Rofo 2008; 180(2): 180-182
DOI: 10.1055/s-2008-1040359
Mitteilungen der DRG
Radiologie und Recht
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Teil 2 - Brennpunkte bei Abschluss eines Chefarztvertrags

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25 January 2008 (online)

 
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Nach dem in der vergangenen Ausgabe bereits einige Punkte, die es beim Abschluss von Chefarztverträgen zu beachten gibt, besprochen wurden, soll sich der nachfolgende Teil vor allem mit den Regelungen zur Vergütung und den Entwicklungsklauseln beschäftigen. Beide Regelungen stehen in letzter Zeit aus verschiedenen Gründen in der Diskussion und sind wesentlicher Bestandteil eines Chefarztvertrags.

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Vergütung

Chefarztverträge "neueren Musters" sehen meist, da mehr oder minder alle Aufgaben des Chefarztes als Dienstaufgaben festgelegt sind, eine Vergütung bestehend aus einem festen und einem variablen Bestandteil vor. Das Liquidationsrecht wird dem Chefarzt demgegenüber nicht mehr eingeräumt.

Die Verhandlung über die Höhe der festen Vergütung ist oftmals zentraler Bestandteil der Vertragsverhandlungen zwischen Bewerber und Krankenhaus. Hierbei ist aus Sicht des Bewerbers bei der Bemessung der Höhe des festen Vergütungsbestandteils das Augenmerk selbstverständlich auch auf die weiteren variablen Vergütungsbestandteile zu legen, da letztlich allein die realistisch zu erwartende jährliche Gesamtvergütung für den Chefarzt von wirtschaftlichem Interesse ist. Darüber hinaus sind bei der Festvergütung aber auch die vertraglich festgelegten Dienstaufgaben zu berücksichtigen. Lässt der Dienstvertrag ggf. noch Raum für (bereits absehbare) Nebentätigkeiten, z. B. als Gutachter, sollten auch diese bei der Bemessung der festen Vergütung Berücksichtigung finden. Soweit sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen für den Chefarzt noch die Möglichkeit ergeben hat, einzelne Aufgaben aus dem Dienstaufgabenkatalog zu streichen und als Nebentätigkeit genehmigen zu lassen, stellt dies sicherlich einen Grund dar, den festen Vergütungsbestandteil entsprechend zu verringern.

Es ist im Hinblick auf die teilweise sehr langen Laufzeiten von 20 bis zu 25 Jahren zu beachten, dass durch Inflation, Teuerung etc. mit einem realen Wertverlust der fixierten festen Vergütung zu rechnen. Diesen Verlust gilt es aufzufangen. Hierzu könne Verträge an Indizes (z.B. den Verbraucherpreisindex VPI des Statistischen Bundesamtes) gebunden werden. Allerdings dürfte eine solche feste Bindung am Widerstand des Krankenhausträgers scheitern. Möglich ist auch eine Vertragsklausel, die eine Anpassung der festen Vergütung an die Entwicklung des Lohnniveaus im Wege von Verhandlungen der Vertragspartner vorsieht. Diese zweite Alternative ist selbstverständlich weniger deutlich und erfordert in unregelmäßigen Abständen neue Vergütungsverhandlungen, in denen der Chefarzt mit fortschreitendem Alter sich in einer schlechteren Position befindet. Absolut unüblich ist in aktuellen Chefarztverträgen eine Bindung der Vergütung an Tarifwerke wie z. B. den BAT oder aber den TVöD.

Als feste Vergütung wird eine genau bezifferte Brutto-Jahresvergütung vereinbart, die in 12 gleichen Monatsraten zu einem bestimmten Termin im Monat zahlbar ist. Mit der festen Vergütung sind grundsätzlich alle als Dienstaufgaben definierten Leistungen des Chefarztes abgegolten.

Neben der festen Vergütung sehen Verträge in der Regel noch einen variablen Vergütungsbestandteil vor. Die variable Vergütung bestand früher zumeist aus dem dem Chefarzt eingeräumten Liquidationsrecht. Danach war der Chefarzt berechtigt, Leistungen bei Patienten, die mit dem Krankenhausträger die Erbringung wahlärztlicher Leistungen vereinbart hatten, gesondert zu berechnen. Die Erbringung solcher wahlärztlicher Leistungen ist in aktuellen Verträgen nunmehr aber bereits Teil der dem Chefarzt obliegenden Dienstaufgaben. Gleiches gilt oftmals auch für die stationäre und nichtstationäre Gutachtenerstellung, so dass auch dies als Teil der dem Chefarzt obliegenden Dienstaufgaben mit der festen Vergütung abgegolten ist. Eine (prozentuale) Beteiligung an solchen Erlösen kann aber einen Teil der variablen Vergütung darstellen.

Soweit der Vertrag den gesamten ambulanten Leistungsbereich (z. B. Ermächtigung, D-Arzt-Verfahren) ebenfalls als Dienstaufgabe definiert, kommt auch hier lediglich eine (prozentuale) Beteiligung an den Erlösen des Krankenhausträgers in Betracht. Jedoch kann ggf. eine Herausnahme einzelner Leistungen aus dem Dienstaufgabenkatalog erreicht werden, mit der Folge, dass dem Chefarzt insoweit eine Nebentätigkeit gestattet und damit ein gesondert abrechenbarer Leistungsbereich geschaffen wird. Eine Beteiligung von Chefärzten aus Fachgebieten, die nicht als Durchgangsärzte zugelassen werden können, wie z. B. aus dem Fachgebiet Radiologische Diagnostik, an Erlösen der durchgangsärztlichen Leistungserbringung ist angezeigt, so weit diese Chefärzte in erheblichem Maße daran beteiligt sind. Als weiterer möglicher Beteiligungsbereich kommt z. B. ambulante Erbringung hoch spezialisierter Leistungen in Betracht.

Bei der Bemessung der Höhe des prozentualen Anteils des Chefarztes an der variablen Vergütung ist der tatsächliche Erlös des Krankenhausträgers relevant. Dieser ist dem Chefarzt aber in der Regel nicht bekannt. Bei den Vertragsverhandlungen besteht hier aber erheblicher Verhandlungsspielraum.

Als weiterer variabler Vergütungsbestandteil ist in Chefarztverträgen oftmals die Zahlung eines (oder mehrerer) Boni vorgesehen, die an die Erreichung vorab bestimmter Ziele geknüpft sind. Sowohl die konkreten Ziele als auch Höhe und Auszahlungsmodalitäten der Boni sind in einer Zielvereinbarung zwischen dem Chefarzt und dem Krankenhausträger zu vereinbaren. Diese Zielvereinbarung ist in der Regel eine gesonderte Vereinbarung, auf die im Dienstvertrag lediglich verwiesen wird. Gegenstände einer solchen Zielvereinbarung können u. a. sein:

  • Zielgrößen für Sach- und Personalkosten der Abteilung

  • Zielgrößen für Leistungen nach Art und Menge

  • Einführung neuer Behandlungsmethoden

  • Maßnahmen/Ergebnisse der Qualitätssicherung

  • Inanspruchnahme nichtärztlicher Wahlleistungen

  • Beteiligung an Strukturmaßnahmen

  • Patientenzufriedenheit

Bei der Festlegung des Gegenstands einer Zielvereinbarung ist darauf zu achten, dass die Messbarkeit weicher Ziele schwieriger ist, da es hier stark auf eine subjektive Einschätzung ankommt. Insofern ist auf weiche Ziele wie z. B. die Patientenzufriedenheit zu verzichten, wenn nicht eindeutige, klare Kennzahlen und Indikatoren zur Messbarkeit vereinbart werden können. Die Zielvereinbarung sollte neben dem eigentlichen Ziel auch die Laufzeit (in der Regel das Geschäftsjahr des Krankenhausträgers) und eine genaue Zieldefinition (Soll-Zustand) im Vergleich zum Ist-Zustand enthalten. Bei Festlegung mehrerer Ziele sind die Ziele und der auf sie entfallende Bonus zu gewichten.

Selbstverständlich kommt auch eine Mischung des festen und verschiedener variabler Vergütungsbestandteile in Betracht. Ausweislich der Kienbaum Vergütungsstudie 2005 - Führungskräfte im Krankenhaus betragen die durchschnittlichen Jahresbezüge von Chefärzten 274.000,00 €, im Bereich Radiologie/Röntgen 382.000,0 € (West) bzw. 166.000,00 € (Ost). Allerdings stellen solche Durchschnittswerte immer nur einen Anhaltspunkt bei den Vergütungsverhandlungen dar.

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Entwicklungsklausel

Die Entwicklungsklausel stellt die Möglichkeit dar, in einem auf Dauer angelegten Dienstverhältnis notwendige Änderungen im Krankenhausbetrieb auch ohne Eingriffe in den Bestand des Dienstverhältnisses umzusetzen. Mit anderen Worten geht es hier darum, arbeitgeberseitige Änderungen und Abweichungen von den vertraglich festgelegten Strukturen durchsetzen zu können. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hält solche Klauseln grundsätzlich für wirksam, soweit keine grundlegenden Störungen des Gleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegen und die einseitigen Änderungen billigem Ermessen entsprechen. Entsprechend dieser Rechtsprechung des BAG können Krankenhausträger organisatorische und/oder strukturelle Änderungen nur "im Benehmen mit dem Chefarzt" herstellen. Unter einer solchen Benehmensherstellung wird allgemein eine Mitwirkungsform verstanden, die schwächer als Einvernehmen oder Zustimmung ist, aber über eine bloße Anhörung hinausgeht. D. h. eine Willensübereinstimmung zwischen Krankenhausträger und Chefarzt muss nicht vorliegen, dem Chefarzt wird aber eine Möglichkeit der Willensbeeinflussung des Krankenhausträgers eingeräumt. Darüber hinaus muss die organisatorisch oder strukturelle Änderung sachlich geboten sein. Dies liegt dann vor, wenn die

  • medizinisch und technische Entwicklung,

  • gesetzgeberische, rechtliche Entwicklung,

  • Maßnahmen oder Vereinbarungen im Bereich der Krankenhausplanung,

  • Budget- oder Leistungsvereinbarungen mit Sozialleistungsträgern oder

  • sinkende Leistungsdaten

ein Handeln des Krankenhausträgers erforderlich machen. Die Regelung zur Entwicklungsklausel im Vertrag sollen einen Entschädigungsanspruch des Chefarztes vorsehen, wenn es durch die Änderungen zu einer erheblichen Verringerung seiner (variablen) Vergütung kommt.

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Vertragsdauer und Kündigung

Chefarztverträge werden in der Regel unbefristet abgeschlossen. Sie sehen daher oftmals eine Probezeit vor, soweit der Chefarzt bisher nicht bereits mit dem Krankenhausträger zusammengearbeitet hat. Eine Probezeit dürfte im allgemeinen nicht länger als für sechs Monate zulässig sein. Innerhalb der Probezeit ist der Vertrag von beiden Seiten unter Einhaltung einer verhältnismäßig kurzen Frist (z. B. einen Monat) ordentlich kündbar.

Nach Ablauf der Probezeit sehen Verträge teilweise eine Stellung des Chefarztes auf Lebenszeit vor. Immer mehr sind aber Verträge anzutreffen, die das Recht zur ordentlichen Kündigung des Vertrags für beide Vertragsparteien vorsehen. Hier ist darauf zu achten, dass eine nicht zu kurze Kündigungsfrist vereinbart wird.

Unabhängig hiervon ist die außerordentliche Kündigung. Das Recht hierzu kann vertraglich weder beschränkt noch erweitert werden. Es ist in § 626 BGB geregelt. Eine außerordentliche Kündigung erfordert das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dieser liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Abwägung aller Umstände und der Interessen beider Vertragsparteien eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.

Im übrigen sehen Chefarztverträge ein automatisches Vertragsende mit dem Erreichen einer Altersgrenze vor. Diese kann im Vertrag fest genannt sein oder aber sich unter Bezugnahme auf eine außervertraglich geregelte Altersgrenze ergeben.

Neben den vorliegend besprochenen Punkten können selbstverständlich auch alle weiteren in Chefarztverträgen anzutreffenden Regelungen beeinflusst werden. Daher bedarf ein für den Einzelnen so bedeutsamer Vertrag immer einer eingehenden intensiven Einzelfallprüfung.

RA Sebastian Sczuka

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