In dem Gesetzentwurf des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (VÄndG) wird die Problematik
der potenziellen Einflussnahme auf die medizinische Entscheidung des Radiologen sowie
anderer überweisungsabhängiger Fächer gesehen und versucht, diese durch ein grundsätzliches
Verbot der Gründung von Teilgemeinschaftspraxen zwischen therapeutisch tätigen und
überweisungsabhängigen Fachgebieten zu unterbinden. Der Kabinettsentwurf vom 18.05.06
sieht diesbezüglich in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV folgende Regelung vor: "Die gemeinsame
Berufsausübung bezogen auf einzelne Leistungen ist zulässig, sofern diese Berufsausübungsgemeinschaft
nicht zur Erbringung überweisungsgebundener medizinisch-technischer Leistungen mit
überweisungsberechtigten Leistungserbringern gebildet wird."
Die fachgebietsüberschreitende Erbringung überweisungsgebundener medizinisch technischer
Leistungen nach in § 13 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 4 EKV (z.B. Labor, Nuklearmedizin,
Radiologie) soll danach im Vertragsarztrecht grds. ausgeschlossen werden. In der Gesetzesbegründung
zum VÄndG finden sich hierzu folgende Erwägungen: "Satz 3 erlaubt die Bildung von
Berufsausübungsgemeinschaften zur Übernahme spezifischer, auf die Erbringung bestimmter
Leistungen bezogener Behandlungsaufträge, z.B. Kinderarzt und Neurologe bilden - neben
ihren weiterhin bestehenden Einzelpraxen - eine Berufsausübungsgemeinschaft zur Behandlung
kinderneurologischer Erkrankungen; nicht erlaubt werden allerdings sog. Kickback-Konstellationen,
bei denen ein Arzt eines therapieorientierten Fachgebietes (z.B. Gynäkologe) eine
Berufsausübungsgemeinschaft eingeht mit einem Arzt eines Methodenfaches (z.B. Labor),
um das berufsrechtliche Verbot der Zuweisung gegen Entgelt zu unterlaufen."
Dieses Verbot tangiert nicht die Zulässigkeit der Bildung von Teilgemeinschaftspraxen
innerhalb eines methodendefinierten Fachgebietes, also z.B. zwischen mehreren Radiologen
an verschiedenen Standorten. Ebenfalls zulässig sind entsprechende Vertragskonstellationen
zwischen unterschiedlichen methodendefinierten Fachgebieten, z.B. zwischen Radiologen
und Nuklearmedizinern, da aufgrund des Verbotes der Weiterüberweisung durch einen
überweisungsabhängigen Vertragsarzt gemäß § 24 BMV-Ä, § 27 EKV die in dem Gesetzentwurf
zum VÄndG beschriebene Gefahr von "Kickback-Konstellationen" nicht besteht.
Klärungsbedürftig ist auch noch die Terminologie, da die gesetzliche Regelung von
""berweisungsgebundenen medizinisch-technischen Leistungen" und die Gesetzesbegründung
von dem "Arzt eines Methodenfaches" spricht. Der Überweisungsvorbehalt der sog. methodendefinierten
Fachgebiete ist in den § 13 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 4 EKV enumerativ geregelt.
Danach können folgende Facharztgruppen nur auf Überweisung eines anderen Facharztes
seitens der Versicherten in Anspruch genommen werden: "Ärzte für Laboratoriumsmedizin,
Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Nuklearmedizin, Pathologie, Radiologische
Diagnostik bzw. Radiologie, Strahlentherapie, Transfusionsmedizin und die Fachambulanzen
mit Dispensaireauftrag (nach § 311 Abs. 2 S. 1 SGB V)". Daneben sind jedoch auch bestimmte
ärztliche Leistungen, z.B. Linksherzkatheteruntersuchungen im Bereich der Kardiologie
oder Dialyseleistungen im Bereich der Nephrologie, aufgrund des Qualifikationsvorbehaltes
nach § 135 Abs. 2 SGB V nur von bestimmten Facharztgruppen erbringbar. Diese Leistungen
unterliegen daher faktisch ebenfalls einem Überweisungsvorbehalt. Die Überweisungsabhängigkeit
dieser medizinisch-technischen Leistungen bei therapeutisch tätigen Fachgebieten,
wird vom Wortlaut der Regelung im Grunde auch erfasst, da auf die Überweisungsgebundenheit
medizinisch-technischer Leistungen abgestellt wird. Allerdings ist die Gesetzesbegründung
insoweit nicht eindeutig, da sie auf die methodendefinierten Fächer abstellt.
Die Verbotsregelung ist angesichts der wirtschaftlich negativen Auswirkungen von medizinisch
nicht indizierten Mengenausweitungen im Bereich der überweisungsabhängigen medizinisch-technischen
Leistungen auf die Gesamtvergütung nachvollziehbar. Im Grunde bringt bereits der Überweisungsvorbehalt
in den § 13 Abs. 4 BMV-Ä bzw. § 7 Abs. 4 EKV; d.h. das Verbot der direkten Inanspruchnahme
der methodendefinierten Fächer diesen Gedanken zum Ausdruck (zum sog. Mehraugenprinzip
vgl. nur die Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Kernspintomographie-Vereinbarung
vom 31.01.2001, Az.: B 6 KA 24/00 R). Zusätzlich hat der Gesetzgeber im Rahmen des
GKV-Modernisierungsgetzes (GMG) die Vorschrift in § 135 Abs. 2 S. 4 SGB V geschaffen,
die dieser Entwicklung entgegentreten soll. Nach dieser Regelung sind die Partner
der Bundesmantelverträge berechtigt, Regelungen zu treffen, nach denen die Erbringung
bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für
die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Mit der Einführung der Abrechnungsbeschränkung
auf bestimmte ärztliche Fachgruppen bei medizinisch-technischen Leistungen in § 135
Abs. 2 S. 4 SGB V sollte die ärztliche Leistungserbringung in der GKV von den Veränderungen
des ärztlichen Berufs- und Weiterbildungsrechts abgekoppelt werden, da es andernfalls
zu einer unreglementierten Leistungsausweitung im Bereich medizinisch-technischer
Leistungen aufgrund der Problematik der sog. "Selbstzuweisung" kommen könnte (vgl.
Begründung zum Gesetzentwurf des GMG v. 08.09.2003, BT-Drucks. 15/1525 (zu Nummer
80; § 135 Buchst. b), S. 277). Auch das Verbot der Teilgemeinschaftspraxis will die
medizinisch nicht indizierte Mengenausweitung im Bereich veranlasster medizinischer
Leistungen verhindern und ist daher grundsätzlich als legitimes gesetzgeberisches
Ziel anzusehen.
Zu fragen ist allerdings, ob das Verbot als verhältnismäßig anzusehen ist, da im Vertragsarztrecht
nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ohnehin sämtliche Verträge, die im
Zusammenhang mit der Genehmigung einer Gemeinschaftspraxis nach § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV
stehen, dem Zulassungsausschuss zur Prüfung vorzulegen sind. Insofern kann die Zulässigkeit
einer derartigen Kooperation vor und nach der Genehmigung jederzeit überprüft und
ggfls. Beanstandet werden. Darüber hinaus besteht nach den Vorschriften des EBM derzeit
noch keine Möglichkeit, die dort aufgeführten Leistungen zwischen mehreren Vertragsärzten
aufzuteilen. Die Abrechenbarkeit einer ärztlichen Leistung hängt nach den Allgemeinen
Bestimmungen des EBM davon ab, dass der betreffende Vertragsarzt die Leistung vollständig
erbracht hat. Ist dies nicht der Fall, ist die gesamte ärztliche Leistung nicht abrechenbar.
Darüber hinaus wird in den arztgruppenspezifischen Kapiteln des EBM mittlerweile überwiegend
vorgegeben, dass die Leistungen nur von bestimmten Fachärzten, ggf. sogar mit Schwerpunktbezeichnung
und Genehmigung nach § 135 Abs. 2 SGB V erbracht werden dürfen. Inwieweit diese Vorgabe
im Bereich des Vertragsarztrechts überhaupt zu einer Aufteilung ärztlicher Leistungen
im Rahmen einer Teilgemeinschaftspraxis berechtigt, ist bisher nicht geklärt. Wie
kann z.B. ein Orthopäde an der Durchführung und Befundung einer MRT-Untersuchung in
der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt sein, wenn ihm die Erbringung dieser Leistungen
durch die Vorgaben der Kernspintomographie-Vereinbarung untersagt wird? Hier erscheint
es denkbar, dass die Leistung dieser Fachärzte über die Ordinationsgebühr abgegolten
wird, soweit deren Voraussetzungen gegeben sind.
Das Verbot in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV in dem Gesetzentwurf zum VÄndG greift aber letztlich
auch zu kurz, da es ausweislich der Gesetzesbegründung unterstellt, dass Rückvergütungen
und Kickback-Konstellationen nur im Bereich der überweisungsabhängigen Fachgebiete
denkbar sind. Soweit das Verbot tatsächlich nur auf die in § 13 Abs. 4 BMV-Ä und §
7 Abs. 4 EKV genannten methodendefinierten Fachgebiete Anwendung finden sollte, bleiben
sämtliche übrigen Bereiche medizinisch-technischer Leistungserbringung außer Betracht.
Dies gilt insbesondere für die medizinisch-technischen Leistungsbereiche, bei denen
mangels Überweisungsvorbehalt das Phänomen der "Selbstzuweisung" zu unzulässigen Leistungsausweitungen
führt (z.B. im Bereich des Teilgebietsröntgen). Nicht reglementiert werden dagegen
auch diejenigen Leistungsarten, die einem Qualifikationsvorbehalt nach § 135 Abs.
2 SGB V unterliegen, z.B. Dialyseleistungen. Darüber hinaus ist der vom Gesetzgeber
diesen Kooperationen regelmäßig unterstellte Zweck einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung
zu Lasten der Kostenträger nicht gerechtfertigt. Es ist durchaus belegbar, dass Teilgemeinschaftspraxen
mit überweisungsabhängigen Fächern zu einer verbesserten Diagnostik für die Patienten
führen.
Vergütungsregelung wäre sinnvoller
Will man an dem Verbot festhalten, muss man zugestehen, dass im Grunde sämtliche ärztlichen
Leistungen, die dem Qualifikationsvorbehalt des § 135 Abs. 2 SGB V unterliegen, die
Gefahr einer unzulässigen Kooperation in sich tragen. Insofern sollte unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten
in der vertragsärztlichen Versorgung das Verbot auf sämtliche Leistungen im Sinne
des § 135 Abs. 2 SGB V erstreckt werden oder geprüft werden, ob das mit der Regelung
verfolgte Ziel nicht durch andere, z.B. vergütungsrechtliche Vorschriften erreicht
werden kann. Eine deutlich effektivere, aber weniger einschneidende Vorgabe wäre die
Einführung von Basisfallwerten und veranlasserbezogener Vergütungsregelungen für medizinisch-technische
Leistungen der methodendefinierten Fachgebiete, wie dies die KBV in ihrem Konzept
zur neuen Vertragsgebührendordnung (V-GO) vom 29.06.2006 vorgeschlagen hat.
Für auftragnehmende (= überweisungsabhängige) Ärzte soll in den Bundesmantelverträgen
geregelt werden, dass sie künftig nur noch mittels Indikations- bzw. Definitionsauftrag
tätig werden können, um einen eindeutigen Veranlasserbezug herzustellen. Die Steuerung
dieser Leistungen soll über den Veranlasser erfolgen. Das soll zum einen dadurch geschehen,
dass ein finanzieller Anreiz in Form eines Zuschlages zum Basisfallwert für wirtschaftliches
Verordnen oder Erbringen der medizinisch-technischen Leistungen verankert wird. Dieser
Zuschlag wird vom Bewertungsausschuss arztgruppenspezifisch bestimmt und definiert
wirtschaftliches Veranlasserverhalten. Gleichzeitig werden für diese Leistungsbereiche
fallzahlabhängige Obergrenzen durch den Bewertungsausschuss beschlossen. Bis zu dieser
praxisspezifischen Obergrenze können dann Vertragsärzte entsprechende Leistungen eines
Leistungsbereiches entweder selbst erbringen oder veranlassen. Damit sind diese Leistungsmengen
begrenzt. Überschreitet ein Vertragsarzt die Obergrenze eines jeweiligen Leistungsbereiches,
erfolgt ein proportionaler Abzug vom Basisfallwert. Somit wird bei der Überschreitung
zunächst der zuvor gewährte Bonus liquidiert und erst weitere Überschreitungen führen
zu echten Abzügen vom Basisfallwert. Die veranlasserbezogenen Vergütungsregelungen
sollen die durch das AVWG in § 84 SGB V verankerte Bonus-/Malus-Regelung ersetzen.
Rechtsfolgen für die Leistungserbringungsgemeinschaft
Die ausschließlich im Bereich des Vertragsarztrechts existierende Rechtsfigur der
Leistungserbringungsgemeinschaft wird durch das Verbot in § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV allerdings
nicht berührt. Als Ausnahme von der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung ermöglichen
§ 15 Abs. 3 BMV-Ä, § 14 Abs. 2 EKV Zusammenschlüsse von Vertragsärzten zur Erbringung
"gerätebezogener Untersuchungsleistungen" mit der Maßgabe, dass die ärztlichen Untersuchungsleistungen
nach fachlicher Weisung durch einen der beteiligten Ärzte persönlich in seiner Praxis
oder in einer gemeinsamen Einrichtung durch einen gemeinschaftlich beschäftigten angestellten
Arzt nach § 32 b Ärzte-ZV erbracht werden. Die Leistungen sind persönliche Leistungen
des jeweils anweisenden Arztes, der an der Leistungserbringungsgemeinschaft beteiligt
ist. Abweichend von dem Grundsatz, dass auch bei gerätebezogenen Untersuchungsleistungen
jeder Arzt die Leistung persönlich zu erbringen hat, kann daher durch die Bildung
der Leistungserbringungsgemeinschaft eine nicht selbstständig erbrachte Leistung abgerechnet
werden, obwohl diese nicht von dem Arzt selbst, sondern durch einen anderen Vertragsarzt
und sogar von den eigenen Praxisräumlichkeiten entfernt erbracht worden ist. Entscheidende
Voraussetzung ist allerdings, dass die für die Erbringung gerätebezogener Untersuchungsleistungen
auf der Grundlage von § 135 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V ergangenen Anforderungen an die
Fachkunde des Arztes (§ 11 BMV-Ä/§ 39 EKV) von allen Mitgliedern der Leistungserbringungsgemeinschaft
bzw. dem angestellten Arzt nach § 32 b Ärzte-ZV erfüllt werden. Bei der Leistungserbringungsgemeinschaft
handelt es sich um eine Praxisgemeinschaft in der Form der (partiellen) Apparategemeinschaft,
bei dem ein Teil der Berufsausübung ausgelagert worden ist, um kostspielige Geräte,
Räumlichkeiten und Personal gemeinschaftlich nutzen zu können. Gegen die Annahme einer
Teilgemeinschaftspraxis spricht insbesondere, dass es hierfür, wie bereits oben dargestellt,
an der erforderlichen Vergesellschaftung des Zwecks i. S. eines gemeinsamen Gesellschaftszwecks
fehlt.
Ergebnis
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Gründung von Teilgemeinschaftspraxen für Radiologen
voraussichtlich lediglich im Bereich der privatärztlichen Abrechnung zulässig sein
wird. In der vertragsärztlichen Versorgung wird sie durch das VÄndG nur mit anderen
Radiologen und/oder anderen methodendefinierten Fachgruppen ermöglicht. Dies bedeutet
eine erhebliche Einschränkung der bereits bestehenden Kooperationen zwischen Radiologen
und zuweisenden Fachärzten, da selbst berufsrechtlich zulässige Berufsausübungsformen
von dem Verbot erfasst werden. Zulässig bleiben dagegen (voraussichtlich) Kooperationen
im Sinne der Leistungserbringungsgemeinschaft nach § 15 Abs. 3 BMV-Ä, soweit durch
sie keine gemeinsame Berufsausübung in der Rechtsform der Teilgebietsgemeinschaftspraxis
vereinbart oder gelebt wird. Selbst wenn man die Sinnhaftigkeit der Verbotsregelung
im Vertragsarztrecht nicht abstreiten kann, weil die Einführung der Teilgemeinschaftspraxis
bereits öffentlich als Legalisierung der Kick-Back-Modelle dargestellt werden, bleibt
doch die Frage, ob vergütungssteuernde Vorschriften im EBM das angestrebte Ziel nicht
in gleicher Weise oder sogar besser erreichen würden.