psychoneuro 2007; 33(10): 427
DOI: 10.1055/s-2007-992871
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Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung bei Kindern - Ohne Eltern geht gar nichts

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Publication Date:
14 November 2007 (online)

 
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ADHS bei Kindern ist vor allem durch die Kardinalssymptome motorische Unruhe, Unaufmerksamkeit und Impulsivität charakterisiert. Unbehandelt ist die Entwicklung, der zu erwartende soziale und berufliche Erfolg der Kinder beeinträchtigt. Etwa die Hälfte der Kinder leidet unter Ein- und Durchschlafstörungen, die meisten haben aber ein Problem mit dem Zubettgehen, d.h. ein Verhaltensproblem. Die Betroffenen haben daher auch ein hohes Risiko für Verletzungen und Unfälle.

ADHS betrifft aber nicht nur rund 4% aller schulpflichtigen Kinder, sondern auch Eltern, Lehrer und Freunde. Diese spielen gleichzeitig eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung. Bereits pränatal kann durch Nikotin, Alkohol und Stress in der Schwangerschaft das neuronale Wachstum und damit die funktionelle Reifung des Gehirns beeinträchtigt werden [1]. Auch nach der Geburt prägt das Verhalten der Eltern die Entwicklung geistiger und psychischer Fähigkeiten. Entscheidend sind dabei die Phasen mit erhöhter neuronaler und synaptischer Plastizität, d.h. die sensible Phase während der ersten Lebenswochen sowie die Pubertät. Mangelnde emotionale Bindung kann z.B. zu einer Degeneration der Dentriten führen.

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Traumatisierung der Eltern

Gleichzeitig kann aber auch das Verhalten der Kinder ("Keiner will mit mir spielen") die betroffenen Eltern, die häufig ebenfalls an ADHS leiden, traumatisieren und Verzweiflung und Hilflosigkeit auslösen. Wir müssen diesen Teufelskreis so früh wie möglich unterbrechen", schlussfolgerte Prof. Dr. Wolf-Dieter Gerber, Kiel, auf einem Workshop im Rahmen der ADHS-Gespräche. Ein rechtzeitiges Erkennen der Symptome und eine entsprechende therapeutische Unterstützung sind daher notwendig. Die Rolle von Medikamenten sollte sorgfältig mit den Eltern besprochen werden.

Zur medikamentösen Behandlung, die bei einigen Kindern aufgrund der Schwere ihrer Symptomatik nicht unumgänglich ist, stehen heute Stimulanzien wie Methylphenidat zur Verfügung: Eine Alternative bietet Atomoxetin (Strattera®), das nicht zu den Stimulanzien zählt und nicht BTM-pflichtig ist. Wie Prof. Dr. Andrea Caby, Emdenburg, und Dr. Filip Caby, Papenburg-Aschendorf, gemeinsam vorstellten, sollte Atomoxetin nach der Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte vorrangig dann eingesetzt werden, "wenn die Familie ein Nicht-Stimulanz-Präparat bevorzugt, Tics oder Angststörungen assoziiert sind, eine 24-Stunden-Wirkung dringend erforderlich ist oder die Gefahr von Substanzmissbrauch vorliegt". Eine medikamentöse Therapie kann auch erforderlich sein, um den Betroffenen den Zugang zu anderen Therapiemaßnahmen zu ermöglichen oder wenn keine andere Therapie angeboten werden kann bzw. akzeptiert wird.

Dr. Katrin Wolf, Eitorf

Quelle: 4. ADHS-Gespräche am 12. Mai 2007 in Düsseldorf, unterstützt von Lilly Deutschland GmbH

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Literatur

  • 01 Braun  K. Bogerts B. Psychother Psych Med. 2000;  50 420-427
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Literatur

  • 01 Braun  K. Bogerts B. Psychother Psych Med. 2000;  50 420-427