Nicht nur perioperativ sind thromboembolische Komplikationen zu befürchten - ebenso
betroffen sind internistische Patienten. Bei hohem Risiko lässt sich durch eine geeignete
Thromboseprophylaxe die Thrombosegefahr deutlich verringern. Auch onkologische Patienten
sind erheblich thrombosegefährdet, weil Tumoren Gerinnungsveränderungen induzieren
können.
Thromboembolierisiko von Krebspatienten reduzieren
Dass Tumorzellen gerinnungsaktive Substanzen bilden können und somit bei Malignomen
das Risiko thromboembolischer Ereignisse erhöhen, ist wohlbekannt. Daneben finden
sich aber bei Tumorpatienten vielfach weitere Risikofaktoren, wie die Immobilisation,
venöse Verweilkatheter sowie unter der Chemotherapie zerfallende große Tumormassen,
die "tissue factor" freisetzen. Insgesamt tragen Tumorpatienten nach Aussage von Prof.
E. Hiller, München, ein Thromboembolierisiko von rund 8%.
Wie wirksam die Thromboseprophylaxe mit niedermolekularen Heparinen (z.B. Dalteparin,
Fragmin®) in dieser Situation ist, belegt unter anderem die CLOT[1]-Studie. Hier erhielt eine Patientengruppe über sechs Monate Dalteparin - zunächst
200 I.E./kgKG subkutan über vier Wochen, danach wurde die Dosis auf 150 I.E./kgKG
reduziert. Die Patienten der Vergleichsgruppe mit Warfarin erhielten ebenfalls initial
200 I.E./kgKG Dalteparin täglich, zusätzlich jedoch Warfarin bis eine Ziel-INR von
2,5 erreicht war. Dann wurde das niedermolekulare Heparin abgesetzt und nur die Warfarintherapie
fortgesetzt.
Innerhalb des Beobachtungszeitraums traten bei dem Dalteparinkollektiv mit 8,8% deutlich
weniger rezidivierende tiefe Venenthrombosen auf als bei den Patienten aus der Warfaringruppe
(17,4%). Als Vorteile der niedermolekularen Heparine zeigten sich zudem eine bessere
Steuerbarkeit, keine erforderliche Laborüberwachung und keine Unverträglichkeiten
mit Nahrungsmitteln oder anderen Medikamenten.
Die Thromboseprophylaxe ist bei Tumorpatienten indiziert, wenn operative Eingriffe
anstehen, passagere Zentralvenenkatheter liegen, eine Chemo- bzw. Strahlentherapie
bei immobilisierten Patienten durchgeführt wird und bei Radiatio des kleinen Beckens.
Beeinflussen niedermolekulare Heparine auch den Tumor?
Wenngleich es noch nicht wissenschaftlich bestätigt ist, könnten niedermolekulare
Heparine neben ihrer antithrombotischen Wirkung auch Antitumoreffekte entwickeln.
Einen Hinweis darauf lieferte die FAMOUS[2]-Studie, in der 382 Patienten mit fortgeschrittenem Gastrointestinaltumor, Pankreas-,
Ovar- oder Brustkrebs Dalteparin (5000 I.E. subkutan täglich) oder Plazebo erhielten.
Die durchschnittliche Behandlungsdauer unter Dalteparin betrug 10,3 Monate, die Vergleichsgruppe
wurde im Schnitt neun Monate behandelt.
Nach zwölf Monaten zeigte sich hinsichtlich der Überlebensrate ein positiver Trend
in der Patientengruppe, die mit dem niedermolekularen Heparin behandelt wurden (45
verus 42%). Im weiteren Zeitverlauf vergrößerte sich diese Differenz sogar noch, sie
erreichte jedoch trotzdem keine Signifikanz. Besonders profitierten die Tumorpatienten
mit besserer Prognose von der Dalteparintherapie im Sinne eines deutlichen Überlebensvorteils.
Gabriele Henning-Wrobel, Erwitte