intensiv 2008; 16(2): 106
DOI: 10.1055/s-2008-1027296
Recht

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Legen einer Magensonde - ärztliche oder pflegerische Tätigkeit?

Werner Schell
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Publication Date:
02 April 2008 (online)

In der medizinischen Versorgung kranker bzw. pflegebedürftiger Patienten stellt sich immer wieder die Frage, welche Verrichtungen ärztliche oder pflegerische Tätigkeiten sind. Besonders häufig stellen sich solche Fragen im Zusammenhang mit Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen [1].

Nun wurde gefragt, wie das Legen einer Magensonde einzuordnen ist - ärztliche oder pflegerische Tätigkeit?

Dazu ergibt sich folgende Antwort:

Zunächst erscheint es wichtig, zwischen dem Legen einer transnasalen Sonde und einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) zu unterscheiden. In beiden Fällen handelt es sich um Eingriffe am Patienten, die nur unter strikter Achtung des Selbstbestimmungsrechts zulässig sind (Aufklärung und Einwilligung, ggf. mithilfe eines gesetzlichen Vertreters[1]). Beide Verrichtungen gehören als therapeutische Maßnahmen grundsätzlich in den ärztlichen Tätigkeitsbereich, sodass eine selbstständige Entscheidung des nichtärztlichen Personals über eine solche Maßnahme außer Betracht bleiben muss.

Beim Legen einer transnasalen Sonde handelt es sich allerdings um eine solche ärztliche Tätigkeit, die, wie auch in anderen Fällen, aufgrund einer ärztlichen Anordnung auf nichtärztliches Personal zur Durchführung übertragen werden kann (= Delegationsentscheidung). Voraussetzung ist allerdings, dass das tätig werdende Personal bezüglich des Legens einer transnasalen Sonde über ausreichendes Wissen und Können verfügt und keine besonderen Umstände des Einzelfalles das persönliche Tätigwerden des Arztes erfordern (= Patientengefährdung muss ausgeschlossen werden). Die Übertragung hat sich an den für die Injektionstätigkeit herausgebildeten Delegationsgrundsätzen zu orientieren! Nach diesen Grundsätzen kann bzw. muss das nichtärztliche Personal das Legen einer transnasalen Sonde verweigern, wenn es sich nach einer „gesunden Selbsteinschätzung” der Aufgabenerledigung nicht gewachsen fühlt [2].

Das Anlegen einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) ist ein operativer Eingriff (= Legen einer Ernährungssonde direkt durch die Bauchdecke) [3], der nicht nur eine ärztliche Entscheidung erfordert, sondern auch vom Arzt selbst durchgeführt werden muss. Die Durchführung dieser Aufgabe darf nicht dem nichtärztlichen Personal zur Durchführung überlassen werden.

Eine völlig andere Frage ist, wem die Aufgabe obliegt, einem Patienten nach angelegter Sonde Nahrung und Flüssigkeit mithilfe einer Sonde zuzuführen:

Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine grundpflegerische Tätigkeit handelt, die vom ausgebildeten Pflegepersonal ausgeführt werden kann. So weisen zum Beispiel die „Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege” die Verabreichung der Ernährung, die Hilfe bei Sondennahrung bzw. die Verabreichung der Nahrung und Flüssigkeit über Magensonde bzw. perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) ausdrücklich als „Leistungen der Grundpflege” aus (Nr. 3). Die weitergehende Versorgung bei perkutaner endoskopischer Gastrostomie (PEG), zum Beispiel Wechsel der Schutzauflage, Kontrolle der Fixierung, Desinfektion der Wunde, ggf. Wundversorgung, und die Anwendung ärztlich verordneter Medikamente, all das gehört zu den „Leistungen der Behandlungspflege”.

Literatur

  • 1 Schell W. Injektionsproblematik aus rechtlicher Sicht. Schlütersche Buchreihe (mit weiteren Literaturhinweisen) Hannover; Brigitte Kunz Verlag 2001
  • 2 Schell W. Staatsbürger- und Gesetzeskunde für Pflegeberufe in Frage und Antwort. Delegationsgrundsätze Stuttgart; Georg Thieme Verlag 2005
  • 3 Hubert-Fehler A, Hollmann A. Ernährung durch eine Magensonde (PEG) - Eine Entscheidung mit rechtlichen Konsequenzen.  Deutsches Ärzteblatt. 1998;  95 (14) A805/B665/C621

1 Zum Beispiel rechtlicher Betreuer oder Inhaber einer Vollmacht.

Werner Schell

Harffer Str. 59

41469 Neuss

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