma anulare definiert.
Einzelne Fälle mit zusätzlicher teilweise anulärer Anordnung der lichenoiden Papeln
wurden vereinzelt beschrieben [6]
[9]. Zuweilen sind die lichenoiden Papeln auch follikulär angeordnet und zentral gedellt
[1].
Insbesondere bei den Formen des disseminierten Granuloma anulare werden verschiedene
kausale Faktoren, insbesondere Diabetes mellitus Typ 2 oder Hepatitis-Virus-Infektionen
diskutiert [3]. Für entsprechende Begleiterkrankungen fand sich in unserem Fall kein Hinweis.
In einem Fall eines anulär angeordneten kleinpapulös-lichenoiden Granuloma anulare
kam es zur Abheilung nach Etretinat-Therapie, in einem weiteren nach Einstellung eines
begleitenden Diabetes mellitus [6]
[9]. Fälle von follikulär angeordneten kleinpapulös-lichenoidem Granuloma anulare sprachen
vorübergehend auf systemische Steroide an [1]. Harth und Richard berichten über die erfolgreiche kombinierte Behandlung eines
Falls eines kleinpapulös-lichenoiden Granuloma anulare mit Etretinat und PUVA [2]. Verschiedene Varianten des disseminierten Granuloma anulare behandelten Langrock
sowie Salomon und Mitarbeiter [4]
[7] in der Mehrzahl der Fälle erfolgreich mit Bade-PUVA. Ein kleinpapulöses Granuloma
anulare, das nicht auf systemische Steroide, Clofazimine bzw. Creme-PUVA ansprach,
heilte unter Fumarsäure binnen 6 Wochen nahezu vollständig ab [8].
Unserem Patienten wurde zur Therapie des disseminierten Granuloma anulare eine Photochemotherapie
(orale oder Bade-PUVA-Behandlung) vorgeschlagen. Alternativ wäre vor allem ein individueller
oraler Heilversuch mit Retinoiden oder Fumarsäureestern zu erwägen.
Wir denken, dass der vorliegende Fall die hohe Bedeutung einer histologischen Diagnosesicherung
bei lichenoiden Dermatosen demonstriert, da in manchen Fällen auch ein disseminiertes
kleinpapulös-lichenoides Granuloma anulare vorliegen könnte.
Danksagung
Wir danken Frau Dr. med. Renate Ott, Hautarztpraxis Rehau, für die gemeinsame Betreuung
des Patienten, Herrn Dr.med. Michael Wilk, Dermatohistologisches Labor Nürnberg, für
die Überlassung und Herrn Chefarzt Dr. med. Christoph Seidl, Institut für Pathologie
und Tumordiagnostik am HUMAINE Vogtland-Klinikum Plauen, für die Ablichtung der histologischen
Schnittpräparate.