Rofo 2007; 179(4): 440-442
DOI: 10.1055/s-2007-973953
Mitteilungen der ÖRG

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Imagine ECR 2007

Im Rahmen von "Imagine ECR 2007" stellte die Austrian Image Processing Group ihre derzeitigen Forschungsgebiete vor.
Further Information

Publication History

Publication Date:
05 April 2007 (online)

 
Table of Contents
Zoom Image
Zoom Image

Univ. Prof. Dr. Reto Bale

Die Arbeitsgruppen aus Graz, Innsbruck und Wien beschäftigen sich mit 3D-Visualisierung, multimodaler Bildgebung, Navigation, Stereotaxie, Robotik, computerunterstützter Bildanalyse und virtueller Realität, wobei jede der Gruppen ihre speziellen Schwerpunkte hat.

Die Aktivitäten wurden anlässlich des ECR 2001, 2003 und 2004 mit dem "Magna cum Laude Award" für die Präsentation im Rahmen der "Golden Mile" mehrfach international gewürdigt.

#

Graz

Sorantin E. et al., Univ. Klinik für Radiodiagnostik, Medizinische Universität Graz - "Virtual Liver Surgery Planner" - neue Wege zur Lösung alter Probleme

Die chirurgische Therapie primärer und sekundärer Lebertumoren ist die einzige kurative Möglichkeit für viele Patienten. Daher erfordert die Planung onkochirurgischer Eingriffe an der Leber ein interdisziplinäres Team - die Radiologie ist integraler Bestandteil und Motor dieses Teams. Fragen bezüglich der Lage des Tumors unter besonderer Berücksichtigung der Segmentanatomie der Leber, der Beziehung zu Blutgefäßen und Gallengängen, des Sicherheitsabstands zwischen Tumor und gesundem Gewebe sowie des Restvolumens der Leber nach Resektion müssen durch die Radiologie präoperativ beantwortet werden.

Die heutige Leistungsfähigkeit von bildgebenden Verfahren wie Ultraschall, Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie, als auch die verfügbare Rechenleistung von Computern, erlauben es, neue Wege auf diesem Gebiet zu gehen.

Die Univ.-Klinik für Radiologie Graz hat sich in einem interdisziplinären, internationalen Team, bestehend aus Radiologen, Chirurgen und Ingenieuren, dieser Herausforderung gestellt. Ziele sind eine verbesserte präoperative Erfassung der topografischen Anatomie unter Verwendung von Methoden der virtuellen Realität und Datenhelmen, die Durchführung einer funktionellen Tumorvolumetrie und die Entwicklung einer intraoperativen Navigation.

Die Grundlage der Bildverarbeitung sind präoperative CT-Untersuchungen. Aus diesen CT-Daten werden hochqualitative 3D-Rekonstruktionen angefertigt und mittels eines Datenhelms unter Verwendung von Methoden der virtuellen Realität visualisiert. Alle anatomischen Details können inspiziert werden und auch die Lagebeziehungen des Tumors zu Gefäßen und den einzelnen Lebersegmenten.

Im gleichen Arbeitsschritt ist auch die Operationsplanung möglich, insbesondere welche Lebersegmente reseziert werden müssen oder ob eine atypische Resektion zur Wahl steht.

Da die Lebersegmente und auch ihr Volumen bereits durch das Verfahren bekannt sind, kann eine anatomische Volumetrie durchgeführt und damit auch das verbleibende Lebergewebe erfasst werden. Allerdings entspricht bei Organen mit Vorerkrankungen, beispielsweise einer Leberzirrhose, das anatomische Volumen nicht dem funktionellen Volumen, da die Funktion in diesen Organen nicht gleichmäßig verteilt ist. In einem derzeit sich in Entwicklung befindenden Schritt werden daher die Leber-CT-Daten mit denen einer szintigrafischen Leberfunktionsuntersuchung überlagert. Dadurch soll auch eine funktionelle Aussage über das verbleibende Leberparenchym getroffen werden können.

Für die Realisierung der intraoperativen Navigation wurden Vorarbeiten begonnen, in welchen zuerst Detailfragen, z.B. die Entwicklung einer mathematischen Beschreibung der Zwerchfellbeweglichkeit oder der durch die Atmung ausgelösten Verlagerung und Deformierung der Oberbauchorgane, gelöst werden müssen.

Zoom Image

Abb. 1 Roboter-System (B-ROB II) mit automatischer Registrierung, modularem Aufbau und "plug&play"-Konzept.

Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe wurde 2003 und 2004 bereits mit 3 wissenschaftlichen Preisen ausgezeichnet. Bisher wurden bereits 20 wissenschaftliche Beiträge verfasst und mehrere Ausstellungen gemeinsam organisiert, zuletzt 2007. Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe wird durch den FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung- P14897-N04 und P17066-N04) unterstützt.

Email: erich.sorantin@meduni-graz.at

Internet: www.icg.tu-graz.ac.at/research/interdisciplinary/liverplanner

#

Innsbruck

Bale et al., Interdisziplinäres Stereotaktisches Interventions- und Planungs-Labor (SIP-Labor)

Im SIP-Labor an der Abteilung für Radiodiagnostik I der Medizinischen Universität Innsbruck werden seit mehreren Jahren neue minimal-invasive interventionelle Techniken entwickelt und evaluiert. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Bildfusion von MRT-, CT-, SPECT-, PET- und Ultraschalldaten fuer Diagnostik und interventionelle Eingriffe. Mehrere Patientenfixierungssysteme, Referenzierungssysteme und multimodale Marker für Bildfusion und präzise perkutane bildgesteuerte Interventionen von Kopf bis Fuß wurden entwickelt und patentiert, u.a. das Vakuumzahnabdruck-basierende Vogele-Bale-Hohner Mundstueck für Kopffixation und Registrierung, ein Doppelvakuumfixationssystem für Angiografie, extrakranielle Bildfusion und Intervention sowie Zielvorrichtungen für rahmenlose stereotaktische Punktionen.

Das SIP-Labor versteht sich als Brücke zwischen technischer Entwicklung und klinischer Umsetzung. Viele der entwickelten Technologien und Methoden haben mittlerweile weltweit in die Routinearbeit Eingang gefunden. Beispielweise werden die vom SIP-Labor entwickelten Zielvorrichtungen weltweit an vielen neurochirurgischen Zentren für Gehirntumorbiopsien eingesetzt. Mittlerweile werden vom SIP-Labor in Zusammenarbeit mit der Univ. Klinik für Nuklearmedizin ca. 30 MRT-, CT-, SPECT-, PET- und Ultraschalldaten pro Woche für diagnostische Zwekke durchgeführt und interdisziplinär besprochen.

Ein weiteres Beispiel für die rasche Einführung der Entwicklungen in die klinische Routine ist die im Rahmen der "Imagine 2007" auf dem ECR in Wien präsentierte rahmenlos stereotaktische Radiofrequenzablation (RFA) von Lebertumoren. Das Ziel der RFA ist die Induktion eines thermischen Schadens durch elektrische Energie. Das Ablationsareal einer einzelnen RFA Sonde ist begrenzt, sodass bei großen Tumoren mehrfache Nadelpositionen mit überlappenden Nekrosearealen erforderlich sind. Aufgrund der 3D-Problematik und der schwierigen Zugangswegsituation (Rippen, Lunge, Hohlorgane, Gefäße) ist dies mit derzeit verfügbaren konventionellen US-, CT- und MR-gezielten Techniken nur eingeschränkt durchführbar.

Um den Erfolg der Therapie zu optimieren ist eine exakte Planung der 3D-Sondenverteilung mit ausreichenden Überlappungen der einzelnen Nekrosen erforderlich. Mithilfe rahmenlos stereotaktischer Navigationssysteme, Zielvorrichtung und Atemtriggerung können RFA Sonden im Millimeterbereich platziert werden. Damit wird erstmals eine präzise Umsetzung der virtuellen Planung auf den realen Patienten ermöglicht. Die Bildfusion erlaubt eine exakte Bestimmung der Punktionsgenauigkeit durch eine Fusion zwischen dem intraoperativen Planungs-CT Datensatz und dem Kontroll-CT mit liegenden Sonden sowie eine unmittelbare präzise intraoperative Verifikation des Ablationsergebnisses durch eine Fusion zwischen dem intraoperativen Planungs-CT-Datensatz und einem intraoperativen Kontrastmittel-unterstützten Kontroll-CT nach Ablation.

Derzeitige Forschungsschwerpunkte beinhalten die Evaluation der In-vitro- und In-vivo-Genauigkeit von verschiedenen bilddatengestützten Punktionstechnik (Laserzielgeräte vs. optische und elektromagnetische 3D-Navigationssysteme vs. Robotik), Evaluierung der Effektivität von verschiedenen Kombinationen von uni-und multipolaren RFA-Sonden in der perfundierten und nichtperfundierten Ex-vivo-Rinderleber, die Evaluierung der elektromagnetischen Navigation für die Steuerung von Angiografiekathetern sowie die Herstellung von Bohrschablonen für Zahnimplantate auf der Basis von präoperativen CT-Daten.

Email: reto.bale@i-med.ac.at

Internet: www2.uibk.ac.at/radiologie/eRadiology

Recheis et al., Arbeitsgruppe Medical Image Processing Innsbruck (MIPI)

Die Forschungsgruppe um Dr. Wolfgang Recheis konnte heuer am ECR im Rahmen der "Imagine"-Ausstellung über mehrere Forschungsschwerpunkte berichten. Neue Methoden zur Emphysemquantifizierung aus nativen low-dose Thorax-Computertomografien ist ein großes Themengebiet der Innsbrucker Arbeitsgruppe an der Klinischen Abteilung für Radiologie II. In Zusammenarbeit mit Prof. Hoffman von der University of Iowa werden mehrere bereits bestehende Softwarepakete auf ihre Tauglichkeit in der klinischen Routine getestet und entsprechend weiterentwickelt.

Zoom Image

Abb. 2 Farbkodierte Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Erosion (rot = hoch).

Ebenfalls die Lunge betreffend, ist die Entwicklung und Adaptierung von neuen Algorithmen für die Fusion von verschiedenen CT-Datensätzen. Hierbei werden neue elastische Registrierungsmethoden, z.B. Thin-Plate-Splines (TPS) o.Ä. eingesetzt. Ziel dieser Forschungsarbeit ist eine exakte Fusion von Lungen-CT-Datensätzen unter anderem zur Therapieverlaufskontrolle bei verschiedenen Lungenerkrankungen. Dieses Projekt wird in Kooperation mit der Privatuniversität UMIT (Universität für Medizintechnik und Informationstechnologie) mit Prof. Schubert durchgeführt.

Außerdem wurde der seit Jahren etablierte Bau von Operationsmodellen mittels Rapid Prototyping um ein weiteres Forschungsprojekt erweitert. Im Rahmen des EU-Projektes EVAN (European Virtual Anthropology Network) werden neue mathematische Methoden, kommend aus der Anthropologie, zur Formbeschreibung verschiedener Knochenfunde, z.B. Statistical Shape Analysis, Geometric Morphometric oder TPS für die Rekonstruktion von großen Craniofacialdefekten eingesetzt. In Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik für Neurochirurgie sollen die mathematisch rekonstruierten Schädelimplantate für den praxisnahen Einsatz im OP optimiert und ein entsprechendes Softwaretool erarbeitet werden.

3. Forschungsschwerpunkt, ebenfalls in Kooperation mit der Univ. Klink für Neurochirurgie, ist die Quantifizierung des intraoperativen Brain-Shifts mittels Stereofotogrammetrie. Bei diesem Projekt wird berührungslos die Deformation und die Verschiebung des Gehirns während einer neurochirurgischen Intervention gemessen.

Email: wolfgang.recheis@uibk.ac.at

Email: michael.verius@i-med.ac.at

Internet: www.radiology2.at

#

Wien

J. Kettenbach, et al., Univ. Klinik f. Radiodiagnostik, Medizinische Universität Wien

Die Wiener Arbeitsgruppe um Prof. Kettenbach beschäftigt sich mit der Entwicklung und klinischen Anwendung von Robotern für Ultraschall- und CT-gezielte Interventionen. Grundanforderung für einen Positionierungsroboter ist die Erhöhung der Zielsicherheit von Biopsien. Gleichzeitig soll damit auch der Zeitaufwand und ein allfälliges Punktionsrisiko durch Verletzung kritischer Organstrukturen reduziert werden. Das entwickelte Robotersystem B-ROB II (Abb. [1]) besteht im Wesentlichen aus einem mehrachsigen passiven Roboterarm zur Vorpositionierung der beiden Module, die zur Nadelführung 4-Freiheitsgrade zulassen. Nach Registrierung der Bilddaten (Ultraschall oder CT) kann mit einer speziell entwikkelten medizinischen Planungssoftware der Eintrittpunkt an der Haut und der Zielpunkt definiert werden. Die präoperativ definierte Nadeltrajektorie wird anschließend mit Hilfe der Roboter-geführten Nadelpositionierung exakt eingestellt. Die Punktionskanüle selbst wird manuell unter exakter Führung eingebracht. Erste Funktionstests zeigen sehr zufriedenstellende Resultate. Dabei ermittelte Abweichungen vom Zielobjekt (d.h. zwischen geplanter und tatsächlich erreichter Position der Nadelspitze) betrugen dabei im Durchschnitt etwa 1,4 ± 1,7 mm. Als Einsatzbereich ist vorerst der Einsatz zur perkutanen Sklerotherapie geplant, Forschungsgruppen in den USA planen den B-ROB II zur transperinealen Brachytherapie der Prostata einzusetzen.

Email: joachim.kettenbach@meduniwien.ac.at

Internet: www.univie.ac.at/intervent

Peloschek et al., Univ. Klinik f. Radiodiagnostik, Medizinische Universität Wien

Die Arbeitsgruppe um Dr. Peloschek beschäftigt sich mit der computerunterstützten Bildanalyse. Die Klassifizierung einer rheumatoiden Arthritis ist eine Herausforderung an die diagnostische Radiologie, welche mit traditionellen Methoden wie dem Handröntgen ausgereizt ist. Durch computergestützte Bildanalyse hat diese Auswertung neue Impulse erhalten. Im Rahmen des Active Appearance Models in Radiology (AAMIR)-Projektes wurde eine Software entwickelt, die automatisch Gelenkspalten und Erosionen detektiert und vermisst. Dadurch kann die Effizienz und Genauigkeit zur Befundung von rheumatoiden Veränderungen am Handskelett optimiert und ein von subjektiven Einflüssen unabhängiges Scoring-System ermittelt werden. Eine intuitive Visualisierung der Pathologien, z.B. durch Farbkodierung, verbessert die Darstellung und Umsetzung auf den klinischen Befund (Abb. [2]). Die von dieser Software verwendete Methodik kann mittlerweile auch auf andere Modalitäten (z.B. MRT, CT) übertragen werden.

Email: philipp.peloschek@meduniwien.ac.at

Internet: www.aamir.at

Vom 28. bis 30. August 2008 findet in Wien die 20. Konferenz der Society of Medical Innovation and Technology (SMIT) statt. Dabei werden u.a. die oben angeführten Themenbereiche wie Robotik für die Medizin, automatische Bildanalyse, neueste Verfahren zur Tumorablation, Einsatzmöglichkeiten für Navigationssysteme u.v.a.m. vorgestellt. Details zur Konferenz sind unter www.smit2008.com abrufbar.

a.o. Univ. Prof. Dr. Reto Bale,

Leiter des SIP-Labors an der Abteilung für Radiodiagnostik I an der Medizinischen Universitaet Innsbruck,

Leiter der Arbeitsgruppe "Forschung und Innovation" der Österreichischen Radiologischen Gesellschaft (ÖRG)

 
Zoom Image
Zoom Image

Univ. Prof. Dr. Reto Bale

Zoom Image

Abb. 1 Roboter-System (B-ROB II) mit automatischer Registrierung, modularem Aufbau und "plug&play"-Konzept.

Zoom Image

Abb. 2 Farbkodierte Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Erosion (rot = hoch).