Gastrointestinale Komplikationen durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Acetylsalicylsäure
(ASS) sind medizinisch und ökonomisch eine immense Herausforderung. Immerhin werden
in Deutschland Jahr für Jahr knapp 40000 Patienten wegen NSAR-Komplikationen, etwa
gastrointestinalen Blutungen oder Perforationen, in die Klinik eingewiesen. Die Zahl
der Todesfälle beträgt schätzungsweise fast 6000 pro Jahr. Zahlen aus England sprechen
von 367 Millionen Euro Kosten jährlich, die für die Behandlung von NSAR-Komplikationen
ausgegeben werden. Ähnlich hohe Zahlen erwartet Prof. P. Malfertheiner, Magdeburg,
auch für Deutschland.
Dass sich durch einen effektiven Magenschutz das Hospitalisierungsrisiko reduzieren
und dadurch Kosten senken lassen, zeigt unter anderem eine Fallkontrollstudie mit
deutschen Krankenkassendaten ([10]). Danach steigt das Risiko unter der Einnahme von Diclofenac um das 3,21fache. Erhalten
die Patienten zusätzlich einen Protonenpumpenhemmer (PPI), reduziert sich die Wahrscheinlichkeit
auf das 1,26fache, erläuterte Dr. R. Ott, München.
Vernachlässigt: Magenschutz bei NSAR-Patienten
Vernachlässigt: Magenschutz bei NSAR-Patienten
Doch obwohl die Daten kaum Diskussionsspielraum lassen und die Risikofaktoren für
Komplikationen gut bekannt sind (Abb. [1]), ist es um den Magenschutz in Deutschland nach wie vor schlecht bestellt. Dies
zeigte eine aktuelle Befragung von 30000 niedergelassenen Allgemeinmedizinern, Internisten,
Orthopäden und Gastroenterologen, die auf Initiative des Universitätsklinikums Magdeburg
unter Leitung von Malfertheiner durchgeführt wurde.
Immerhin 8500 Mediziner antworteten - und offenbarten massive Versorgungslücken bei
NSAR-Risikopatienten, obwohl zwei Drittel der Ärzte mehrmals täglich nichtsteroidale
Antirheumatika und Acetylsalicylsäure verordneten. Einzig NSAR-Patienten mit einem
Ulkus oder einer Ulkuskomplikation in der Anamnese erhielten immerhin von 85% der
Mediziner zusätzlich eine Magenschutztherapie.
Eine riskante Komedikation, etwa mit einem zweiten NSAR, ASS oder einem Steroid, hatte
ein Drittel der Ärzte wenig bedacht. Gleiches gilt für die gleichzeitige Behandlung
mit Antikoagulanzien, die das Komplikationsrisiko bei NSAR-Patienten um das Zwei-
bis Vierfache erhöhen. "Das sind die Patienten, die wir häufig in der Klinik sehen",
so Malfertheiner.
Trauriges Schlusslicht ist die Gruppe der älteren NSAR-Patienten, die trotz eines
fünffach erhöhten Risikos nur von 36% der Mediziner eine gastroprotektive Therapie
erhalten. Ebenfalls kritisch: Ein Drittel der Ärzte verordnet eine Magenschutztherapie
erst, wenn der Patient über Beschwerden klagt. Dies steht im Widerspruch zu den wissenschaftlichen
Daten, denn NSAR-Komplikationen können in den ersten Tagen der Therapie ebenso auftreten
wie nach zwei Jahren. Mehr als die Hälfte der Patienten sind im Vorfeld völlig asymptomatisch,
betonte Ott. Der Magenschutz muss daher gleichzeitig mit der NSAR/ASS-Therapie begonnen
und konsequent fortgeführt werden.
Protonenpumpenhemmer bieten Schutz
Protonenpumpenhemmer bieten Schutz
Durchgesetzt als Therapie der Wahl haben sich hierbei Protonenpumpeninhibitoren, die
auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft empfiehlt ([1]). Sie sind in der Lage, Risikopatienten unter einer NSAR-Therapie wirksam vor gastrointestinalen
Läsionen und Ulzera zu schützen.
So verhinderte Pantoprazol (20 mg täglich) in einer Studie mit 515 rheumatischen Risikopatienten
unter dauerhafter NSAR-Einnahme bei mehr als 95% der Patienten gastrointestinale Läsionen
und Symptome ([17]). Auch gastroduodenale Mukosaschäden durch Acetylsalicylsäure werden mit Pantoprazol
signifikant reduziert ([14]).
Prof. W. Biel, Hannover, erläuterte, dass Protonenpumpenhemmer in der Prävention gastrointestinaler
Läsionen äquieffektiv sind. In einer direkten Vergleichsstudie zwischen Pantoprazol
(20 mg) und Omeprazol (20 mg) lagen die Remissionsraten bei rheumatischen Risikopatienten
(n = 396) bei 90 beziehungsweise 89% ([15]).
Ins Abseits geraten sind dagegen H2-Blocker und Misoprostol, die den Protonenpumpenhemmern in Wirksamkeit und Verträglichkeit
deutlich unterlegen sind. Zwar verhindert Misoprostol ein Ulcus ventriculi ähnlich
effektiv wie ein Protonenpumpenhemmer, kann aber einem Ulcus duodeni weniger gut entgegenwirken
([8]). Flatulenz, Diarrhö und Schmerzen führen zudem zu hohen Abbruchraten und mangelnder
Therapietreue, machte Beil deutlich. H2-Blocker bieten ebenfalls einen schlechteren Schutz ([18]). Ott betonte in diesem Zusammenhang das Problem der Tachyphylaxie, die "eine langfristige
Wirkung der H2-Blocker verhindert".
Enttäuschte Erwartungen
Enttäuschte Erwartungen
Enttäuscht wurden die hohen Erwartungen, die mit den Cyclooxygenase-2-Hemmern, den
so genannten Coxiben, als magenverträglichere Alternative zu konventionellen nichtsteroidalen
Antirheumatika verknüpft waren - und zwar bezüglich der Magensicherheit und ihres
kardiovaskulären Risikos.
So sind Celecoxib und Etoricoxib nicht magenschonender als Ibuprofen und Diclofenac,
die beiden in Deutschland am häufigsten verordneten nichtsteroidalen Antirheumatika.
Über ein Jahr betrachtet sei die Inzidenz von Blutungen, Ulzera und Ulkuskomplikationen
vergleichbar, erläuterte Beil ([7], [16]). Ähnliches gelte für dyspeptische Beschwerden ([6]). Erhalten NSAR-Patienten mit dyspeptischen Beschwerden dagegen zusätzlich einen
Protonenpumpenhemmer, verbessert sich die Symptomatik innerhalb von fünf bis acht
Wochen signifikant ([2]).
Das kardiovaskuläre Risiko der Coxibe bringt eine Vielzahl von Kontraindikationen
wie Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen mit sich. Zudem ist die Akzeptanz dieser
Wirkstoffgruppe laut Ott gering. "Die Patienten akzeptieren Coxibe eher ungern."
Momentan ist, so Ott, "die Kombination aus NSAR plus PPI die beste Wahl für einen
wirksamen Schutz vor Gastroduodenopathien bei Risikopatienten und gilt derzeit als
Standardregime". Bei sehr hohem Risiko, etwa gastrointestinalen Blutungen oder Ulzera
in der Anamnese kann die Kombination von Coxib plus Protonenpumpenhemmer überlegt
werden.
Niedriges Interaktionspotenzial - hohe Therapiesicherheit
Niedriges Interaktionspotenzial - hohe Therapiesicherheit
Protonenpumpenhemmer sind in der Prävention gastroduodenaler Ulzera vergleichbar wirksam.
Auch das Nebenwirkungsprofil ist "bei allen hervorragend". Dennoch empfahl Ott aus
Gründen der Therapiesicherheit und der Patientencompliance die Gabe von Pantoprazol.
Er verwies auf das im Vergleich mit anderen Protonenpumpenhemmern niedrige Interaktionspotenzial
von Pantoprazol.
In einem groß angelegten Studienprogramm (Abb. [2]), in dem die Interaktion von Pantoprazol mit zahlreichen, häufig verordneten Wirkstoffen
untersucht wurde, kam es mit keinem der geprüften Arzneimittel zu relevanten Wechselwirkungen,
insbesondere nicht mit nichtsteroidalen Antirheumatika wie Diclofenac, Naproxen und
Piroxicam ([5], [12], [13]). Der Grund: Pantoprazol besitzt nur eine geringe Affinität zu den Cytochrom-P-450-Isoenzymen.
Pantoprazol zeigt mit den geprüften Arzneimitteln keine metabolischen Interaktionen
Dagegen sind für Omeprazol sowie in vergleichbarem Maße auch für Esomeprazol Interaktionen
mit verschiedenen Arzneimitteln bekannt ([4], [11]). So erhöhen sich beispielsweise die Diclofenacspiegel bei gleichzeitiger Gabe von
Omeprazol, erläuterte Beil. Für niereninsuffiziente Patienten kann dies durchaus bedrohlich
werden. Eine aktuelle klinische Vergleichsstudie zwischen Pantoprazol und Esomeprazol
([3]), die den Effekt der Protonenpumpenhemmer auf die Diazepamspiegel bei gesunden Probanden
untersuchte, ergab unter Esomeprazol nicht nur eine Erhöhung der Diazepamspiegel um
40%. Auch Koordinationsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit und Vigilanz der Patienten verschlechterten
sich.
Gerade für die gefährdete große Gruppe älterer NSAR-Risikopatienten, die häufig mehrere
Medikamente einnehmen müssen, bietet Pantoprazol daher einen konkreten Vorteil. Zudem
ist die Pantoprazol-Tablette besonders klein und einfach einzunehmen, die Akzeptanz
bei den Patienten deshalb besonders hoch. "Das ist etwas ganz Essenzielles", so Ott.
Dr. Beate Fessler, München
Quelle: Fachpressekonferenz "Ulkusrisiko der NSAR: Eine oft verkannte Gefahr", veranstaltet
von der Altana Pharma Deutschland GmbH, Konstanz