Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(24): 1414
DOI: 10.1055/s-2006-946592
Korrespondenz | Correspondence
Erwiderung
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Verbesserungspotenzial des Medizinstudiums aus retrospektiver Sicht von Facharztprüflingen - Erwiderung

M. Hofer
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Publication Date:
19 June 2006 (online)

Auf die o. g. Zuschrift von Herrn Prof. Erdmann zu unserem Beitrag [1] möchten wir kurz Stellung nehmen. Sicherlich ist nach der Meinung vieler Kollegen ein relevantes „Einsparungspotenzial” in der Stoffmenge gerade des vorklinischen Studienabschnitts gegeben. Diese These spiegeln auch die Befragungsergebnisse eindeutig wieder. Es sollte jedoch bedacht werden, dass es nicht unbedingt die Relevanz der jeweils vermittelten Kompetenzen für den ärztlichen Beruf ist, die zu den vereinzelt miserablen Wertungen einzelner Fachdisziplinen geführt hat.

Wer schon einmal in Patientenrolle mit einem wenig einfühlsamen Arzt zu tun hatte, wird z. B. hinterher kaum behaupten, dass die (bei den Studierenden so unbeliebten) psychosozialen Fächer für den Arztberuf unerheblich und somit zu vernachlässigen seien. Vielmehr kann dies ebenso an einer schlechten Auswahl der Unterrichtsbeispiele oder an den eingesetzten Unterrichtsmethoden liegen. Dies scheint tendenziell besonders oft in den Fachdisziplinen der Fall zu sein, in denen „Nicht-Mediziner” den medizinischen Nachwuchs unterrichten sollen, ohne selbst über eine entsprechende Berufserfahrung zu verfügen. Man stelle sich vor, zukünftige Piloten würden im Flugsimulator ausschließlich durch „Nicht-Piloten” trainiert und beraten - kaum vorstellbar.

Oft tragen in den theoretischen oder naturwissenschaftlichen Fächern Grundlagenforscher ohne jede pädagogische Grundausbildung die „Unterrichtslast”, deren Zeitaufwand sie viel lieber ihrer Forschung oder Drittmitteleinwerbung widmen würden. Insofern mag eventuell eine Modifikation des Vorschlags von Prof. Erdmann zielführender sein, in den genannten Fächern zwei getrennte Karrierewege einzurichten: Einen für die Didaktik der Anatomie, Physiologie etc. (zu besetzen durch lehrengagierte Fachärzte mit ausreichend klinischer Erfahrung, die z. B. altersbedingt die Nacht- oder Wochenenddienst-Belastung der klinischen Patientenversorgung scheuen) und einen zweiten Lehrstuhl, der die aktuellen (z. B. molekularbiologischen) Fragestellungen wissenschaftlich bearbeitet. Ohne karriererelvante Anreize und Entwicklungsmöglichkeiten kann von den medizinischen Kollegen auf breiter Basis kaum ein professionelles Engagement für die Lehre erwartet werden - „gute Lehre” muss sich spürbar lohnen - für den einzelnen Dozenten.

Literatur

  • 1 Hofer M, Jansen M, Soboll S. Verbesserungspotenzial des Medizinstudiums aus retrospektiver Sicht von Facharztprüflingen.  Dtsch Med Wochenschr. 2006;  131 373-378

Dr. med. M. Hofer, MPH, MME (CH)

Anatomisches Institut II, Leiter der AG Medizindidaktik an der Heinrich-Heine-Universität

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