Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2008; 2(3): 173-188
DOI: 10.1055/s-2007-986397
Affektive Störungen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antidepressiva

Dietrich  van Calker
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Publication Date:
29 April 2008 (online)

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Kernaussagen

Klassifikation

Antidepressiva wirken über eine Erhöhung der Konzentration von Noradrenalin und/oder Serotonin (5-Hydroxytryptamin, 5-HT) und evtl. Dopamin im synaptischen Spalt.

  • Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin und/oder NA und/oder Dopamin (SSRI, SSNRI, SNRI, Bupropion)

  • Hemmung der Monoaminooxidase (Tranylcypromin, Moclobemid)

  • Hemmung der präsynaptischen, α2-adrenergen, „Feed-back”-Inhibition der Neurotransmitterausschüttung (Mianserin, Mirtazapin)

  • Die älteren trizyklischen und tetrazyklischen Antidepressiva (TZA) wirken als Serotonin- und/oder Noradrenalinwiederaufnahmehemmer, haben aber neben diesen Wirkungen noch ausgeprägte antagonistische Effekte auf diverse Rezeptoren

Indikationen

  • Die Auswahl des Antidepressivums erfolgt nach erwünschten und unerwünschten Nebenwirkungen, Ansprechen auf frühere Behandlungen und nach evtl. Komorbidität mit Zwangsstörungen oder ADHS.

Nebenwirkungen

  • Nebenwirkungen der TZA beruhen zum großen Teil auf ihren antagonistischen Wirkungen an Histamin H1 (Sedierung, Gewichtszunahme), muskarinisch-cholinergen (z. B. Mundtrockenheit, Harnverhalt) und adrenergen α1-Rezeptoren (z. B. orthostatische Probleme).

  • Die Nebenwirkungen der SSRI, SSNRI und SNRI beruhen dagegen auf agonistischen Effekten von Serotonin (z. B. ängstliche Unruhe) bzw. Noradrenalin (z. B. Harnverhalt) an verschiedenen Serotonin- bzw. Noradrenalinrezeptoren.

  • MAO-Hemmer erfordern die Einhaltung einer tyraminarmen Diät und dürfen wegen der Gefahr eines serotonergen Syndroms nicht mit serotonergen Substanzen (z. B. SSRI, Clomipramin) kombiniert werden.

  • Mirtazapin wirkt wegen starker H1-blockierender Wirkung sehr sedierend und kann erhebliche Gewichtszunahme hervorrufen.

  • Die Nebenwirkungen von Bupropion ähneln denen von Psychostimulanzien, in höheren Dosen senkt es die Krampfschwelle.

Pharmakokinetik

  • Das Verstoffwechseln der Antidepressiva erfolgt durch das Zytochrom-P450-System. Genetische Unterschiede in der Aktivität dieser Enzyme sowie gleichzeitige Einnahme von Substanzen, die diese Enzyme aktivieren (z. B. Carbamazepin) bzw. hemmen (z. B. SSRI wie Fluoxetin, Fluvoxamin und Paroxetin), kann zu großen Variationen der Plasmaspiegel von Antidepressiva führen.

  • Antidepressiva sollten insbesondere bei nebenwirkungsempfindlichen Patienten einschleichend aufdosiert werden, bei einigen Antidepressiva kann mit einer schon wirksamen Dosis begonnen werden.

Therapieoptionen

  • Strategien bei mangelndem oder unzureichendem Ansprechen auf Antidepressiva umfassen Wechsel des Antidepressivums, Augmentierung (Lithium, Schilddrüsenhormone) und Kombination verschiedener Antidepressiva.

  • Die chronifizierten Formen der Depression sprechen auf eine Kombination aus Psycho- und Pharmakotherapie (insbesondere CBASP) deutlich besser an als auf medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlung allein.

  • Jede depressive Episode sollte nach Remission für ca. sechs Monate weiterbehandelt werden, um einen Rückfall zu verhindern.

Literatur

Prof. Dr. Dr. Dietrich van Calker

Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinikum der Universität Freiburg

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