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DOI: 10.1055/s-2007-985779
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Nachruf Dr. rer. nat. Alexander Samel
Publication History
Publication Date:
03 August 2007 (online)
- Wissenschaftliche Arbeiten zum Thema "Gesundheit und Belastung von Luftfahrtpersonal"
- Sein Ziel war, die Fluglärmdebatte zu versachlichen
- Interdisziplinäre Forschung an den komplexen Facetten der Flugmedizin
- Die gesamte deutsche flugmedizinische Gemeinschaft verliert eine zentrale Persönlichkeit

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist mir eine traurige Pflicht, Sie über den Tod von Herrn Dr. rer. nat. Alexander Samel zu informieren, der am 19.05.2007 nach kurzer, schwerer Erkrankung verstarb.
Wissenschaftliche Arbeiten zum Thema "Gesundheit und Belastung von Luftfahrtpersonal"
Herr Dr. Samel, geboren in Kiel, studierte Physik an der Universität in Bonn. Zunächst arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im dortigen physikalischen Institut. 1980 begann seine Tätigkeit im damaligen Institut für Flugmedizin der "Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V.". Anfangs war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der flugmedizinischen Abteilung von Herrn Hans-Martin Wegmann unter der Institutsleitung von Prof. Karl-Egon Klein.
Dort beschäftigte er sich vorwiegend mit dem Thema "Gesundheit und Belastung von Luftfahrtpersonal", führte gemeinsam mit dem Team der Abteilung viele Labor- und Feldstudien zu den Themen "Flugdienst und Ruhezeiten beim fliegenden Personal", "Jet Lag" und "zirkadiane Rhythmik" durch, publizierte verschiedene - inzwischen zu Klassikern gewordene - wissenschaftliche Arbeiten und vertrat diese Themen gegenüber Zulassungsbehörden und Ministerien. Er arbeitete auch in der Raumfahrtmedizin und vertiefte seine raumfahrtmedizinischen Aktivitäten mit einem Forschungsaufenthalt, der ihn von 1989 bis 1990 an das "NASA AMES Research Center" in Kalifornien führte.
Sein Ziel war, die Fluglärmdebatte zu versachlichen
Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Herrn Wegmann führte er ab 1998 als Abteilungsleiter die erfolgreiche und weltweit anerkannte Arbeit dieser Abteilung weiter und nahm zusätzlich die Thematik "Fluglärm" in sein Portfolio auf. Sein Ziel war es, durch eindeutige wissenschaftliche Ergebnisse dazu beizutragen, dass die sehr emotional geführte Diskussion um die Thematik Fluglärm versachlicht und basierend auf klaren wissenschaftlichen Ergebnissen geführt werden konnte. Bereits seine erste, weltweit einmalige Studie zur Frage der Einflüsse des Nachtfluglärms auf die Schlafqualität Gesunder hat zu sehr konkreten Ergebnissen geführt.
Aufgrund dieser Ergebnisse konnten Herr Samel und sein Team 2006 dem Regierungspräsidium Leipzig einen neuen, erstmals auf physiologischen Daten basierenden Vorschlag zur Einrichtung von Lärmschutzzonen unterbreiten. Erst vor wenigen Monaten hat schließlich das Bundesverwaltungsgericht dieses neuartige Lärmschutzkonzept des Flughafens Leipzig/Halle akzeptiert. Damit wurde es weltweit erstmals möglich, ein Lärmschutzkonzept basierend auf physiologischen Daten einzuführen.
Natürlich ist zu hoffen, dass dieses Prinzip in Zukunft generell bei Zulassungsverfahren angewandt wird (Lärmschutzkonzept aufgrund physiologischer und nicht nur physikalischer Daten). Im zuletzt erschienenen Heft (FTR 2007; 14 (1): 12-16) dieser Zeitschrift hat Herr Samel dieses Konzept erläutert.
Interdisziplinäre Forschung an den komplexen Facetten der Flugmedizin
Herr Samel war ein sehr ruhiger, ausgeglichener, stets freundlicher Kollege. In seiner Arbeit handelte er immer integrativ, sachlich und sehr kompetent. Diese Eigenschaften waren ausschlaggebend für seine Erfolge: Er hat es geschafft, ein interdisziplinäres Team aufzubauen, das gemeinsam mit Teams aus verschiedenen Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen die komplexen Facetten der flugmedizinischen Forschung angeht.
Er hat es in diesem teilweise sehr emotionalen Umfeld gerade wegen seiner Eigenschaften sehr gut verstanden, Diskussionen zu objektivieren und dadurch zu entemotionalisieren. Deshalb war er auch in den verschiedensten Gremien als sehr geschätzter Kollege anerkannt.
So war er Mitglied der "air safety working party" des europäischen Verkehrssicherheitsrates ("European Transport Safety Council", ETSC), war Co-Chair des "Human Factors Subcommittee" der Internationalen Akademie für Astronautik ("International Academy of Astronautics", IAA), war Mitglied des "Air Transport Medicine Committee" der "Aerospace Medical Association" (AsMA), Mitglied der internationalen Kommission zur Untersuchung der biologischen Effekte des Lärms und hat sich sehr viele Verdienste in der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtmedizin erworben, für die er von 1999 bis 2001 das Amt des Schatzmeisters übernommen hatte. Besonders wichtig war ihm seine Mitgliedschaft im "European Committee of Aircrew Scheduling and Safety" (ECASS).
Noch kurz vor seinem Tod haben wir uns mit ihm sehr darüber gefreut, dass er in das Editorial Board der Zeitschrift "Aviation, Space and Environmental Medicine" der AsMA aufgenommen wurde. Schon 1998 war ihm von dieser Gesellschaft in Anerkennung seiner Arbeiten der "Howard K. Edwards Aerospace Medical Association Memorial Award" verliehen worden.
Die gesamte deutsche flugmedizinische Gemeinschaft verliert eine zentrale Persönlichkeit
Durch den plötzlichen Tod von Herrn Dr. Samel, kurz vor seinem 60. Geburtstag, verliert das Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin und die gesamte deutsche flugmedizinische Gemeinschaft eine zentrale Persönlichkeit, die die deutsche Flugmedizin und ihre internationale Rolle in den letzten Jahrzehnten wesentlich mitgeprägt hat. Die Lücke, die jetzt entstanden ist, wird sehr schwer wieder zu füllen sein.
Für die Familie Samel, seine Frau und seine beiden Kinder, ist der Verlust ungleich größer. Deshalb sind unsere Gefühle jetzt ganz bei seiner Familie, der wir alle unser herzliches Beileid aussprechen.
Prof. R. Gerzer
Direktor, Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR
