Dose and Time-Dependent Effects of Cyclooxygenase-2-Inhibition on Fracture-Healing.
J Bone Joint Surg Am 2007; 89: 500-511
Einleitung
Einleitung
Die Frakturheilung kann typischerweise in 4 Phasen (initiale Phase, frühe Phase, Regeneration
und Remodeling) untergliedert werden, wobei nach der Initialphase mit Hämatombildung
und lokaler Hypoxie in der Frakturregion die frühe Phase mit einer Entzündungsreaktion
und Zellaktivierung folgt. In der kritischen frühen Phase sind erhöhte Genexpressionen
von proinflammatorischen Zytokinen, mitosesteigernden und zelldifferenzierenden Wachstumsfaktoren
nachweisbar. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung und Aufrechterhaltung
der Frakturheilung. Cyclooxygenase-2 (COX-2) katalysiert als Enzym limitierend die
Prostaglandinsynthese aus Arachidonsäure. Die Prostaglandine E2 und F2α sind wiederum
bioaktive Lipide mit proinflammatorischen Eigenschaften. Frühere Untersuchungen konnten
z. B. zeigen, dass es bei Mäusen mit fehlendem COX-2-Gen zur verzögerten bzw. verschlechterten
Knochenbruchheilung kam, ebenso ist seit kurzem bekannt, dass bei Behandlungen mit
selektiven COX-2-Inhibitoren die Frakturheilung im Ratten- und Kaninchenmodell ebenfalls
gestört wurde. Ziel der vorgestellten experimentellen Studie war es deshalb, die Auswirkungen
von Dosis und Verabreichungszeitraums von selektiven und nicht selektiven COX-2-Hemmern
auf die Frakturheilung zu untersuchen.
Material und Methode
Material und Methode
Für die Studie wurden insgesamt 377 weibliche Sprague-Dawley Ratten verwendet, die
einmal täglich Celecoxib in verschiedenen Dosen und zu verschiedenen Zeitpunkten erhielten.
Die Halbwertszeit des Medikamentes beträgt bei der weiblichen Ratte 14 h (Mensch:
11h). Die Versuchstiere wurden in 4 Gruppen unterteilt:
Bei den Versuchstieren wurde nach intramedullärer Nagelstabilisierung eine geschlossene
Fraktur im Bereich der Diaphyse des Femurs des rechten Hinterbeines durch ein Spezialinstrument
erzeugt. Die Bewertung des Heilerfolgs erfolgte anhand von Röntgenaufnahmen postoperativ
und am Versuchsende nach 8 Wochen (hierzu wurde ein Score verwendet, der die sichtbare
Kallusbildung beurteilt), durch biomechanische Testung der Femora und durch ELISA-Untersuchung
der Prostaglandine E2 und F2α im aufgearbeiteten Frakturkallus. 98 Ratten wurden von
der Studie ausgeschlossen.
Ergebnisse
Ergebnisse
Die experimentelle Studie konnte zeigen, dass es dosisabhängig unter 4 bzw. 8 mg/kg
Celecoxib über 15 Tage nach Fraktur nach 8 Wochen radiologisch zur verschlechterten
Knochenheilung kam, wobei die Tiere mit 2 mg/kg keine signifikanten Veränderungen
in der Knochenheilung aufwiesen verglichen mit den Tieren in der Vergleichsgruppe.
Die biomechanischen Untersuchungen haben diese Erkenntnisse bestätigt. Die Autoren
konnten nachweisen, dass in der Kontrollgruppe 23 von 37 Frakturen komplett und 8
von 37 teilweise verheilt waren und in der mit Celecoxib behandelten Gruppe eine signifikante
Erhöhung der ausbleibenden Heilung auftrat (2 mg/kg 5/14, 4 mg/kg 13/23, 8 mg/kg 4/13
Non-unions). Bereits die Gabe von Celecoxib für 5 Tage mit 4 mg/kg erhöhte die Nonunion-Rate
bei den Versuchstieren (9/25), die Nonunion-Rate nach 10 Tagen war geringer (4/26)
und ähnlich der Kontrollgruppe und nach 15, 21 und 28 Tagen lag sie bei über 50 %
(13/23, 8/12, 12/20 Non-unions). Tiere mit der kontinuierlichen Gabe des Medikamentes
über 28 Tage hatten die schlechtesten radiologischen und mechanischen Ergebnisse.
Die Ratten in der 3. Gruppe, die 5 Tage vor der Fraktur mit Celecoxib behandelt wurden,
hatten gleiche Ergebnisse wie die Kontrollgruppe in den radiologischen Scores (keine
Nonunions (0/14)), lediglich die Torsionssteifigkeit war nach 8 Wochen geringer. Die
verzögerte Gabe von COX-2-Hemmern 7 Tage nach Fraktur brachte bessere radiologische
Scores im Vergleich zur 2. Gruppe, diese fielen aber insgesamt geringer aus als in
der Kontrollgruppe. Die Nonunion-Rate betrug 4/15 und bei den mechanischen Prüfungen
fiel eine verminderte Torsionssteifigkeit auf. Die Bestimmung der maximalen Scherspannung
war so hoch wie in der Kontrollgruppe. Bei den Tieren mit Celecoxibgabe vom 14. bis
zum 28. Tag nach Fraktur waren die radiologische Scores gleich hoch wie in der Kontrollgruppe.
In der mechanischen Testung der Femora war die Torsionssteifigkeit etwas geringer
als in der Kontrollgruppe. Die Autoren fanden in der 4. Gruppe unter 4 mg/kg Celecoxib
und bei 5 mg/kg Diclofenac, dass die Prostaglandine E2 um 60 % und PGF2α um 75 % im
Vergleich zur Kontrollgruppe vermindert waren.
Kommentar
Kommentar
Die aufwändig gestaltete Studie zeigt, dass es im Kleintiermodell offensichtlich bei
der Gabe von selektiven COX-2-Hemmern sowohl dosisabhängig als auch abhängig vom Verabreichungszeitraum
zu relevanten Unterschieden bei der Frakturheilung kommt. Dies konnte in der mechanischen
Testung und in der Auswertung der radiologischen Scores nachgewiesen werden. Die hohe
Anzahl der Versuchstiere war ausreichend, um valide Ergebnisse zu erzielen. In wie
weit diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind (offensichtlich ist bei Celecoxib
die Pharmakokinetik weiblicher Ratten ähnlich der des Menschen) könnte nur durch entsprechende
klinische Studien untersucht werden. Bereits geringe Dosen können sich ungünstig auf
das Heilergebnis auswirken. In weiteren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass
auch nicht selektive COX-2-Hemmer die frühe Phase der Frakturheilung negativ beeinflussen
können [1]. Die Verordnung von NSAR postoperativ zur Analgesie geschieht in der Klinik alltäglich,
deshalb sollte zumindest der Einsatz von selektiven und nicht selektiven COX-2-Hemmern
in der frühen Phase der Frakturheilung im klinischen Gebrauch kritisch beurteilt werden
mit Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses (z. B. positiver Effekt der NSAR zur
Prophylaxe periartikulärer Verkalkungen postoperativ vs. verzögerter Frakturdurchbau).
Tibor Taschner
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