Pneumologie 2007; 61(3): 139
DOI: 10.1055/s-2007-972200
Pneumo-Fokus

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lungenkrebs - Lungenkrebs im Geschlechtervergleich

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Publikationsdatum:
20. März 2007 (online)

 
Inhaltsübersicht

Frauen erkranken - bei gleichem Tabakkonsum - häufiger an Lungenkrebs als gleichaltrige männliche Raucher. Das hatte bereits die "Early Lung Cancer Action Project" (ELCAP)-Studie gezeigt, eine im Zeitraum zwischen 1993 und 1999 in New York durchgeführte CT-Screening-Untersuchung. Andererseits attestieren mehrere Studien den an Lungenkrebs erkrankten Frauen eine höhere Überlebensrate. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede des Erkrankungs- und Sterblichkeitsrisikos wurden in der internationalen Folgestudie I-ELCAP erneut untersucht. JAMA 2006; 296: 180-184

An der prospektiven Kohortenstudie von C.I. Henschke et al. aus den Jahren 1999-2005 nahmen allein in Nordamerika 14 435 Raucher, darunter 6296 Frauen und 8139 Männer (Alter > 40 Jahre) teil. Nach detaillierter Befragung über ihre Rauchgewohnheiten wurden für jeden Teilnehmer die "pack years" (das Rauchen einer Schachtel Zigaretten pro Tag über 1 Jahr = 1 pack year) berechnet und diese mit der Erkrankungshäufigkeit und der Zahl der bis März 2006 eingetretenen Todesfälle an Lungenkrebs in Beziehung gesetzt. Der durchschnittliche Beobachtungszeitraum betrug 46 Monate.

In 204 Fällen, nämlich bei 111 der 6296 weiblichen und 93 der 8139 männlichen Raucher, wurde anhand des CT-Screenings die Diagnose Lungenkrebs gestellt. Bezog man die Daten der 1202 weiblichen und 1288 männlichen Teilnehmer aus der Vorgängerstudie ELCAP mit ein, erhöhte sich die Zahl der Lungenkrebs-Patienten auf 269. Davon waren 156 (2,1%) weiblichen und 113 (1,2%) männlichen Geschlechts. Bei Frauen bestand also eine höhere Erkrankungswahrscheinlichkeit als bei Männern (Odds Ratio 1,9).

Raucherinnen reagieren offenbar empfindlicher auf Tabakgifte als Männer. Das zeigte sich daran, dass die weiblichen Krebspatienten, verglichen mit männlichen Rauchern, im Durchschnitt weniger pack-years (47 gegenüber 64) angesammelt hatten. Häufiger als bei den Männern wurde bei ihnen der Krebs bereits in einem frühen Erkrankungsstadium (Stadium I) diagnostiziert. Auch wiesen mehr Frauen als Männern (73 gegenüber 59%) ein Adenokarzinom auf. Raucherinnen hatten zudem ein geringeres Sterblichkeitsrisiko und somit bessere Überlebenschancen. Unter Berücksichtigung von pack years, Krankheitsstadium, histologischem Untersuchungsbefund und operativer Behandlung betrug die Zufallsrate (Hazard Ratio) für einen tödlichen Ausgang der Erkrankung im Vergleich zu Männern 0,48.

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Raucherinnen haben ein höheres Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Dennoch sind die Heilungschancen bei ihnen besser als bei männlichen Rauchern (Bild: Photodisc).

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Fazit

Frauen, die genauso viel geraucht haben wie Männer gleichen Alters, haben ein höheres Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Daraus sollten strengere Anti-Raucher-Appelle an Mädchen und Frauen sowie Lungenkrebs-Screening-Untersuchungen bereits bei geringem Zigarettenkonsum resultieren. Dass Raucherinnen andererseits eine höhere Überlebensrate als männliche Raucher haben, ist möglicherweise auf die besseren Heilungsmöglichkeiten ihrer Krebserkrankung und/oder auf den geringeren Malignitätsgrad zurückzuführen, so die Autoren.

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Kommentar zur Studie

Nicht nur bei Lungenkrebs, sondern auch bei anderen durch Zigarettenkonsum bedingten Krankheiten wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben Frauen höhere Überlebensraten als Männer. Ob dies durch ihre Körper-größe, ein verantwortungsvolleres Gesundheitsverhalten, hormonelle oder andere Faktoren wie etwa eine bessere Ansprechbarkeit auf EGFR ("Epidermal Growth Factor Receptor")-Tyrosin-Kinase-Hemmer bedingt ist, ist ungeklärt, schreiben A.I. Neugut und J.S. Jacobson in ihrem Editorial.

(JAMA 2006; 296: 218-219)

Dr. Barbara Weitz, München

 
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Raucherinnen haben ein höheres Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. Dennoch sind die Heilungschancen bei ihnen besser als bei männlichen Rauchern (Bild: Photodisc).