B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2008; 24(1): 3
DOI: 10.1055/s-2008-1004630
Editorial

© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

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G. Huber
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Publication Date:
18 February 2008 (online)

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    Liebe Leserin, lieber Leser!

    Im Jahr 2007 starben auf diesem Planeten mehr Menschen an einem „Zu viel” an Nahrung - an Übergewicht -, als dass Menschen verhungerten, weil sie zu wenig zu essen hatten. In den USA sind zwei Drittel der Bevölkerung übergewichtig. Nicht viel anders sieht es in Deutschland aus: Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. sind mehr als 65 % der Männer und ca. 55 % der Frauen in Deutschland übergewichtig. Jeder fünfte Erwachsene ist adipös. Zwei Dinge lassen diese Entwicklung besonders bedrohlich erscheinen: Zum einen ist dies die stark beschleunigte Zunahme in den letzten Jahren (der Anteil der Adipösen stieg in den letzten 15 Jahren um nahezu 100 %), zum anderen ist es der hohe Anteil von betroffenen Kindern und Jugendlichen, die „zunehmend” Sorge bereiten.

    Übergewicht und Adipositas stellen zwar (kranken-)versicherungsrechtlich keine eigenen Krankheitsbilder dar, doch ihr hohes gesundheitliches Risikopotenzial ist unbestritten. Übergewicht verkürzt das Leben, begünstigt zahlreiche Komorbiditäten und stellt für das Gesundheitswesen einen erheblichen Kostenfaktor dar.

    Zu den Ursachen gibt es eine Fülle von Vermutungen und Annahmen, alle lassen sich auf einen relativ simplen Zusammenhang reduzieren: Übergewicht entsteht immer, wenn mehr Energie aufgenommen als verbraucht wird. Versuche, etwas an der Energieaufnahme zu ändern, scheitern in aller Regel, z. B. Diäten. Die Evidenz für ernährungsbezogene Interventionen ist relativ bescheiden. Trotzdem steht die Ernährung im Mittelpunkt von Leitlinien und Therapieempfehlungen.

    Angesichts des großen Ausmaßes der Adipositas-Epidemie ist es überraschend, wie wenig erfolgreiche Interventionen zur Verfügung stehen, um dieses Problem zu reduzieren. Die vorliegenden Ergebnisse geben Anlass, neuere und bessere Konzepte zu entwickeln und zu evaluieren. Vor allem muss die Seite des Energieverbrauchs in den Fokus rücken und die Bewegungstherapie optimiert werden. Dabei sind folgende Aspekte von Bedeutung:

    • Das Problem Adipositas und Übergewicht ist ohne ein angemessenes Bewegungsprogramm nicht in den Griff zu bekommen.

    • Notwendig ist v. a. die Entwicklung von Bewegungsprogrammen, die den Umfang der körperlichen Aktivität langfristig erhöhen.

    • Dabei muss die besondere Rolle der Adipositas auslösenden Faktoren berücksichtigt werden. Damit sind Rahmenbedingungen gemeint, die körperliche Bewegung unwahrscheinlicher machen (z. B. TV-Konsum, zu wenig Radwege und „Bolzplätze”).

    • Multiprofessionelle und mehrdimensionale Programme sind eher geeignet, das in der Regel bio-psycho-soziale Problem Übergewicht zu regulieren.

    Egal wie die Programme letztendlich aussehen, sie werden nur funktionieren, wenn Bewegung angemessen berücksichtigt wird. Es liegt auch an uns Sporttherapeuten, die damit verbundenen Aufgaben, Chancen und Möglichkeiten für die Konzeption, Realisation und Evaluation von ICF-orientierten, epidemiologisch begründeten und evidenzbasierten Bewegungsprogrammen zu nutzen. Die Beiträge des vorliegenden Heftes sollen dazu motivieren.

    Der Jahresanfang ist eigentlich geeignet, nach vorn zu schauen. Aus gegebenem Anlass wollen wir aber zurückblicken. Unser Verband, der DVGS, feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Wir werden dieses Jahr dazu nutzen, wichtige Entwicklungsschritte der Verbandsarbeit vorzustellen.

    Bleibt noch, an dieser Stelle einen besonderen Dank auszusprechen. Dieser gilt Prof. Dr. Georg Wydra, der seit 2004 als Wissenschaftlicher Redakteur ein akribisches Auge auf die Beiträge der Zeitschrift geworfen hat und durch die Verantwortung für die Review-Prozesse entscheidend zur Qualitätsentwicklung der B & G beigetragen hat. Herr Wydra wird fortan den Wissenschaftlichen Beirat in all seinen Aufgaben unterstützen. Wir bedanken uns für sein Engagement und freuen aus auf die weitere Zusammenarbeit.

    Ihr Gerhard Huber