Die genaue Inzidenz der postoperativen Pneumonie (POP) nach einer Lungenresektion
ist nicht bekannt. Die Risikofaktoren und die verursachenden Pathogene sind bisher
kaum untersucht worden. Deshalb ermittelten Olivier Schussler et al. in einer 6-monatigen
prospektiven Studie die Inzidenz und Charakteristika einer POP bei Patienten, die
einer großen Lungenresektion wegen einer nicht infektiösen Erkrankung unterzogen worden
waren. Am J Respir Crit Care Med 2006; 173: 1161-1169
Intraoperativ legten die Forscher Kulturen von Bronchialaspiraten an. Außerdem entnahmen
sie bei allen Patienten mit Verdacht auf eine Pneumonie vor einer antibiotischen Therapie
endoskopisch Bronchialsekret zur mikrobiologischen Untersuchung.
Eine bronchiale Kolonisation wurde bei 31 von 136 Patienten (22,8%) bei der Analyse
der intraoperativ entnommenen Proben identifiziert. Die Inzidenz einer POP betrug
25% (42 von 168 Patienten). Die am häufigsten identifizierten Keime waren Haemophilus
species, Streptococcus species, Pseudomonas und Serratia species. Bei den kolonisierten
Patienten trat eine POP in 15 von 31 und bei den nicht kolonisierten Patienten in
20 von 105 Fällen auf. 8 von 42 Patienten, die eine Pneumonie entwickelten, verstarben.
Im Vergleich dazu kam es bei 126 Patienten ohne POP zu 3 Todesfällen. Eine Pneumonie
war mit einer längeren intensivpflichtigen Behandlung und einem längeren Krankenhausaufenthalt
verbunden. Wie die multivariate Analyse ergab, waren eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung
(COPD), das Ausmaß der Lungenresektion, eine bronchiale Kolonisation und das männliche
Geschlecht unabhängige Risikofaktoren für eine postoperative Pneumonie. Eine im Krankenhaus
erworbene Pneumonie ist eine relativ häufige Komplikation einer Lungenresektion, schließen
die Autoren. Die Mortalität an einer POP war mit 19% hoch und diese Komplikation stellte
mit 8 von insgesamt 11 Fällen die häufigste Todesursache dar.
Fazit
Keime, die typischerweise eine ambulant erworbene Pneumonie verursachen und klassische
Isolate von Patienten mit COPD sind oft für eine POP verantwortlich. Eine Antibiotika-Prophylaxe
mit Cephalosporinen der zweiten Generation ist aus verschiedenen Gründen nicht optimal,
so die Autoren. Denn obwohl diese Antibiotika bei der Prävention einer Wundinfektion
und von Empyemen effektiv sind, greifen sie nicht spezifisch die Atemwegskeime an,
die bei diesen Patienten vorhanden sind. Eine mehr angepasste antibiotische Prophylaxe
könnte eventuell die Pneumonie-Rate noch einer Thoraxoperation senken.
Dr. Ralph Hausmann, Frankfurt