Der Klinikarzt 2006; 35(6): X
DOI: 10.1055/s-2006-947135
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Opportunistische Mykosen - Mykosebewusstsein ist ein wichtiger Sicherheitsaspekt in der modernen Medizin

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Publication Date:
05 July 2006 (online)

 
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Tief lokalisierte, lebensbedrohliche, opportunistische Mykosen sind mittlerweile zur Crux in der klinischen Betreuung von Patienten geworden, deren Infektabwehr durch unterschiedliche Grunderkrankungen eingeschränkt ist. Gerade bei Menschen, zu deren Lebensverlängerung bei gravierenden, schweren Krankheiten die moderne Medizin wesentlich beitragen kann, treten schwere Mykosen auf und machen einen beträchtlichen Anteil der sehr aufwändigen und teuer erkauften Therapieerfolge zunichte.

Opportunistische Mykosen sind zu 98% Candidosen und Aspergillosen. Den Rest dominieren Fusarium-, Trichosporon- und Zygomyzeten-Arten. Wichtigstes Infektreservoir bei der Candidose ist die patienteneigene kommensale Flora des Gastrointestinaltraktes. Diese Infektionsquelle kann allerdings nicht prophylaktisch eliminiert werden, bevor ein Patient in eine Mykoserisikosituation gerät.

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Nicht immer zeigen Mykosen ein so freundliches Gesicht: Candida spp. auf Chromagar (grün: C. ablicans, blau: C. tropicalis, rot: C. glabrata, blassrot: C. krusei) Bild: K. Mosbach, Mannheim

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Das Bewusstsein für Mykosen weiter schärfen

Regelhafte Leitsymptome zeigen opportunistische Mykosen nicht, sie können aber eine Vielzahl andersartiger Krankheiten vortäuschen. Dies gestaltet die klinische Diagnosestellung schwierig. Zwar hat sich die mykologische Labordiagnostik in den letzten Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt, sie lässt aber hinsichtlich der Erfassung therapiesteuernder diagnostischer Frühsignale noch erhebliche Wünsche offen - dennoch ist sie zur Diagnosestellung unerlässlich und unentbehrlich.

Erfreulicherweise sind die klinisch tätigen Ärzte in den letzten drei Jahrzehnten gegenüber der Gefahr, die von Mykosen ausgeht, sensibler geworden. Dazu hat sicherlich die Entwicklung und die Verfügbarkeit neuer Antimykotika maßgeblich beigetragen. Die Erkenntnisse bezüglich mykosebedingter Komplikationen bei Risikopatienten, die vielfältigen Möglichkeiten des wissenschaftlichen Erfahrungsaustausches, systematische Fortbildungsveranstaltungen, das Know-how der Ärzte und die Entwicklung von Leitlinien und Therapiestrategien sind heute für zahlreiche Patienten überlebenswichtige bzw. -rettende Faktoren.

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Jede Stunde zählt!

Beste Chancen haben Mykosepatienten, wenn die Infektion frühzeitig erkannt und behandelt wird. Prädisponierte Patienten, die eine Candida-Kolonisation aufweisen, besitzen ein zehnmal höheres Risiko für eine Candida-Sepsis als Patienten mit der gleichen Grunderkrankung aber ohne Kolonisation. Im Falle einer Candidämie liegt die Mortalitätsrate bei 40%, wenn innerhalb von 48 Stunden eine effektive Therapie erfolgt ([1], [4]). Beginnt die Behandlng später, steigt sie auf 77%. Jede Stunde zählt also. Dies eröffnet aber die Chance, durch eine frühzeitige Intervention auch bei unklarem Erreger die Prognose der betroffenen Patienten zu verbessern.

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Therapie heißt auch, seinem Wissen zu vertrauen

Nun stellt sich die Frage nach dem geeigneten Antimykotikum, das auch bei noch unbekanntem Erreger sicher wirksam ist. Welche Anforderungen muss es erfüllen? Zuverlässige Wirksamkeit, breites Erregerspektrum, Verträglichkeit und nicht zuletzt auch Wirtschaftlichkeit? Mit Voriconazol (Vfend®) können diese Kriterien erfüllt werden. Die Substanz hat sich in vier Jahren Einsatz zum Goldstandard in der Therapie der Aspergillosen entwickelt und erhielt 2005 auch die Zulassung zur First-line-Therapie invasiver Candida-Infektionen sowie Sedosporiosen und Fusariosen. Damit ist Voriconazol eine der derzeit erfahrendsten Substanzen in der antimykotischen Therapie.

Selbst in der Intensivmedizin sind Interaktionen und Nebenwirkungen sehr gut beherrschbar und kein Grund, dem Patienten diese Substanz vorzuenthalten, bestätigte Dr. R. Höhl, Nürnberg, kürzlich in einem Interview ([3]). Für die Therapiedauer lautet die Empfehlung: 14 Tage nach der letzten positiven Blutkultur weiterbehandeln, was einer gesamten Behandlungszeit von 16-20 Tagen entspricht, die im Bedarfsfall auch ausgedehnt werden kann.

Gabriele Henning Wrobel, Erwitte

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Literatur

  • 01 Anonymus   . Systemische Mykosen. Diagnostische und therapeutische Optionen frühzeitig nutzen.  Mykologie Forum. 2005;  (3) 16-18
  • 02 Kujath P (Hrsg) . Mykosen in der operativen Medizin.  Stuttgart: Georg Thieme Verlag. 1998; 
  • 03 DOI: 10.1055/s-2006-939746 Mykosen in der Intensivmedizin - Beste Chancen bei frühzeitiger Therapie. Interview mit Dr. Rainer Höhl, Nürnberg. klinikarzt 2006; 35 (3): XV-XVI. 
  • 04 Nolla-Salas J . Sitges-Serra A . Leon-Gil C . et al . Candidemia in non-neutropenic critically ill patients: analysis of prognostic factors and assessment of systemic antifungal therapy. Study Group of Fungal Infection in the ICU.  Intensive Care Med. 1997;  23(1) 23-30
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Literatur

  • 01 Anonymus   . Systemische Mykosen. Diagnostische und therapeutische Optionen frühzeitig nutzen.  Mykologie Forum. 2005;  (3) 16-18
  • 02 Kujath P (Hrsg) . Mykosen in der operativen Medizin.  Stuttgart: Georg Thieme Verlag. 1998; 
  • 03 DOI: 10.1055/s-2006-939746 Mykosen in der Intensivmedizin - Beste Chancen bei frühzeitiger Therapie. Interview mit Dr. Rainer Höhl, Nürnberg. klinikarzt 2006; 35 (3): XV-XVI. 
  • 04 Nolla-Salas J . Sitges-Serra A . Leon-Gil C . et al . Candidemia in non-neutropenic critically ill patients: analysis of prognostic factors and assessment of systemic antifungal therapy. Study Group of Fungal Infection in the ICU.  Intensive Care Med. 1997;  23(1) 23-30
 
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Nicht immer zeigen Mykosen ein so freundliches Gesicht: Candida spp. auf Chromagar (grün: C. ablicans, blau: C. tropicalis, rot: C. glabrata, blassrot: C. krusei) Bild: K. Mosbach, Mannheim