Der Trend ist eindeutig: "In der niedergelassenen Praxis mehren sich die Patienten
mit eingeschränkter Nierenfunktion", beschreibt Dr. Peter Spiegel, Nürnberg, seine
alltägliche Erfahrung. Britische Wissenschaftler warnen gar vor einem Anstieg von
Nierenerkrankungen im epidemischen Ausmaß. Schon der 2005 in der medizinischen Fachzeitschrift
"The Lancet" veröffentlichte Artikel "Chronic Kidney Disease: The Global Challenge"
prognostizierte einen rasanten Anstieg von Nierenerkrankungen in den nächsten zehn
Jahren und verwies auf die Notwendigkeit einer verbesserten Prävention und Früherkennung.
Es ist wichtig, Niereninsuffizienz rechtzeitig zu erkennen
Es ist wichtig, Niereninsuffizienz rechtzeitig zu erkennen
Da die Niereninsuffizienz oftmals zu spät erkannt wird, entstehen gravierende Folgen
für den Stoffwechsel und als Folge hohe Kosten einer zu spät einsetzenden Therapie.
Vom gestörten Kalzium-Phosphat- und Vitamin-D3-Stoffwechsel sind sowohl Knochenmineralisierung als auch Knochenformation und die
Muskelleistung betroffen, zudem gehören Weichteilverkalkungen mit all ihren negativen
Konsequenzen zu den Folgen.
Die Prävalenz einer mittelgradigen Nierenerkrankung (Stadium 3) ist hoch, sie liegt
in Deutschland, ebenso wie in den USA, bei 4,3%, was einer Zahl von 3 440 000
Betroffenen entspricht [6]. Mit einer abnehmenden Filtrationsleistung der Niere geht eine Abnahme des aktiven
Vitamin-D-Hormons einher: Sinkt die glomeruläre Filtrationsleistung, nimmt auch der
Serum-Calcitriolspiegel ab (Abb. [1]; [1]).
Abb. 1 Die frühen Stadien der Nierenfunktionseinschränkungen sind häufig und korrelieren
mit einem Vitamin-D-Hormon(Calcitriol)-Mangel
Nierenfunktion und D-Hormon sinken oftmals im Alter
Nierenfunktion und D-Hormon sinken oftmals im Alter
Besonders ältere Menschen leiden häufig an einer stark eingeschränkten Nierenfunktion.
Bereits ab einem Alter von 40 Jahren nimmt die Nierenleistung kontinuierlich ab. Wie
die AIMS-Studie zeigen konnte, sinken unter einer Kreatininclearance von 65 ml/min
die Vitamin-D-Hormon-Serumspiegel. In der multivariabel-kontrollierten Analyse waren
Kreatininclearance und die Calcitriolspiegel signifikant miteinander korreliert (p
< 0,0001).
Grund ist ein entscheidender Schritt des Vitamin-D-Stoffwechsels, der bei Niereninsuffizienz
nur gebremst abläuft oder total blockiert ist: die Aktivierung von Vitamin D zu D-Hormon,
also die Umwandlung von Calcidiol zu Calcitriol, dem aktiven Vitamin D-Metaboliten.
Da es sich genau genommen nicht um ein Vitamin, sondern vielmehr um ein Hormon handelt,
lautet die passendere Bezeichnung D-Hormon, so Dr. Laurent C. Dukas, Basel (Schweiz).
Beseitigung des D-Hormon-Mangels reduziert Sturzrisiko
Beseitigung des D-Hormon-Mangels reduziert Sturzrisiko
Eine Kreatininclearance unter 65 ml/min ist mit einem vierfach erhöhten Sturzrisiko
verbunden (p = 0,006) (multivariabel kontrolliert), wie die AIMS-Studie belegt [4]. Eine Schlüsselrolle beim erhöhten Sturzrisiko im Alter kommt Dukas zufolge dem
D-Hormon-Mangel zu.
Denn Alfacalcidol hat im Vergleich zu Bisphosphonaten den Vorteil, nicht nur auf den
Knochen, sondern gleichzeitig auch auf die Muskulatur einzuwirken, betonte Prof. Johann
D. Ringe, Leverkusen. Auch Dukas unterstützt diese Aussage, da die Typ-II-Muskelfasern
- diese schnell reagierende Muskulatur kann einen Sturz eventuell noch verhindern
- bei einem Mangel an D-Hormon atrophieren [2].
Sowohl Koordination als auch Schnelligkeit der Muskelreaktion hängen vom Calcitriolspiegel
ab, da es in der Muskulatur lediglich einen Hormonrezeptor gibt - natives Vitamin
D kann daher bei der Sturzprophylaxe nichts ausrichten. Die Resultate der AIMS-Studie
wurden von mehreren unabhängigen Studien bestätigt [3], [5].
Soziale Dimension der Sturzproblematik
Soziale Dimension der Sturzproblematik
Stürze sind für den älteren Menschen oft eine Katastrophe, weil sie mit einer erhöhten
Inzidenz an Frakturen, Pneumonien sowie Urosepsis nach Liegetrauma, erhöhter Sterblichkeit
und langen Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalten assoziiert sind.
Während junge Menschen nach einem Sturz im wahrsten Sinn des Wortes schnell wieder
auf die Beine kommen, bleiben die meisten älteren Menschen liegen, so die Erfahrung
Dukas. "Dies führt dann inherent wegen der Angst vor dem Sturz und dessen Folgen auch
zu sozialer Isolierung und zu sozialer Problematik", erläutert Dukas die weitreichende
Dimension.
Männer und Frauen mit einem Alter von über 65 Jahren und einer Kreatininclearance
von unter 65 ml/min, die an Osteoporose litten und stürzten, zeigten:
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signifikante 57% mehr Femurfrakturen
-
signifikante 30% mehr Wirbelkörperfrakturen
-
signifikante 79% mehr Radiusfrakturen.
Die verminderte renale Aktivierung zum aktiven D-Hormon, kann durch die Gabe von Vitamin
D (Cholecalciferol) nicht kompensiert werden. Eine Therapie mit dem aktiven Vitamin-D-Metaboliten
Alfacalcidol hingegen reduziert das vierfach erhöhte Sturzrisiko, welches bei einer
Kreatininclearance unter 65 ml/min signifikant auftritt (p = 0,006), nämlich auf das
Sturzrisiko-Niveau von Patienten mit einer Kreatininclearance über diesem kritischen
Wert.
Wie hängen Niereninsuffizienz und Sturzrisiko zusammen?
Wie hängen Niereninsuffizienz und Sturzrisiko zusammen?
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Eine erniedrigte Kreatininclearance von < 65ml/min ist in verschiedenen Populationen
mit einem signifikant erhöhten Sturzrisiko, einem signifikant erhöhten Risiko für
Mehrfachstürze und mit einer erhöhten sturzbedingten Frakturinzidenz verbunden.
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Die erhöhte Sturzrate bei einer Kreatininclearance von < 65ml/min ist auf einen D-Hormon-Mangel
zurückzuführen, bedingt durch eine reduzierte renale Metabolisierung zum aktiven Vitamin-D-Hormon.
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Die verminderte renale Metabolisierung vom Vitamin D zum aktiven D-Hormon kann durch
die Gabe von inaktivem Vitamin D (Cholecalciferol) nicht korrigiert werden.
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Hingegen führt eine Therapie mit aktiven Vitamin-D-Analoga (Alfacalcidol) bei Patienten
mit einer Kreatininclearance von < 65ml/min zu einer signifikanten Reduktion der Sturzrate.
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Osteoporose- und Frakturprophylaxe
Osteoporose- und Frakturprophylaxe
Die täglichen Erfahrungen in der allgemeinärztlichen Praxis von Dr. Martha Spiegel,
Nürnberg, zeigen, dass zu den Basismaßnahmen einer Osteoporose- und Frakturprophylaxe
eine Vitamin-D-Supplementierung von täglich 20-40 µg (10 µg = 400 IE) gehört. Von
einer ausreichenden Versorgung mit Vitamin D ist jedoch häufig gerade bei Patienten
in hohem Alter nicht auszugehen. Gründe hierfür können neben dem altersbedingten Mangel
zum Beispiel auch mangelnde Sonnenexposition oder gastrointestinale Störungen sein.
Im Gegensatz zum nativen Vitamin D3 wirkt Alfacalcidol unabhängig von Nierenfunktion und Vitamin-D-Status. Gerade ältere
Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion können daher vom Einsatz des aktiven Vitamin-D-Metaboliten
Alfacalcidol profitieren. In der Praxis jedoch werde die Bedeutung des Vitamin D und
des aktiven Vitamin-D-Metaboliten Alfacalcidol noch häufig unterschätzt, so die Meinung
Peter Spiegels.
In einer Kombinationsstudie, der in diesem Jahr publizierten AAC-Studie [7], war die kombinierte Alendronat-Alfacalcidol-Therapie den jeweiligen Monotherapien
bei Patienten mit manifester Osteoporose überlegen, untermauerte Ringe. 90 Patienten
hatten entweder Alfacalcidol, Alendronat plus Vitamin D oder eine Kombination aus
Alendronat und Alfacalcidol erhalten, jeweils supplementiert mit Kalzium. In allen
drei Therapiegruppen stieg die Knochendichte an, am deutlichsten jedoch in der Kombinationsgruppe.
In der gemeinsamen Auswertung vertebraler und distaler Frakturen wurde durch die Kombinationstherapie
das Frakturrisiko signifikant gemindert. In der Prävention von Stürzen und Frakturen
war im bisherigen Beobachtungsverlauf von zwei Jahren die Monotherapie mit Alfacalcidol
dem Alendronat überlegen, noch deutlicher sichtbar war das verminderte Sturzrisiko
bei der Kombinationstherapie.
Aktive Vitamin-D-Metaboliten können noch mehr...
Aktive Vitamin-D-Metaboliten können noch mehr...
Da bereits frühe Stadien der chronischen Niereninsuffizienz (GFR < 60 ml/min) mit
einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert sind, ist es wichtig eine Progression
der Niereninsuffizienz zu verhindern und das Prädialysestadium so lange wie möglich
hinauszuzögern. Dies kann nur geschehen, wenn die Niereninsuffizienz sehr frühzeitig
erkannt wird. Der Hausarzt sollte den Nephrologen in die Behandlung des Patienten
einbeziehen.
Wie Dr. Preben Joffe, Odense (Dänemark), betonte, wird Alfacalcidol in Dänemark bereits
weit verbreitet eingesetzt. Das Prodrug des Vitamin-D-Hormons Alfacalcidol ist hier
fester Bestandteil der Therapie der renalen Osteopathie. Aufgrund der pleiotropen
Wirkansätze können auch Osteoporosepatienten in mehrfacher Hinsicht vom Einsatz von
Alfacalcidol profitieren.
Geringere kardiovaskuläre Mortalität
Geringere kardiovaskuläre Mortalität
Durch die Gabe von Alfacalcidol kann aus dem Prodrug in einer Vielzahl von Zielgeweben
das benötigte Vitamin-D-Hormon gebildet werden. Einen besonderen Effekt des D-Hormons
im Körper erläuterte Joffe anhand einer japanischen Studie an Hämodialysepatienten
(Abb. [2]; [8]). Aufgrund der terminalen Niereninsuffizienz ist bei diesen Patienten die renale
Bildung von Vitamin-D-Hormon gestört.
Abb. 2 Reduziertes Risiko der kardiovaskulären Mortalität
In der Beobachtungsstudie wurde die Mortalität von 162 Dialysepatienten, die regelmäßig
Alfacalcidol einnahmen, mit der Mortalität von 80 Patienten verglichen, die nicht
mit Vitamin-D-Hormon-Metaboliten supplementiert wurden. In der Therapiegruppe mit
Alfacalcidol zeigten die Patienten ein geringeres Risiko für kardiovaskuläre Todesfälle,
wohingegen die Mortalität durch nicht kardiovaskuläre Ereignisse in beiden Gruppen
vergleichbar war. Diese aktuellen Beobachtungen müssen noch in kontrollierten Studien
bestätigt werden, aber sie geben einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Gabe von
Alfacalcidol das Überleben von Dialysepatienten verbessern kann. Laut Einschätzung
von Joffe ist die Therapie mit Alfacalcidol in der Nephrologie damit immer noch das
Mittel der Wahl.
KL
Quelle: Internationales Expertengespräch EinsAlpha®, veranstaltet von der LEO Pharma
GmbH, Neu-Isenburg
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der LEO Pharma GmbH, Neu-Isenburg
Die Unterscheidung zwischen genuinem Vitamin D und D-Hormon (Calcitriol) ist essenziell
zum Verständnis der Sturzprävention, weil...
Die Unterscheidung zwischen genuinem Vitamin D und D-Hormon (Calcitriol) ist essenziell
zum Verständnis der Sturzprävention, weil...
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es in der Muskulatur nur D-Hormon-Rezeptoren gibt
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das Wachstum der schnell reagierenden Typ-II-Muskelfasern abhängig vom D-Hormon-Serumspiegel
ist
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die Koordination und Schnelligkeit der Muskelreaktion abhängig vom D-Hormon-Serumspiegel
ist
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natives Vitamin D keinen Einfluss auf diese Faktoren hat.
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