Z Orthop Unfall 2007; 145(6): 696
DOI: 10.1055/s-2007-1019439
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Anteriore Schulterluxation - Ruhigstellung in Außenrotation reduziert das Reluxationsrisko

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Publication Date:
21 December 2007 (online)

 
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Immobilization in external rotation after shoulder dislocation reduces the risk of recurrence. A randomized controlled trial. J Bone Joint Surg Am. 2007; 89(10):2124-2131

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Einleitung

Die traumatische anteriore Schulterluxation ist bei jungen Patienten (< 30. Lj.) ohne operative Therapie mit einem Rezidivrisiko von 66-94 % behaftet. Obwohl eine spontane Heilungstendenz der Bankart-Läsion angenommen wird, konnte weder für die Dauer einer Immobilisation des Armes, die Rigidität der Immobilisation (Gips vs. Orthese), noch für das Kriterium, ob überhaupt eine Ruhigstellung erfolgte, ein Einfluss auf die Reluxationsrate festgestellt werden.?Eine mögliche Erklärung hierfür könnte die nicht optimale Stellung des Humeruskopfes während der Immobilisation sein. Die Hypothese der Autoren war daher, dass die Ruhigstellung des Armes in Außenrotation die Anheilung des Kapsel-Labrum-Komplexes am Glenoid verbessert und somit verglichen mit einer Ruhigstellung in Innenrotation, wie vielfach praktiziert (Gilchrist-Orthese), die Reluxationsrate senkt.

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Studiendesign

In einer prospektiv randomisierten Studie (Level of evidence: II) wurden 198 Patienten nach anteriorer Schulterluxation mittels 3 wöchiger kontinuierlicher Ruhigstellung behandelt. Die Ruhigstellung erfolgte dabei randomisiert in Innenrotation mittels Gilchrist-Orthese (94 Schultern) oder in 10° Außenrotation und Adduktion (104 Schultern) mittels einer spezial angefertigten Orthese. Der minimale Nachuntersuchungszeitraum betrug 2 Jahre. Die Patienten wurden routinemäßig im Intervall von 6, 12 und 24 Monaten nach der initialen Dislokation untersucht. Die Compliance-Rate (reelle Tragedauer) wurde mittels Fragebogen bestimmt. Als primärer Vergleichsparameter wurde die Reluxationshäufigkeit erfasst.

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Ergebnisse

Die Reluxationsrate nach Immobilisation in Außenrotationsposition war signifikant geringer (26 %) verglichen mit einer Ruhigstellung in Innenrotation (42 %; p=0,033). Die Differenz entspricht einer Reduktion des Reluxationsriskos um 38,2 %. Keine Unterschiede ergaben sich jedoch, wenn die Immobilisation erst am 2. oder 3. Tag nach dem Luxationsereignis begonnen wurde. Auch die Compliance-Rate unterschied sich signifikant zwischen den Gruppen: Außenrotationsgruppe: 72 %, Innenrotationsgruppe: 42 % (p=0,033).

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Kommentar

Die Ruhigstellung einer luxierten Schulter in Außenrotationsposition scheint die Chance einer "spontanen Heilung" zu verbessern. Arthroskopische Untersuchungen zeigten eine optimale Reposition des Labrums bei Ruhigstellung in 30° Abduktion und 60° Außenrotation und argumentierten über einen positiven Effekt durch eine erhöhte anteriore Kapselspannung. Passend hierzu konnte biomechanisch nachgewiesen werden, dass ein positiver Anpressdruck des Labrums auf das Glenoid erst bei Überschreiten der 0° Rotationsposition auftritt und sein Maximum in 45° Außenrotation erreicht. Während die besprochene Studie Hinweise für Vorteile der Außenrotationsposition liefert, müssen der Grad der Außenrotation und die optimale Position in der Frontalebene weiter quantifiziert werden. Des Weiteren muss untersucht werden, ob die Immobilisations-Position auch nach erfolgter operativer Therapie entscheidend ist. Eine klare Limitation der Studie ist die ungleiche Compliance bezüglich der reellen Tragedauer zugunsten der Außenrotationsgruppe.

Dr. med. Mathias Wellmann

Dr. med. Mathias Wellmann

Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover

Email: mathias.wellmann@annastift.de