Dtsch Med Wochenschr 2007; 132(42): 2225
DOI: 10.1055/s-2007-991635
Korrespondenz | Correspondence
Leserbrief
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Interferon-gamma Release Assays

A. Schablon, A. Niehaus
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Publication Date:
10 October 2007 (online)

Zum Beitrag aus DMW 25/26 2007

In der DMW wurden die neuen Interferon-Gamma-Release-Assays (IGRA) zur Diagnostik der Tuberkulose (TB) vorgestellt [3]. Die Autoren kommen laut der zitierten Literatur zu dem Schluss, dass sich der Quantiferon-Test aufgrund der höheren Spezifität aber geringeren Sensitivität weniger gut als Screeninginstrument eignet als der Tuberkulin-Hauttest (THT) nach Mendel-Mantoux.

Wir sind der Meinung, dass die neuen IGRA eine sehr gute Alternative zum THT zur Diagnose einer latenten Tuberkulose-Infektion (LTBI) darstellen. Eine Meta-Analyse der Studien zur Evaluation der Sensitivität und Spezifität der neuen In-vitro-Testverfahren ergab eine gepoolte Sensitivität des ELISPOT-Verfahrens von 88 % sowie für den Quantiferon-Gold In Tube (QFT-IT) von 76 %. Die gepoolte Sensitivität des THT fiel mit 70 % etwas geringer aus. Die gepoolte Spezifität für Studienkollektive mit niedrigem Expositionsrisiko betrug für den ELISPOT 92 % und für den QFT-IT 97 %. Erwartungsgemäß war die Spezifität des THT mit nur 66 % deutlich geringer [4]. Es gibt keinen Goldstandard für die Diagnose einer LTBI. Sensitivität und Spezifität des IGRA sowie des THT wurden deshalb bei bekannter Tuberkulose-Erkrankung ermittelt.

Diskordante Ergebnisse finden sich häufiger in der Gruppe der BCG-geimpften. In unserer Studie wiesen insgesamt 22,2 % der Probanden diskordante Ergebnisse zwischen THT und IGRA auf. Die Ergebnisse mit THT+/IGRA- konnten durch eine bestehende BCG-Impfung oder Boostereffekte durch frühere THT, also durch falsch positive THT, erklärt werden [5].

Basierend auf der aktuellen Datenlage zur Evaluation des IGRA wurden die bisherigen Empfehlungen zum Einsatz der Testverfahren aktualisiert. Die neuen Richtlinien des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) [1] sehen eine Zweischrittstrategie vor. Zunächst soll der THT angewendet werden und der IGRA als Bestätigungstest für einen positiven THT. Dies kann aufgrund der vorliegenden Daten für die Vorsorgeuntersuchungen bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst von uns nicht generell empfohlen werden. Unter der Annahme, dass beide Testverfahren eine Sensitivität von 90 % haben, reduziert sich die Sensitivität für das zweistufige Vorgehen auf 81 %. Die Sensitivität des THT verglichen mit dem IGRA betrug in unserer Studie 60 %. Daraus ergibt sich bei Doppelstrategie eine Sensitivität von nur 54 % [6]. Für Routineuntersuchungen im Gesundheitsdienst ist der IGRA der sicherere Test, da viele Beschäftigte entweder BCG-geimpft sind oder in der Vergangenheit häufiger mit dem Stempeltest/THT auf LTBI getestet worden sind. Auch bei Personen mit Migrationshintergrund sollte, wegen des hohen Anteils falsch positiver THT aufgrund von Umweltmycobakterien, als erste Option der IGRA eingesetzt werden. Vor dem Einsatz einer präventiven Chemotherapie sollte das positive Ergebnis des THT auf jeden Fall mit dem IGRA verifiziert werden. Insbesondere bei Umgebungsuntersuchungen in Alten- und Pflegeheimen steht mit dem IGRA eine Alternative zur sofortigen Röntgenuntersuchung zur Verfügung. Der THT ist aufgrund bekannter Störfaktoren in dieser Personengruppe zu unzuverlässig [1].

Zum Nachweis einer akut behandlungsbedürftigen TB sind sowohl der THT als auch der IGRA als alleinige Basis nicht geeignet. Beide Testverfahren unterscheiden nicht zwischen einer LTBI oder einer akuten TB. Sie weisen lediglich eine stattgefundene Infektion mit dem Mycobacterium tuberculosis nach. Zur Differenzialdiagnose einer akuten TB spielen Klinik, mikrobiologischer Erregernachweis im Sputum und Röntgenuntersuchungen eine wesentliche Rolle [2]. Der IGRA ist ein wichtiger Baustein beim Ausschlussverfahren. Lässt sich durch das klinische Bild und die radiologischen Befunde die Verdachtsdiagnose einer akuten TB nicht eindeutig verifizieren, ist der IGRA aber negativ, spricht das gegen eine akute TB.

Literatur

  • 1 Diel R, Forßbohm M, Loytved G. et al . Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchungen bei Tuberkulose - Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose.  Pneumologie. 2007;  61 440-455
  • 2 Hoffmann H, Loytved G, Bodmer T. Interferon-gamma release assays in tuberculosis diagnostics.  Internist (Berl). 2007;  48 497-506
  • 3 Löbermann M, Reisinger E C. Infektiologie und Tropenmedizin 2007.  Dtsch Med Wochenschr. 2007;  132 1399-1403
  • 4 Menzies D, Pai M, Comstock G. Meta-analysis: new tests for the diagnosis of latent tuberculosis infection: areas of uncertainty and recommendations for research.  Ann Intern Med. 2007;  146 340-354
  • 5 Nienhaus A, Schablon A, Siano B, leBacle C, Diel R. Evaluation of the Interferon-gamma Release Assay in Healthcare Workers.  Int Arch Occup Environ Health. 2007 ;  , DOI 10.1007/s00420-007-0212-1
  • 6 Nienhaus A, Loddenkemper R, Hauer B, Wolf N, Diel R. Latente Tuberkulose-Infektionen im Gesundheitswesen - Evaluation des Interferon-γ Release Assay.  Pneumologie. 2007;  61 219-223

Anja Schablon
PD Dr. med. Albert Nienhaus

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

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