Rofo 2008; 180(3): 193-196
DOI: 10.1055/s-2008-1044447
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Lymphomatoide Granulomatose - Radiologische Diagnostik

Imaging in Lymphomatoid Granulomatosis M. Horger, B. Goeppert, J. Hartmann, M. N. Vogel
  • Tübingen
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Publication Date:
08 April 2008 (online)

 

Die lymphomatoide Granulomatose (LG) ist eine seltene Erkrankung, welche zum ersten Mal 1972 von Liebow et al. beschrieben wurde [1]. Üblicherweise betrifft die Krankheit die Lunge. Seltenere Manifestationsorte sind Gehirn, Niere, Leber und Haut. Histopathologisch finden sich in den pulmonalen Läsionen polymorphe und atypische lymphohistiocytäre Infiltrate, welche charakteristischerweise die Blutgefässe umgeben und infiltrieren. Die LG ist mit einer Immunosuppression vergesellschaftet. Dabei kommt es zu einer gestörten Regulation des Immunsystems mit Expansion Epstein-BarrVirus-(EBV)-infizierter B-Zell-Populationen.

Katzenstein und Peiper [2] konnten EBV mittels PCR in den meisten Fällen nachweisen und schlossen so auf eine Beteiligung dieses Virus an der Pathogenese der LG. In der aktuellen WHO-Klassifikation zählt die LG zu den Non-Hodgkin-Lymphomen subklassifiziert als Neoplasie reifer B-Zellen.

Die LG wird histopathologisch in Grad 1 bis 3 eingeteilt, abhängig von dem Anteil großer transformierter B-Zellen. Grad 1 weist den geringsten Anteil dieser Zellen auf. Grad 2 enthält vermehrt große, transformierte Zellen, aber auch einen Anteil inflammatorischer Zellen, während Grad 3 fast ausschliesslich aus großen transformierten B-Zellen besteht und als Subtyp des diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms angesehen wird. In wenigen Fällen fehlen große transformierte B-Zellen gänzlich und man vermutet, dass es sich dabei um periphere T-Zell-Lymphome handelt.

Klinisch ist die Mehrzahl der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose symptomatisch. Häufige Symptome sind Husten, Dyspnoe, Fieber, Schweißausbrüche und Gewichtsverlust. Eine Hypoxie kann vorliegen. Die Ergebnisse der Lungenfunktionsprüfung sind uneinheitlich. Unbehandelt kann die LG variabel verlaufen: Zwar sind Spontanremissionen möglich, doch verläuft die Krankheit in mehr als der Hälfte der Patienten trotz Therapie tödlich. Die Überlebenschancen sind bei Patienten ohne Symptome und ohne extrapulmonale Organbeteiligung grundsätzlich höher. Eine Abhängigkeit der Prognose vom histologischen Grad ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Über die adäquate Therapie herrscht ebenso wenig Einigkeit. Üblicherweise werden Steroide eingesetzt, eventuell in Kombination mit Cyclophosphamid oder einer Kombinationschemotherapie.

Radiologisch zeigt sich die LG in ca. 80% der Fälle mit multiplen, bilateralen Lungenrundherden, deren Mehrzahl einen Durchmesser von weniger als 1 cm aufweist [4]. Auf konventionellen Röntgenbildern kann die Detektion der Rundherde erschwert sein. Die Beurteilbarkeit ist häufig durch Überlagerungsartefakte eingeschränkt (Abb. [1a-c]). Die Knoten sind rund, haben unscharfe Ränder und treten vorwiegend in den mittleren und basalen Lungenabschnitten auf (Abb. [2a, b]). Sowohl solitäre als auch konfluierende Rundherde können auftreten (Abb. [2c]). Der Durchmesser einer einzelnen Läsion kann bis zu 10 cm betragen. Typischerweise sind die Herde bronchovaskulären Strukturen und häufig auch den lobulären Septen angelagert. Seltenere Erscheinungsbilder sind dünnwandige Zysten oder grobe lineare Verdichtungen in der Nähe von Bronchien und Gefäßen (Abb. [2d]). Die Lungenrundherde können Kavernen oder Luftbronchogramme beinhalten (Abb. [3a-f]), welche sich spontan zurückbilden oder die Lage ändern können. Während das histopathologische Korrelat nodulärer Herde eine angiozentrische, granulomatöse Entzündung ist, liegen bei großflächigen Verdichtungen häufig Infarzierungen vor. In einer Studie von Dee et al. entsprachen diffuse retikulonoduläre Verdichtungen einer angiozentrischen, granulomatösen Infiltration ohne Lungeninfarkte, während bei großflächigen Konsolidierungszonen Lungeninfarkte innerhalb der granulomatösen Entzündungszonen nachgewiesen wurden [3].

Abb. 1 Konventionelle Thoraxaufnahmen bei histologisch gesicherter pulmonaler lymphomatoider Granulomatose. a (Röntgen-Thorax PA) zeigt eine kleine, unscharf berandete Nodularität in Projektion auf das linke Lungenunterfeld. Im kurzfristigen Verlauf (b und c) traten neue pulmonale Herde (Pfeile) auf. Aufgrund der peribronchovaskulären Lage bleibt jedoch die Charakterisierung dieser pulmonalen Herde schwierig.

Abb. 2 Kontrastmittelangehobene axiale CT- und HRCT-Aufnahmen bei pulmonaler lymphomatoider Granulomatose. Es zeigen sich pulmonale Nodularitäten mit unscharfer, teils spikulierter Berandung, teils von einem milchglasartigen Saum partiell oder vollständig umgeben (a, b). Auf c ist die typische peribronchovaskuläre Lage dieser pulmonalen Noduli gut zu erkennen.

Abb. 3 a-e Bildbeispiele für pulmonale Manifestationen der lymphomatoiden Granulomatose mit typischer zentraler Nekrose (nach Infarzierung) infolge einer Gefäßinvasion. Die nächste Entwicklungsstufe der LG ist charakterisiert durch die pulmonale Kaverne und später durch die zystoide Aufhellung (f).

Die radiologische Differenzialdiagnose der LG beinhaltet zahllose Entitäten. Darunter fallen das Pseudolymphom, das maligne Lymphom, die lymphozytäre, interstitielle Pneumonie (LIP), Metastasen, die Sarkoidose, die Wegenersche Granulomatose und die kryptogene organisierende Pneumonie (COP). Grundsätzlich können diese Differenzialdiagnosen mittels bildgebender Verfahren allein nicht sicher von einer LG unterschieden werden. Die pathologische Differenzialdiagnose beinhaltet gutartige angiozentrische, lymphohistiozytäre Prozesse, mykobakterielle oder pilzbedingte Infektionen, die nekrotisierende Sarkoidose und die Wegenersche Granulomatose. Anders als bei diesen Entitäten sind in der Regel bei der LG jedoch keine sarkoidähnlichen Granulome zu finden.

Eine derart seltene Erkrankung kann zwar nicht allein anhand ihres radiologischen Erscheinungsbildes sicher diagnostiziert werden, jedoch weist die LG charakteristische CT-morphologische Eigenschaften auf. Dazu gehören die peribronchovaskuläre Lokalisation der Knoten und das Auftreten grobkörniger, irregulärer Verdichtungen sowie kleiner, dünnwandiger Zysten und aneinander gelagerter kleiner Knoten.

Literaturverzeichnis

  • 01 Liebow AA . Carrington CR . Friedman PJ . Lymphomatoid granulomatosis.  Hum Pathol. 1972;  3 457-558
  • 02 Katzenstein AL . Carrington CB . Liebow AA . Lymphomatoid granulomatosis: a clinicopathologic study of 152 cases.  Cancer. 1979;  43 360-373
  • 03 Dee PM . Arora NS . Innes DJ . The pulmonary manifestations of lymphomatoid granulomatosis.  Radiology. 1982;  143 613-618
  • 04 Hicken P . Dobie JC . Frew E . The radiology of lymphomatoid granulomatosis in the lung.  Clin Radiol. 1979;  30 661-664
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